Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

sie mit den Thieren theilt, das Recht zu athmen, zu
essen und zu trinken und sich fortzupflanzen. Die Natur,
Gott selbst befiehlt ihr zu sprechen, es ist mehr als ihr
Recht, es ist ihre Pflicht. Jhre Pflicht aber ist es,
weil nur im Zusammenwirken der Geschlechter in
Familie und Staat eine harmonische und vollkommene
Entwickelung des Staatslebens und der Völkerseelen
möglich ist.

Es gilt, Euch zu retten, Jhr Frauen, aus dem
traurigen, dumpfen Einerlei, aus der Monotonie Eures
vegetirenden Daseins. Reißt ab die Binde, mit der
man Eure geistigen Augen verhüllt hat, damit Jhr
gleich den Thieren in der Tretmühle den engen Kreis-
lauf Eures Lebens ohne Unruhe und Schwindel voll-
endet. Werft ab den conventionellen Charakter, den
man Euch aufgezwungen und durchbrecht dieses Chinesen-
thum, das bisher gleichbedeutend war mit Frauenthum.
Erhebt Euch und fordert das Stimmrecht!

Nicht fürchtet Spott und Hohn! Witz und Spott
sind schneidende Waffen im Bunde mit mächtigen Ar-
gumenten, ohne sie sind sie nur hölzernes Rüstzeug,
das tönt und klappert, aber Niemand verwundet.

Vergeßt das Eine nicht: Anspruch ohne Macht be-
deutet wenig. Dem Despotismus ist immer nur eine

sie mit den Thieren theilt, das Recht zu athmen, zu
essen und zu trinken und sich fortzupflanzen. Die Natur,
Gott selbst befiehlt ihr zu sprechen, es ist mehr als ihr
Recht, es ist ihre Pflicht. Jhre Pflicht aber ist es,
weil nur im Zusammenwirken der Geschlechter in
Familie und Staat eine harmonische und vollkommene
Entwickelung des Staatslebens und der Völkerseelen
möglich ist.

Es gilt, Euch zu retten, Jhr Frauen, aus dem
traurigen, dumpfen Einerlei, aus der Monotonie Eures
vegetirenden Daseins. Reißt ab die Binde, mit der
man Eure geistigen Augen verhüllt hat, damit Jhr
gleich den Thieren in der Tretmühle den engen Kreis-
lauf Eures Lebens ohne Unruhe und Schwindel voll-
endet. Werft ab den conventionellen Charakter, den
man Euch aufgezwungen und durchbrecht dieses Chinesen-
thum, das bisher gleichbedeutend war mit Frauenthum.
Erhebt Euch und fordert das Stimmrecht!

Nicht fürchtet Spott und Hohn! Witz und Spott
sind schneidende Waffen im Bunde mit mächtigen Ar-
gumenten, ohne sie sind sie nur hölzernes Rüstzeug,
das tönt und klappert, aber Niemand verwundet.

Vergeßt das Eine nicht: Anspruch ohne Macht be-
deutet wenig. Dem Despotismus ist immer nur eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0190" n="182"/>
sie mit den Thieren theilt, das Recht zu athmen, zu<lb/>
essen und zu trinken und sich fortzupflanzen. Die Natur,<lb/>
Gott selbst befiehlt ihr zu sprechen, es ist mehr als ihr<lb/>
Recht, es ist ihre Pflicht. Jhre Pflicht aber ist es,<lb/>
weil nur im Zusammenwirken der Geschlechter in<lb/>
Familie und Staat eine harmonische und vollkommene<lb/>
Entwickelung des Staatslebens und der Völkerseelen<lb/>
möglich ist.</p><lb/>
        <p>Es gilt, Euch zu retten, Jhr Frauen, aus dem<lb/>
traurigen, dumpfen Einerlei, aus der Monotonie Eures<lb/>
vegetirenden Daseins. Reißt ab die Binde, mit der<lb/>
man Eure geistigen Augen verhüllt hat, damit Jhr<lb/>
gleich den Thieren in der Tretmühle den engen Kreis-<lb/>
lauf Eures Lebens ohne Unruhe und Schwindel voll-<lb/>
endet. Werft ab den conventionellen Charakter, den<lb/>
man Euch aufgezwungen und durchbrecht dieses Chinesen-<lb/>
thum, das bisher gleichbedeutend war mit Frauenthum.<lb/>
Erhebt Euch und fordert das Stimmrecht!</p><lb/>
        <p>Nicht fürchtet Spott und Hohn! Witz und Spott<lb/>
sind schneidende Waffen im Bunde mit mächtigen Ar-<lb/>
gumenten, ohne sie sind sie nur hölzernes Rüstzeug,<lb/>
das tönt und klappert, aber Niemand verwundet.</p><lb/>
        <p>Vergeßt das Eine nicht: Anspruch ohne Macht be-<lb/>
deutet wenig. Dem Despotismus ist immer nur eine<lb/>
&#x2003;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0190] sie mit den Thieren theilt, das Recht zu athmen, zu essen und zu trinken und sich fortzupflanzen. Die Natur, Gott selbst befiehlt ihr zu sprechen, es ist mehr als ihr Recht, es ist ihre Pflicht. Jhre Pflicht aber ist es, weil nur im Zusammenwirken der Geschlechter in Familie und Staat eine harmonische und vollkommene Entwickelung des Staatslebens und der Völkerseelen möglich ist. Es gilt, Euch zu retten, Jhr Frauen, aus dem traurigen, dumpfen Einerlei, aus der Monotonie Eures vegetirenden Daseins. Reißt ab die Binde, mit der man Eure geistigen Augen verhüllt hat, damit Jhr gleich den Thieren in der Tretmühle den engen Kreis- lauf Eures Lebens ohne Unruhe und Schwindel voll- endet. Werft ab den conventionellen Charakter, den man Euch aufgezwungen und durchbrecht dieses Chinesen- thum, das bisher gleichbedeutend war mit Frauenthum. Erhebt Euch und fordert das Stimmrecht! Nicht fürchtet Spott und Hohn! Witz und Spott sind schneidende Waffen im Bunde mit mächtigen Ar- gumenten, ohne sie sind sie nur hölzernes Rüstzeug, das tönt und klappert, aber Niemand verwundet. Vergeßt das Eine nicht: Anspruch ohne Macht be- deutet wenig. Dem Despotismus ist immer nur eine  

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/190
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/190>, abgerufen am 02.05.2024.