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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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der Juden, der sich ein kleines Volk erwählte und zu
ihm sprach: "Du bist mein auserwähltes Volk."

Und wann hat in dieser Angelegenheit der liebe
Gott Herrn Bogumil Goltz zu seinem Vertrauten ge-
macht? Warum nimmt unser Dichter, in einer Zeit,
wo die Majorität eine so gewaltige Macht ist, von
dieser Majorität nicht die geringste Notiz! Der franzö-
sische Historiker Michelet, dessen Seele förmlich von
Jdealität trieft, Michelet, ein Dichter, der mit seiner
reinen Menschenliebe selbst seine bleichsten Chimären,
seine schwindsüchtigsten Traumbilder wie mit einem
Glorienschein verklärt, er meint, im Gegensatz zu Goltz,
daß gerade die Französin das eigentliche Weib sei, und
daß nur sie, sie allein einen Mann wahrhaft und
lebenslang beglücken könne; daneben lobt er auch etwas
geringschätzig die Deutsche.

Dergleichen originelle Offenbarungen und wider-
spruchsvolle Mannesworte, mit denen wir ganze Bände
füllen könnten, zeigen wieder und wieder wie alles ge-
druckte Reden der Männer über Frauen nichts ist als
Geschwätz, mitunter aufrichtiges, öfter verlognes, aber
immer Geschwätz. Ueber die wahren Gründe desselben
belehrt uns Stuart Mill klar und bündig indem er
sagt: "die große Masse des männlichen Geschlechts kann
die Jdee nicht dulden "with a equal" (mit einer gleich-

der Juden, der sich ein kleines Volk erwählte und zu
ihm sprach: „Du bist mein auserwähltes Volk.‟

Und wann hat in dieser Angelegenheit der liebe
Gott Herrn Bogumil Goltz zu seinem Vertrauten ge-
macht? Warum nimmt unser Dichter, in einer Zeit,
wo die Majorität eine so gewaltige Macht ist, von
dieser Majorität nicht die geringste Notiz! Der franzö-
sische Historiker Michelet, dessen Seele förmlich von
Jdealität trieft, Michelet, ein Dichter, der mit seiner
reinen Menschenliebe selbst seine bleichsten Chimären,
seine schwindsüchtigsten Traumbilder wie mit einem
Glorienschein verklärt, er meint, im Gegensatz zu Goltz,
daß gerade die Französin das eigentliche Weib sei, und
daß nur sie, sie allein einen Mann wahrhaft und
lebenslang beglücken könne; daneben lobt er auch etwas
geringschätzig die Deutsche.

Dergleichen originelle Offenbarungen und wider-
spruchsvolle Mannesworte, mit denen wir ganze Bände
füllen könnten, zeigen wieder und wieder wie alles ge-
druckte Reden der Männer über Frauen nichts ist als
Geschwätz, mitunter aufrichtiges, öfter verlognes, aber
immer Geschwätz. Ueber die wahren Gründe desselben
belehrt uns Stuart Mill klar und bündig indem er
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[140/0148] der Juden, der sich ein kleines Volk erwählte und zu ihm sprach: „Du bist mein auserwähltes Volk.‟ Und wann hat in dieser Angelegenheit der liebe Gott Herrn Bogumil Goltz zu seinem Vertrauten ge- macht? Warum nimmt unser Dichter, in einer Zeit, wo die Majorität eine so gewaltige Macht ist, von dieser Majorität nicht die geringste Notiz! Der franzö- sische Historiker Michelet, dessen Seele förmlich von Jdealität trieft, Michelet, ein Dichter, der mit seiner reinen Menschenliebe selbst seine bleichsten Chimären, seine schwindsüchtigsten Traumbilder wie mit einem Glorienschein verklärt, er meint, im Gegensatz zu Goltz, daß gerade die Französin das eigentliche Weib sei, und daß nur sie, sie allein einen Mann wahrhaft und lebenslang beglücken könne; daneben lobt er auch etwas geringschätzig die Deutsche. Dergleichen originelle Offenbarungen und wider- spruchsvolle Mannesworte, mit denen wir ganze Bände füllen könnten, zeigen wieder und wieder wie alles ge- druckte Reden der Männer über Frauen nichts ist als Geschwätz, mitunter aufrichtiges, öfter verlognes, aber immer Geschwätz. Ueber die wahren Gründe desselben belehrt uns Stuart Mill klar und bündig indem er sagt: „die große Masse des männlichen Geschlechts kann die Jdee nicht dulden „with a equal‟ (mit einer gleich-  

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/148>, abgerufen am 28.04.2024.