Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_376.001 Das obige vom lyrischen Gedicht hergenommene Beispiel pdi_376.009 Auf der Unterlage des so entstandenen Gefühlszustandes hebt pdi_376.029 pdi_376.001 Das obige vom lyrischen Gedicht hergenommene Beispiel pdi_376.009 Auf der Unterlage des so entstandenen Gefühlszustandes hebt pdi_376.029 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0078" n="376"/><lb n="pdi_376.001"/> für sich entspricht, ein grösseres, als dass es als <lb n="pdi_376.002"/> Summe der Einzelwirkungen erklärt werden könnte; ja es kann <lb n="pdi_376.003"/> selbst durch ein Zusammentreffen dieser Art ein positives Lustergebniss <lb n="pdi_376.004"/> erzielt, die Schwelle der Lust überstiegen werden, wo <lb n="pdi_376.005"/> die einzelnen Factoren zu schwach dazu sind; nur dass sie vergleichungsweise <lb n="pdi_376.006"/> mit anderen einen Vortheil der Wohlgefälligkeit <lb n="pdi_376.007"/> spürbar werden lassen müssen.“</p> <lb n="pdi_376.008"/> <p> Das obige vom lyrischen Gedicht hergenommene Beispiel <lb n="pdi_376.009"/> Fechners kann ohne die Annahme dieses auffälligen Gesetzes <lb n="pdi_376.010"/> daraus erklärt werden, dass die Abwesenheit der mit dem Gefühlsausdruck <lb n="pdi_376.011"/> im Gedicht regelmässig verbundenen Hilfsmittel <lb n="pdi_376.012"/> von Rhythmus und Reim auf Grund unserer Gewöhnung ein <lb n="pdi_376.013"/> Gefühl des Mangels, sonach ein Unlustgefühl hervorbringt, <lb n="pdi_376.014"/> welches die Lust an dem Gefühlsgehalt mindert oder aufhebt. <lb n="pdi_376.015"/> Man kann das an den bekannten Streckversen Jean Pauls <lb n="pdi_376.016"/> beobachten. Ebenso verhält es sich in dem anderen von Fechner <lb n="pdi_376.017"/> erwähnten Falle, in welchem Versmass, Rhythmus und Reim ohne <lb n="pdi_376.018"/> für uns fassbaren Gefühlsgehalt eine geringe Wirkung hervorbringen. <lb n="pdi_376.019"/> Dazu kommt, dass aus der Beziehung des Gefühlsgehalts <lb n="pdi_376.020"/> zu der ihm angemessenen Form ein neues Gefühl entspringt, <lb n="pdi_376.021"/> das die Luststärke erhöht. So möchte vorsichtiger das <lb n="pdi_376.022"/> <hi rendition="#g">Princip</hi> Fechners ersetzt werden durch ein anderes <hi rendition="#g">der Totalwirkung,</hi> <lb n="pdi_376.023"/> nach welchem ein mannigfaches elementares Gefühl <lb n="pdi_376.024"/> sich zu einer Totalstärke summirt, welche durch die Beziehungen <lb n="pdi_376.025"/> dieser elementaren Gefühle aufeinander noch erhöht wird, da <lb n="pdi_376.026"/> aus diesen ein die Totalsumme des Gefallens vermehrendes <lb n="pdi_376.027"/> Gefühl hinzuwächst.</p> <lb n="pdi_376.028"/> <p> Auf der Unterlage des so entstandenen Gefühlszustandes hebt <lb n="pdi_376.029"/> sich die <hi rendition="#g">Veränderung</hi> unserer <hi rendition="#g">Bewusstseinslage</hi> in einem <lb n="pdi_376.030"/> <hi rendition="#g">neuen Gefühl</hi> ab. Tritt ein Lebensreiz auf, so wird eben der <lb n="pdi_376.031"/> Uebergang aus der bestehenden Gefühlslage von uns in einem <lb n="pdi_376.032"/> neuen Gefühl erlebt. Hieraus ergiebt sich zunächst die Bedingung, <lb n="pdi_376.033"/> unter welcher ganz allgemein der ästhetische Eindruck auftritt. <lb n="pdi_376.034"/> Fechner bezeichnet das Verhältniss, welches diese Bedingung ausdrückt, <lb n="pdi_376.035"/> als <hi rendition="#g">Princip</hi> der <hi rendition="#g">ästhetischen Schwelle.</hi> „Für <lb n="pdi_376.036"/> jeden bestimmten Grad der Empfänglichkeit und Aufmerksamkeit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [376/0078]
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für sich entspricht, ein grösseres, als dass es als pdi_376.002
Summe der Einzelwirkungen erklärt werden könnte; ja es kann pdi_376.003
selbst durch ein Zusammentreffen dieser Art ein positives Lustergebniss pdi_376.004
erzielt, die Schwelle der Lust überstiegen werden, wo pdi_376.005
die einzelnen Factoren zu schwach dazu sind; nur dass sie vergleichungsweise pdi_376.006
mit anderen einen Vortheil der Wohlgefälligkeit pdi_376.007
spürbar werden lassen müssen.“
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Das obige vom lyrischen Gedicht hergenommene Beispiel pdi_376.009
Fechners kann ohne die Annahme dieses auffälligen Gesetzes pdi_376.010
daraus erklärt werden, dass die Abwesenheit der mit dem Gefühlsausdruck pdi_376.011
im Gedicht regelmässig verbundenen Hilfsmittel pdi_376.012
von Rhythmus und Reim auf Grund unserer Gewöhnung ein pdi_376.013
Gefühl des Mangels, sonach ein Unlustgefühl hervorbringt, pdi_376.014
welches die Lust an dem Gefühlsgehalt mindert oder aufhebt. pdi_376.015
Man kann das an den bekannten Streckversen Jean Pauls pdi_376.016
beobachten. Ebenso verhält es sich in dem anderen von Fechner pdi_376.017
erwähnten Falle, in welchem Versmass, Rhythmus und Reim ohne pdi_376.018
für uns fassbaren Gefühlsgehalt eine geringe Wirkung hervorbringen. pdi_376.019
Dazu kommt, dass aus der Beziehung des Gefühlsgehalts pdi_376.020
zu der ihm angemessenen Form ein neues Gefühl entspringt, pdi_376.021
das die Luststärke erhöht. So möchte vorsichtiger das pdi_376.022
Princip Fechners ersetzt werden durch ein anderes der Totalwirkung, pdi_376.023
nach welchem ein mannigfaches elementares Gefühl pdi_376.024
sich zu einer Totalstärke summirt, welche durch die Beziehungen pdi_376.025
dieser elementaren Gefühle aufeinander noch erhöht wird, da pdi_376.026
aus diesen ein die Totalsumme des Gefallens vermehrendes pdi_376.027
Gefühl hinzuwächst.
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Auf der Unterlage des so entstandenen Gefühlszustandes hebt pdi_376.029
sich die Veränderung unserer Bewusstseinslage in einem pdi_376.030
neuen Gefühl ab. Tritt ein Lebensreiz auf, so wird eben der pdi_376.031
Uebergang aus der bestehenden Gefühlslage von uns in einem pdi_376.032
neuen Gefühl erlebt. Hieraus ergiebt sich zunächst die Bedingung, pdi_376.033
unter welcher ganz allgemein der ästhetische Eindruck auftritt. pdi_376.034
Fechner bezeichnet das Verhältniss, welches diese Bedingung ausdrückt, pdi_376.035
als Princip der ästhetischen Schwelle. „Für pdi_376.036
jeden bestimmten Grad der Empfänglichkeit und Aufmerksamkeit
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