Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

vierte Stand, in dessen Herzfalten kein Keim einer
neuen Bevorrechtigung mehr enthalten ist, ist eben
deshalb gleichbedeutend mit dem ganzen Menschen-
geschlecht. Seine Freiheit ist die Freiheit der Mensch-
heit selbst, seine Herrschaft ist die Herrschaft Aller."

Ja wohl - Aller - mit Ausnahme der größeren
Hälfte des Menschengeschlechts. Der seiner Zeit hoch-
geschätzte englische Bischof Horsley meinte noch im
Jahr 1795: er wisse nicht, was die Masse des Volks
in irgend einem Lande mit den Gesetzen weiter zu
thun habe, als ihnen zu gehorchen. Dieser Satz ist
noch heut lebendig in Kopf und Herzen der mensch-
lichen Gesellschaft; denn, ob ich statt Masse des Volks
und Arbeiter setze: Frau oder Neger oder Sudra, der
Grundbegriff dieser tiefsinnigen Sentenz ist derselbe:
Unbedingte Unterthänigkeit der einen Klasse unter die
andere. Die Logik der Politik ist absolut. Entweder
ist das Volk souverain und mithin auch die Frauen,
oder Unterthanen eines Herrn und Königs sind wir
alle. Wir können nur zurück zur Despotie, oder vor-
wärts zum rein demokratischen Staat, wo der Grund-
satz zur Geltung kommen muß, daß die Frauen als
Bestandtheile des souverainen Volks unantastbaren
Anspruch haben auf völlige Gleichheit der bürgerlichen
und socialen Rechte.

vierte Stand, in dessen Herzfalten kein Keim einer
neuen Bevorrechtigung mehr enthalten ist, ist eben
deshalb gleichbedeutend mit dem ganzen Menschen-
geschlecht. Seine Freiheit ist die Freiheit der Mensch-
heit selbst, seine Herrschaft ist die Herrschaft Aller.‟

Ja wohl – Aller – mit Ausnahme der größeren
Hälfte des Menschengeschlechts. Der seiner Zeit hoch-
geschätzte englische Bischof Horsley meinte noch im
Jahr 1795: er wisse nicht, was die Masse des Volks
in irgend einem Lande mit den Gesetzen weiter zu
thun habe, als ihnen zu gehorchen. Dieser Satz ist
noch heut lebendig in Kopf und Herzen der mensch-
lichen Gesellschaft; denn, ob ich statt Masse des Volks
und Arbeiter setze: Frau oder Neger oder Sudra, der
Grundbegriff dieser tiefsinnigen Sentenz ist derselbe:
Unbedingte Unterthänigkeit der einen Klasse unter die
andere. Die Logik der Politik ist absolut. Entweder
ist das Volk souverain und mithin auch die Frauen,
oder Unterthanen eines Herrn und Königs sind wir
alle. Wir können nur zurück zur Despotie, oder vor-
wärts zum rein demokratischen Staat, wo der Grund-
satz zur Geltung kommen muß, daß die Frauen als
Bestandtheile des souverainen Volks unantastbaren
Anspruch haben auf völlige Gleichheit der bürgerlichen
und socialen Rechte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="171"/>
vierte Stand, in dessen Herzfalten kein Keim einer<lb/>
neuen Bevorrechtigung mehr enthalten ist, ist eben<lb/>
deshalb gleichbedeutend mit dem ganzen Menschen-<lb/>
geschlecht. Seine Freiheit ist die Freiheit der Mensch-<lb/>
heit selbst, seine Herrschaft ist die Herrschaft Aller.&#x201F;</p><lb/>
        <p>Ja wohl &#x2013; Aller &#x2013; mit Ausnahme der größeren<lb/>
Hälfte des Menschengeschlechts. Der seiner Zeit hoch-<lb/>
geschätzte englische Bischof <hi rendition="#g">Horsley</hi> meinte noch im<lb/>
Jahr 1795: er wisse nicht, was die Masse des Volks<lb/>
in irgend einem Lande mit den Gesetzen weiter zu<lb/>
thun habe, als ihnen zu gehorchen. Dieser Satz ist<lb/>
noch heut lebendig in Kopf und Herzen der mensch-<lb/>
lichen Gesellschaft; denn, ob ich statt Masse des Volks<lb/>
und Arbeiter setze: Frau oder Neger oder Sudra, der<lb/>
Grundbegriff dieser tiefsinnigen Sentenz ist derselbe:<lb/>
Unbedingte Unterthänigkeit der einen Klasse unter die<lb/>
andere. Die Logik der Politik ist absolut. Entweder<lb/>
ist das Volk souverain und mithin auch die Frauen,<lb/>
oder Unterthanen eines Herrn und Königs sind wir<lb/>
alle. Wir können nur zurück zur Despotie, oder vor-<lb/>
wärts zum rein demokratischen Staat, wo der Grund-<lb/>
satz zur Geltung kommen muß, daß die Frauen als<lb/>
Bestandtheile des souverainen Volks unantastbaren<lb/>
Anspruch haben auf völlige Gleichheit der bürgerlichen<lb/>
und socialen Rechte.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0179] vierte Stand, in dessen Herzfalten kein Keim einer neuen Bevorrechtigung mehr enthalten ist, ist eben deshalb gleichbedeutend mit dem ganzen Menschen- geschlecht. Seine Freiheit ist die Freiheit der Mensch- heit selbst, seine Herrschaft ist die Herrschaft Aller.‟ Ja wohl – Aller – mit Ausnahme der größeren Hälfte des Menschengeschlechts. Der seiner Zeit hoch- geschätzte englische Bischof Horsley meinte noch im Jahr 1795: er wisse nicht, was die Masse des Volks in irgend einem Lande mit den Gesetzen weiter zu thun habe, als ihnen zu gehorchen. Dieser Satz ist noch heut lebendig in Kopf und Herzen der mensch- lichen Gesellschaft; denn, ob ich statt Masse des Volks und Arbeiter setze: Frau oder Neger oder Sudra, der Grundbegriff dieser tiefsinnigen Sentenz ist derselbe: Unbedingte Unterthänigkeit der einen Klasse unter die andere. Die Logik der Politik ist absolut. Entweder ist das Volk souverain und mithin auch die Frauen, oder Unterthanen eines Herrn und Königs sind wir alle. Wir können nur zurück zur Despotie, oder vor- wärts zum rein demokratischen Staat, wo der Grund- satz zur Geltung kommen muß, daß die Frauen als Bestandtheile des souverainen Volks unantastbaren Anspruch haben auf völlige Gleichheit der bürgerlichen und socialen Rechte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/179
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/179>, abgerufen am 02.05.2024.