Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

langdauernde Gewohnheit erworbene Gefühls- und Vor-
stellungsweise.

Gefühle und Vorstellungen aber, die auf Jnstinkt
beruhen, führen leicht zu Stagnation, zur Jntoleranz,
zur Fiktion absurder Zustände. Jnstinkte sind nimmer-
mehr Faktoren des Fortschritts.

Das Hauptargument des Herrn Newdegate lautet:
"We need no women to teach us our duty. This
bill casts an injust reflection upon the conduct
and intentions of Parliament
" (wir brauchen keine
Frauen, uns unsre Pflicht zu lehren. Diese Bill wirft
ein falsches Licht auf das Verfahren und die Jnten-
tionen des Parlaments).

Wir sprechen dem englischen Herrn durchaus sein
Pflichtgefühl nicht ab, wir meinen aber, daß auch Ro-
bespierre seine Pflicht zu thun glaubte - und er ließ
die Aristokraten köpfen. Charlotte Corday glaubte
ihre Pflicht zu thun - und sie stieß den Dolch in
Marat's Brust.

Die Vorgänger des Herrn N. haben zweifellos
nach Pflicht und Gewissen gehandelt, als sie durch das
Gesetz die Rechtlosigkeit der Frau in Bezug auf ihr
Eigenthum, ihre Kinder und ihre Person bestätigten.
Herr N. weist voll stolzer Würde jede Mahnung an
seine Pflicht als überflüssig ab. Diese Abweisung aber

langdauernde Gewohnheit erworbene Gefühls- und Vor-
stellungsweise.

Gefühle und Vorstellungen aber, die auf Jnstinkt
beruhen, führen leicht zu Stagnation, zur Jntoleranz,
zur Fiktion absurder Zustände. Jnstinkte sind nimmer-
mehr Faktoren des Fortschritts.

Das Hauptargument des Herrn Newdegate lautet:
We need no women to teach us our duty. This
bill casts an injust reflection upon the conduct
and intentions of Parliament
‟ (wir brauchen keine
Frauen, uns unsre Pflicht zu lehren. Diese Bill wirft
ein falsches Licht auf das Verfahren und die Jnten-
tionen des Parlaments).

Wir sprechen dem englischen Herrn durchaus sein
Pflichtgefühl nicht ab, wir meinen aber, daß auch Ro-
bespierre seine Pflicht zu thun glaubte – und er ließ
die Aristokraten köpfen. Charlotte Corday glaubte
ihre Pflicht zu thun – und sie stieß den Dolch in
Marat's Brust.

Die Vorgänger des Herrn N. haben zweifellos
nach Pflicht und Gewissen gehandelt, als sie durch das
Gesetz die Rechtlosigkeit der Frau in Bezug auf ihr
Eigenthum, ihre Kinder und ihre Person bestätigten.
Herr N. weist voll stolzer Würde jede Mahnung an
seine Pflicht als überflüssig ab. Diese Abweisung aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0156" n="148"/>
langdauernde Gewohnheit erworbene Gefühls- und Vor-<lb/>
stellungsweise.</p><lb/>
        <p>Gefühle und Vorstellungen aber, die auf Jnstinkt<lb/>
beruhen, führen leicht zu Stagnation, zur Jntoleranz,<lb/>
zur Fiktion absurder Zustände. Jnstinkte sind nimmer-<lb/>
mehr Faktoren des Fortschritts.</p><lb/>
        <p>Das Hauptargument des Herrn Newdegate lautet:<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">We need no women to teach us our duty. This<lb/>
bill casts an injust reflection upon the conduct<lb/>
and intentions of Parliament</hi>&#x201F; (wir brauchen keine<lb/>
Frauen, uns unsre Pflicht zu lehren. Diese Bill wirft<lb/>
ein falsches Licht auf das Verfahren und die Jnten-<lb/>
tionen des Parlaments).</p><lb/>
        <p>Wir sprechen dem englischen Herrn durchaus sein<lb/>
Pflichtgefühl nicht ab, wir meinen aber, daß auch Ro-<lb/>
bespierre seine Pflicht zu thun glaubte &#x2013; und er ließ<lb/>
die Aristokraten köpfen. Charlotte Corday glaubte<lb/>
ihre Pflicht zu thun &#x2013; und sie stieß den Dolch in<lb/>
Marat's Brust.</p><lb/>
        <p>Die Vorgänger des Herrn N. haben zweifellos<lb/>
nach Pflicht und Gewissen gehandelt, als sie durch das<lb/>
Gesetz die Rechtlosigkeit der Frau in Bezug auf ihr<lb/>
Eigenthum, ihre Kinder und ihre Person bestätigten.<lb/>
Herr N. weist voll stolzer Würde jede Mahnung an<lb/>
seine Pflicht als überflüssig ab. Diese Abweisung aber<lb/>
&#x2003;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0156] langdauernde Gewohnheit erworbene Gefühls- und Vor- stellungsweise. Gefühle und Vorstellungen aber, die auf Jnstinkt beruhen, führen leicht zu Stagnation, zur Jntoleranz, zur Fiktion absurder Zustände. Jnstinkte sind nimmer- mehr Faktoren des Fortschritts. Das Hauptargument des Herrn Newdegate lautet: „We need no women to teach us our duty. This bill casts an injust reflection upon the conduct and intentions of Parliament‟ (wir brauchen keine Frauen, uns unsre Pflicht zu lehren. Diese Bill wirft ein falsches Licht auf das Verfahren und die Jnten- tionen des Parlaments). Wir sprechen dem englischen Herrn durchaus sein Pflichtgefühl nicht ab, wir meinen aber, daß auch Ro- bespierre seine Pflicht zu thun glaubte – und er ließ die Aristokraten köpfen. Charlotte Corday glaubte ihre Pflicht zu thun – und sie stieß den Dolch in Marat's Brust. Die Vorgänger des Herrn N. haben zweifellos nach Pflicht und Gewissen gehandelt, als sie durch das Gesetz die Rechtlosigkeit der Frau in Bezug auf ihr Eigenthum, ihre Kinder und ihre Person bestätigten. Herr N. weist voll stolzer Würde jede Mahnung an seine Pflicht als überflüssig ab. Diese Abweisung aber  

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/156
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/156>, abgerufen am 04.12.2024.