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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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Die Frauen, die das Stimmrecht nicht wollen,
verzichten damit auf die höchsten Stufen menschlicher
Entwickelung und erklären sich für eine untergeordnete
Species der Gattung: Mensch. So mögen sie fort-
fahren zu leben von den Brosamen, die von ihrer
Herren Tische fallen, sie mögen fortfahren die Hand
zu küssen, die sie züchtigt, und sich spiegeln und brüsten
in den Orden und Aemtern ihrer Herren und Gebieter.
Und wenn der Himmel ihrem Gatten einen neuen
Titel bescheert, so mögen sie wie bisher ihre Nasen
und Gemüther hoch erheben und ihren Mitschwestern
durch den Wonnelaut imponiren: auch ich bin Geheim-
räthin! Lakaiennaturen hat es gegeben und wird es
geben allezeit.

Meine Seele erglüht gleich der des Mannes vom
holden und erhabenen Zauber der Naturschönheit, ich
fühle wie er den Schmerz um das Vaterland, wenn
es bedroht wird, mein Herz schlägt wie das seine, wo
es sich um die höchsten Güter der Menschheit handelt:
um Liebe, Schönheit und Freiheit, um Fortschritt im
Staat und in der Wissenschaft. Und darum bin ich
seinesgleichen und darum soll das Weib sich erheben
und kraft seines Menschenrechts das Stimmrecht fordern,
denn nicht genügen können ihm fürder die Rechte, die

Die Frauen, die das Stimmrecht nicht wollen,
verzichten damit auf die höchsten Stufen menschlicher
Entwickelung und erklären sich für eine untergeordnete
Species der Gattung: Mensch. So mögen sie fort-
fahren zu leben von den Brosamen, die von ihrer
Herren Tische fallen, sie mögen fortfahren die Hand
zu küssen, die sie züchtigt, und sich spiegeln und brüsten
in den Orden und Aemtern ihrer Herren und Gebieter.
Und wenn der Himmel ihrem Gatten einen neuen
Titel bescheert, so mögen sie wie bisher ihre Nasen
und Gemüther hoch erheben und ihren Mitschwestern
durch den Wonnelaut imponiren: auch ich bin Geheim-
räthin! Lakaiennaturen hat es gegeben und wird es
geben allezeit.

Meine Seele erglüht gleich der des Mannes vom
holden und erhabenen Zauber der Naturschönheit, ich
fühle wie er den Schmerz um das Vaterland, wenn
es bedroht wird, mein Herz schlägt wie das seine, wo
es sich um die höchsten Güter der Menschheit handelt:
um Liebe, Schönheit und Freiheit, um Fortschritt im
Staat und in der Wissenschaft. Und darum bin ich
seinesgleichen und darum soll das Weib sich erheben
und kraft seines Menschenrechts das Stimmrecht fordern,
denn nicht genügen können ihm fürder die Rechte, die

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[181/0189] Die Frauen, die das Stimmrecht nicht wollen, verzichten damit auf die höchsten Stufen menschlicher Entwickelung und erklären sich für eine untergeordnete Species der Gattung: Mensch. So mögen sie fort- fahren zu leben von den Brosamen, die von ihrer Herren Tische fallen, sie mögen fortfahren die Hand zu küssen, die sie züchtigt, und sich spiegeln und brüsten in den Orden und Aemtern ihrer Herren und Gebieter. Und wenn der Himmel ihrem Gatten einen neuen Titel bescheert, so mögen sie wie bisher ihre Nasen und Gemüther hoch erheben und ihren Mitschwestern durch den Wonnelaut imponiren: auch ich bin Geheim- räthin! Lakaiennaturen hat es gegeben und wird es geben allezeit. Meine Seele erglüht gleich der des Mannes vom holden und erhabenen Zauber der Naturschönheit, ich fühle wie er den Schmerz um das Vaterland, wenn es bedroht wird, mein Herz schlägt wie das seine, wo es sich um die höchsten Güter der Menschheit handelt: um Liebe, Schönheit und Freiheit, um Fortschritt im Staat und in der Wissenschaft. Und darum bin ich seinesgleichen und darum soll das Weib sich erheben und kraft seines Menschenrechts das Stimmrecht fordern, denn nicht genügen können ihm fürder die Rechte, die  

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/189>, abgerufen am 02.05.2024.