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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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Oder meint Mr. Chaplin, daß dieser Menschheits-
Jnstinkt nicht gegen den Privat- oder illegitimen Ein-
fluß der Frau reagire, sondern einzig und allein gegen
die Oeffentlichkeit dieses Einflusses und die legitime
Anerkennung desselben von Seiten der Männer?

Sollte wirklich der liebe Gott den Jnstinkt mit
solchen Detailfunktionen betraut haben?

Kann man überhaupt bei dergleichen Angelegen-
heiten von einem Jnstinkt sprechen, so wird, wenn wir
unseren Sinnen trauen dürfen, Mann und Weib von
demselben Jnstinkt gleichermaßen beherrscht, von dem
Trieb nach Geltendmachung der eigenen Persönlichkeit,
von dem Jnstinkt nach einer bevorzugten Stellung in
der Gesellschaft. Aber meiner Meinung nach kommt
bei Fragen, wo der höchsten Vernunft allein die Ent-
scheidung zusteht, der Jnstinkt gar nicht in Betracht.
Denn mit Jnstinkt könnte sich ja der Wilde entschul-
digen, der seine Mitmenschen so wohlschmeckend findet,
daß er von einer das Menschenfleisch ausschließenden
Kochkunst nichts wissen will. Auf ihren Jnstinkt könnte
sich die orientalische Welt berufen, in der jeder Mann
so und so viel Stück Frauen für seinen Bedarf con-
sumirt. Was diese Partei der Frauenunterdrückung
Jnstinkt nennt, ist eben nichts anderes als eine durch

10*

Oder meint Mr. Chaplin, daß dieser Menschheits-
Jnstinkt nicht gegen den Privat- oder illegitimen Ein-
fluß der Frau reagire, sondern einzig und allein gegen
die Oeffentlichkeit dieses Einflusses und die legitime
Anerkennung desselben von Seiten der Männer?

Sollte wirklich der liebe Gott den Jnstinkt mit
solchen Detailfunktionen betraut haben?

Kann man überhaupt bei dergleichen Angelegen-
heiten von einem Jnstinkt sprechen, so wird, wenn wir
unseren Sinnen trauen dürfen, Mann und Weib von
demselben Jnstinkt gleichermaßen beherrscht, von dem
Trieb nach Geltendmachung der eigenen Persönlichkeit,
von dem Jnstinkt nach einer bevorzugten Stellung in
der Gesellschaft. Aber meiner Meinung nach kommt
bei Fragen, wo der höchsten Vernunft allein die Ent-
scheidung zusteht, der Jnstinkt gar nicht in Betracht.
Denn mit Jnstinkt könnte sich ja der Wilde entschul-
digen, der seine Mitmenschen so wohlschmeckend findet,
daß er von einer das Menschenfleisch ausschließenden
Kochkunst nichts wissen will. Auf ihren Jnstinkt könnte
sich die orientalische Welt berufen, in der jeder Mann
so und so viel Stück Frauen für seinen Bedarf con-
sumirt. Was diese Partei der Frauenunterdrückung
Jnstinkt nennt, ist eben nichts anderes als eine durch

10*
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[147/0155] Oder meint Mr. Chaplin, daß dieser Menschheits- Jnstinkt nicht gegen den Privat- oder illegitimen Ein- fluß der Frau reagire, sondern einzig und allein gegen die Oeffentlichkeit dieses Einflusses und die legitime Anerkennung desselben von Seiten der Männer? Sollte wirklich der liebe Gott den Jnstinkt mit solchen Detailfunktionen betraut haben? Kann man überhaupt bei dergleichen Angelegen- heiten von einem Jnstinkt sprechen, so wird, wenn wir unseren Sinnen trauen dürfen, Mann und Weib von demselben Jnstinkt gleichermaßen beherrscht, von dem Trieb nach Geltendmachung der eigenen Persönlichkeit, von dem Jnstinkt nach einer bevorzugten Stellung in der Gesellschaft. Aber meiner Meinung nach kommt bei Fragen, wo der höchsten Vernunft allein die Ent- scheidung zusteht, der Jnstinkt gar nicht in Betracht. Denn mit Jnstinkt könnte sich ja der Wilde entschul- digen, der seine Mitmenschen so wohlschmeckend findet, daß er von einer das Menschenfleisch ausschließenden Kochkunst nichts wissen will. Auf ihren Jnstinkt könnte sich die orientalische Welt berufen, in der jeder Mann so und so viel Stück Frauen für seinen Bedarf con- sumirt. Was diese Partei der Frauenunterdrückung Jnstinkt nennt, ist eben nichts anderes als eine durch   10*

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/155>, abgerufen am 04.12.2024.