Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Bd. 1. Leipzig, 1883.Ration. Psychologie zweiter Bestandth. d. Begründ. d. transsc. Welt. Dem moralischen Beweis hat bekanntlich Raymund von Sabundeeine zwingende Form zu geben versucht. Doch waren alle Versuche, dem Zusammenhang der inneren, Von der rationalen Theologie, dem Mittelpunkte des mittelalter- Sie empfing bereits von den Metaphysikern aus der et in re erschließt, ist am deutlichsten in Anselms apologeticus c. 1
u. 3. -- In dem früheren Beweis Anselms ist besonders der Satz im monologium c. 1 beachtenswerth: quaecunque justa dicuntur ad invicem, sive pariter sive magis vel minus, non possunt intelligi justa nisi per justitiam, quae non est aliud et aliud in diversis. An dies frühere Be- weisverfahren Anselm's schließt sich der vierte Beweisgrund des Thomas summa theol. p. I quaest. 2 art. 3. Ration. Pſychologie zweiter Beſtandth. d. Begründ. d. transſc. Welt. Dem moraliſchen Beweis hat bekanntlich Raymund von Sabundeeine zwingende Form zu geben verſucht. Doch waren alle Verſuche, dem Zuſammenhang der inneren, Von der rationalen Theologie, dem Mittelpunkte des mittelalter- Sie empfing bereits von den Metaphyſikern aus der et in re erſchließt, iſt am deutlichſten in Anſelms apologeticus c. 1
u. 3. — In dem früheren Beweis Anſelms iſt beſonders der Satz im monologium c. 1 beachtenswerth: quaecunque justa dicuntur ad invicem, sive pariter sive magis vel minus, non possunt intelligi justa nisi per justitiam, quae non est aliud et aliud in diversis. An dies frühere Be- weisverfahren Anſelm’s ſchließt ſich der vierte Beweisgrund des Thomas summa theol. p. I quaest. 2 art. 3. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0418" n="395"/><fw place="top" type="header">Ration. Pſychologie zweiter Beſtandth. d. Begründ. d. transſc. Welt.</fw><lb/> Dem moraliſchen Beweis hat bekanntlich Raymund von Sabunde<lb/> eine zwingende Form zu geben verſucht.</p><lb/> <p>Doch waren alle Verſuche, dem Zuſammenhang der inneren,<lb/> beſonders ſittlichen Erfahrungen mit dem Gottesglauben die Form<lb/> eines metaphyſiſchen Beweisverfahrens zu geben, von einer ebenſo<lb/> vorübergehenden Bedeutung, als das Unternehmen, aus dem Kos-<lb/> mos einen perſönlichen Gott zu erſchließen. Denn die <hi rendition="#g">Elemente</hi><lb/> der <hi rendition="#g">inneren Erfahrung</hi>, aus deren Analyſis dieſe Verſuche<lb/> folgerten, ſind einer <hi rendition="#g">allgemeingültigen Darſtellung nicht<lb/> fähig</hi>. Ihr Gegenſtand iſt eben praktiſche Religion, und dieſe iſt<lb/> perſönliches Leben. Ja dieſer praktiſche Glaube iſt ſo unabhängig<lb/> von ſeiner theoretiſchen Darſtellung, daß ein Menſch Gott gleichſam<lb/> zu leben vermag, deſſen intellektuelle Lage ihm das Schickſal, Gott<lb/> zu bezweifeln, auferlegt hat. Daher erkannte der praktiſche Glaube<lb/> erſt im Proteſtantismus, als die Metaphyſik des Mittelalters ſich<lb/> aufgelöſt hatte, die wahre Beſchaffenheit ſeiner Gewißheit.</p><lb/> <p>Von der rationalen Theologie, dem Mittelpunkte des mittelalter-<lb/> lichen Denkens überhaupt, wenden wir uns zur <hi rendition="#g">rationalen<lb/> Pſychologie</hi>.</p><lb/> <p>Sie empfing bereits von den <hi rendition="#g">Metaphyſikern</hi> aus der<lb/> Zeit des <hi rendition="#g">Kampfes</hi> zwiſchen <hi rendition="#g">Chriſtenthum, Judenthum</hi><lb/> und <hi rendition="#g">griechiſch-römiſchem Götterglauben</hi> ihre <hi rendition="#g">dauernde<lb/> ſyſtematiſche Geſtalt</hi>. Es iſt dargelegt, wie die Erfahrungen<lb/> des Herzens, das Studium des Seelenlebens in den erſten Jahr-<lb/> hunderten nach Chriſtus in den Vordergrund traten. Schon das<lb/> Ueberwiegen des Privatlebens wirkte in dieſer Richtung. Als-<lb/> dann lenkte die Imperatorenherrſchaft alle Blicke der römiſchen<lb/> Geſellſchaft mit athemloſer Spannung auf Einen Mann, und man<lb/><note xml:id="note-0418" prev="#note-0417a" place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">et in re</hi> erſchließt, iſt am deutlichſten in Anſelms <hi rendition="#aq">apologeticus c.</hi> 1<lb/> u. 3. — In dem früheren Beweis Anſelms iſt beſonders der Satz im<lb/><hi rendition="#aq">monologium c.</hi> 1 beachtenswerth: <hi rendition="#aq">quaecunque justa dicuntur ad invicem,<lb/> sive pariter sive magis vel minus, non possunt intelligi justa nisi per<lb/> justitiam, quae non est aliud et aliud in diversis</hi>. An dies frühere Be-<lb/> weisverfahren Anſelm’s ſchließt ſich der vierte Beweisgrund des Thomas<lb/><hi rendition="#aq">summa theol. p. I quaest. 2 art.</hi> 3.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0418]
Ration. Pſychologie zweiter Beſtandth. d. Begründ. d. transſc. Welt.
Dem moraliſchen Beweis hat bekanntlich Raymund von Sabunde
eine zwingende Form zu geben verſucht.
Doch waren alle Verſuche, dem Zuſammenhang der inneren,
beſonders ſittlichen Erfahrungen mit dem Gottesglauben die Form
eines metaphyſiſchen Beweisverfahrens zu geben, von einer ebenſo
vorübergehenden Bedeutung, als das Unternehmen, aus dem Kos-
mos einen perſönlichen Gott zu erſchließen. Denn die Elemente
der inneren Erfahrung, aus deren Analyſis dieſe Verſuche
folgerten, ſind einer allgemeingültigen Darſtellung nicht
fähig. Ihr Gegenſtand iſt eben praktiſche Religion, und dieſe iſt
perſönliches Leben. Ja dieſer praktiſche Glaube iſt ſo unabhängig
von ſeiner theoretiſchen Darſtellung, daß ein Menſch Gott gleichſam
zu leben vermag, deſſen intellektuelle Lage ihm das Schickſal, Gott
zu bezweifeln, auferlegt hat. Daher erkannte der praktiſche Glaube
erſt im Proteſtantismus, als die Metaphyſik des Mittelalters ſich
aufgelöſt hatte, die wahre Beſchaffenheit ſeiner Gewißheit.
Von der rationalen Theologie, dem Mittelpunkte des mittelalter-
lichen Denkens überhaupt, wenden wir uns zur rationalen
Pſychologie.
Sie empfing bereits von den Metaphyſikern aus der
Zeit des Kampfes zwiſchen Chriſtenthum, Judenthum
und griechiſch-römiſchem Götterglauben ihre dauernde
ſyſtematiſche Geſtalt. Es iſt dargelegt, wie die Erfahrungen
des Herzens, das Studium des Seelenlebens in den erſten Jahr-
hunderten nach Chriſtus in den Vordergrund traten. Schon das
Ueberwiegen des Privatlebens wirkte in dieſer Richtung. Als-
dann lenkte die Imperatorenherrſchaft alle Blicke der römiſchen
Geſellſchaft mit athemloſer Spannung auf Einen Mann, und man
1)
1) et in re erſchließt, iſt am deutlichſten in Anſelms apologeticus c. 1
u. 3. — In dem früheren Beweis Anſelms iſt beſonders der Satz im
monologium c. 1 beachtenswerth: quaecunque justa dicuntur ad invicem,
sive pariter sive magis vel minus, non possunt intelligi justa nisi per
justitiam, quae non est aliud et aliud in diversis. An dies frühere Be-
weisverfahren Anſelm’s ſchließt ſich der vierte Beweisgrund des Thomas
summa theol. p. I quaest. 2 art. 3.
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