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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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wie in alten Zeiten sind und bleiben die Frauen un-
mündig - lebenslang.

Die Herrschaft des Mannes der Frau gegenüber
ist eine mildere geworden, aber die Ehe ist noch immer
eine fast absolute und gesetzlich garantirte Herrschafts-
form des Mannes, und das junge heirathsfähige Mäd-
chen ist auch noch heut nicht viel mehr, als eine Waare,
die besichtigt, behandelt und gekauft wird.

Aber wie - auch das Gesetz wäre gegen die
Frauen? Beginnt nicht unser preußisches Landrecht
mit den Worten: "Alle Preußen sind vor dem Gesetze
gleich?" Ja wohl, alle, nur mit einigen kleinen Unter-
schieden, z.B. folgenden: Nach deutschem Recht kam
und kommt die Frau durch Vollziehung der Ehe mit
allem, was sie hat, in Vormundschaft und Gewalt des
Mannes, wenn sie sich nicht contractlich gesichert hat. Die
Gütergemeinschaft gilt in Preußen und in den meisten
deutschen Staaten für so selbstverständlich, daß ein
ausschließender Vertrag einer öffentlichen Bekannt-
machung bedarf. Während der Mann unbeschränkte
Disposition über das Eigenthum hat und die Frau
keinen Einspruch bei der Verwaltung ihres Vermögens
von Seiten des Mannes zu erheben hat, steht ihr
keinerlei Verfügung über das Gemeingut zu.

Ein junges Mädchen, welches sich unter dem Gesetz

wie in alten Zeiten sind und bleiben die Frauen un-
mündig – lebenslang.

Die Herrschaft des Mannes der Frau gegenüber
ist eine mildere geworden, aber die Ehe ist noch immer
eine fast absolute und gesetzlich garantirte Herrschafts-
form des Mannes, und das junge heirathsfähige Mäd-
chen ist auch noch heut nicht viel mehr, als eine Waare,
die besichtigt, behandelt und gekauft wird.

Aber wie – auch das Gesetz wäre gegen die
Frauen? Beginnt nicht unser preußisches Landrecht
mit den Worten: „Alle Preußen sind vor dem Gesetze
gleich?‟ Ja wohl, alle, nur mit einigen kleinen Unter-
schieden, z.B. folgenden: Nach deutschem Recht kam
und kommt die Frau durch Vollziehung der Ehe mit
allem, was sie hat, in Vormundschaft und Gewalt des
Mannes, wenn sie sich nicht contractlich gesichert hat. Die
Gütergemeinschaft gilt in Preußen und in den meisten
deutschen Staaten für so selbstverständlich, daß ein
ausschließender Vertrag einer öffentlichen Bekannt-
machung bedarf. Während der Mann unbeschränkte
Disposition über das Eigenthum hat und die Frau
keinen Einspruch bei der Verwaltung ihres Vermögens
von Seiten des Mannes zu erheben hat, steht ihr
keinerlei Verfügung über das Gemeingut zu.

Ein junges Mädchen, welches sich unter dem Gesetz

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[96/0104] wie in alten Zeiten sind und bleiben die Frauen un- mündig – lebenslang. Die Herrschaft des Mannes der Frau gegenüber ist eine mildere geworden, aber die Ehe ist noch immer eine fast absolute und gesetzlich garantirte Herrschafts- form des Mannes, und das junge heirathsfähige Mäd- chen ist auch noch heut nicht viel mehr, als eine Waare, die besichtigt, behandelt und gekauft wird. Aber wie – auch das Gesetz wäre gegen die Frauen? Beginnt nicht unser preußisches Landrecht mit den Worten: „Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich?‟ Ja wohl, alle, nur mit einigen kleinen Unter- schieden, z.B. folgenden: Nach deutschem Recht kam und kommt die Frau durch Vollziehung der Ehe mit allem, was sie hat, in Vormundschaft und Gewalt des Mannes, wenn sie sich nicht contractlich gesichert hat. Die Gütergemeinschaft gilt in Preußen und in den meisten deutschen Staaten für so selbstverständlich, daß ein ausschließender Vertrag einer öffentlichen Bekannt- machung bedarf. Während der Mann unbeschränkte Disposition über das Eigenthum hat und die Frau keinen Einspruch bei der Verwaltung ihres Vermögens von Seiten des Mannes zu erheben hat, steht ihr keinerlei Verfügung über das Gemeingut zu. Ein junges Mädchen, welches sich unter dem Gesetz  

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/104>, abgerufen am 28.04.2024.