Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_398.001 Dies Verhältniss des Inneren zum Aeusseren ist überhaupt pdi_398.014 pdi_398.029 Wir gelangen nun zu einer allgemeineren Betrachtung. Die pdi_398.030 pdi_398.001 Dies Verhältniss des Inneren zum Aeusseren ist überhaupt pdi_398.014 pdi_398.029 Wir gelangen nun zu einer allgemeineren Betrachtung. Die pdi_398.030 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="398"/><lb n="pdi_398.001"/> das metaphysische Bilden innerhalb des natürlichen Denkens. So <lb n="pdi_398.002"/> entstehen die Beziehungen von Ding und Eigenschaft, von Ursache <lb n="pdi_398.003"/> und Wirkung, von Wesen oder Essenz zu dem, was für das <lb n="pdi_398.004"/> Wesen zufällig ist. Die Erstreckung solcher Beziehungsformen <lb n="pdi_398.005"/> durch unsere Erfahrungen beruht überall auf der Ergänzung des <lb n="pdi_398.006"/> Aeusseren durch ein oftmals mit ihm verbundenes Innere, auf <lb n="pdi_398.007"/> Grund der primären Thatsache, dass wir selber Inneres und <lb n="pdi_398.008"/> Aeusseres zusammen sind. Aus dieser Belebung der Empfindungsaggregate <lb n="pdi_398.009"/> treten allmälig in einer Entwicklungsreihe, <lb n="pdi_398.010"/> welche durch Sprache und wissenschaftliches Denken hindurchgeht, <lb n="pdi_398.011"/> die Kategorien in ihrem abstracten begrifflichen Charakter <lb n="pdi_398.012"/> hervor.</p> <lb n="pdi_398.013"/> <p> Dies Verhältniss des Inneren zum Aeusseren ist überhaupt <lb n="pdi_398.014"/> die am meisten kernhafte und centrale Verbindung, durch <lb n="pdi_398.015"/> welche wir unsere Erfahrungen zu einem Ganzen verknüpfen. <lb n="pdi_398.016"/> Die Art, wie hier Zustand und Bild als Inneres und Aeusseres <lb n="pdi_398.017"/> sich verweben, wird nicht erworben, sondern ist in dem psychophysischen <lb n="pdi_398.018"/> Wesen des Menschen angelegt; gleichsam eine <lb n="pdi_398.019"/> Erweiterung oder Projection des eigenen Lebensbefundes findet <lb n="pdi_398.020"/> hier statt; diese Anlage wird dann durch das Leben entwickelt. <lb n="pdi_398.021"/> Hier liegt der tiefste Grund der Sprache, des Mythos, der <lb n="pdi_398.022"/> Metaphysik, der Begriffe, durch welche wir die Welt concipiren, <lb n="pdi_398.023"/> ja selbst elementarer Rechtsvorstellungen; so ist die Vorstellung <lb n="pdi_398.024"/> des Eigenthums der nothwendige äussere Ausdruck für ein Erlebniss <lb n="pdi_398.025"/> des Willens. Hier liegt nun auch der Grund dafür, dass <lb n="pdi_398.026"/> der Dichter Bilder zum Ausdruck einer inneren Zuständlichkeit <lb n="pdi_398.027"/> gestaltet, so dass sie dasselbe innere Leben in Anderen hervorrufen.</p> <lb n="pdi_398.028"/> <lb n="pdi_398.029"/> <p> Wir gelangen nun zu einer allgemeineren Betrachtung. Die <lb n="pdi_398.030"/> Umbildungen, die auf Grund der Gefühle und Antriebe vom <lb n="pdi_398.031"/> gesammten erworbenen Zusammenhang des Seelenlebens aus <lb n="pdi_398.032"/> durch die drei eben angegebenen Arten von Veränderung <lb n="pdi_398.033"/> erwirkt werden, sind lebendiger Vorgang. Denn das Bild, <lb n="pdi_398.034"/> das so hervorgebracht wird, entsteht nicht wie durch Einen <lb n="pdi_398.035"/> Griff, sondern nach dem Gesetz der Aufmerksamkeit als <lb n="pdi_398.036"/> eines begrenzten Quantums von Kraft vermag das Seelenleben </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [398/0100]
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das metaphysische Bilden innerhalb des natürlichen Denkens. So pdi_398.002
entstehen die Beziehungen von Ding und Eigenschaft, von Ursache pdi_398.003
und Wirkung, von Wesen oder Essenz zu dem, was für das pdi_398.004
Wesen zufällig ist. Die Erstreckung solcher Beziehungsformen pdi_398.005
durch unsere Erfahrungen beruht überall auf der Ergänzung des pdi_398.006
Aeusseren durch ein oftmals mit ihm verbundenes Innere, auf pdi_398.007
Grund der primären Thatsache, dass wir selber Inneres und pdi_398.008
Aeusseres zusammen sind. Aus dieser Belebung der Empfindungsaggregate pdi_398.009
treten allmälig in einer Entwicklungsreihe, pdi_398.010
welche durch Sprache und wissenschaftliches Denken hindurchgeht, pdi_398.011
die Kategorien in ihrem abstracten begrifflichen Charakter pdi_398.012
hervor.
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Dies Verhältniss des Inneren zum Aeusseren ist überhaupt pdi_398.014
die am meisten kernhafte und centrale Verbindung, durch pdi_398.015
welche wir unsere Erfahrungen zu einem Ganzen verknüpfen. pdi_398.016
Die Art, wie hier Zustand und Bild als Inneres und Aeusseres pdi_398.017
sich verweben, wird nicht erworben, sondern ist in dem psychophysischen pdi_398.018
Wesen des Menschen angelegt; gleichsam eine pdi_398.019
Erweiterung oder Projection des eigenen Lebensbefundes findet pdi_398.020
hier statt; diese Anlage wird dann durch das Leben entwickelt. pdi_398.021
Hier liegt der tiefste Grund der Sprache, des Mythos, der pdi_398.022
Metaphysik, der Begriffe, durch welche wir die Welt concipiren, pdi_398.023
ja selbst elementarer Rechtsvorstellungen; so ist die Vorstellung pdi_398.024
des Eigenthums der nothwendige äussere Ausdruck für ein Erlebniss pdi_398.025
des Willens. Hier liegt nun auch der Grund dafür, dass pdi_398.026
der Dichter Bilder zum Ausdruck einer inneren Zuständlichkeit pdi_398.027
gestaltet, so dass sie dasselbe innere Leben in Anderen hervorrufen.
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Wir gelangen nun zu einer allgemeineren Betrachtung. Die pdi_398.030
Umbildungen, die auf Grund der Gefühle und Antriebe vom pdi_398.031
gesammten erworbenen Zusammenhang des Seelenlebens aus pdi_398.032
durch die drei eben angegebenen Arten von Veränderung pdi_398.033
erwirkt werden, sind lebendiger Vorgang. Denn das Bild, pdi_398.034
das so hervorgebracht wird, entsteht nicht wie durch Einen pdi_398.035
Griff, sondern nach dem Gesetz der Aufmerksamkeit als pdi_398.036
eines begrenzten Quantums von Kraft vermag das Seelenleben
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