Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

und die Sophistik und Unhaltbarkeit derselben darzu-
legen. Eine Sisyphusarbeit nenne ich es, weil die
Männer niemals unsere Argumente widerlegen, sondern
immer nur darauf antworten mit wohlfeilem, längst ver-
jährtem Spott, mit antiquirter physiologischer mittel-
alterlicher Gelehrsamkeit*), mit poetischen Deklamationen
a la Jean Paul und Schiller und im schlimmeren
Fall mit philosophischen Zoten a la Schopenhauer.

Diese Enthaltsamkeit wirklicher Beweisgründe ist
nur zu natürlich. Noch nie traten andere Argumente
gegen die Frauenfreiheit zu Tage als solche, welche
aus Gemüthserregungen, aus Gewohnheit und Vor-
urtheil stammen.

Jch bitte meine Leser um Entschuldigung, wenn
ich hin und wieder schon oft Gesagtes wiederholen muß,
aber es gibt wohl kaum neue Gründe, um das ein-
fachste und natürlichste aller menschlichen Rechte zu be-
weisen. Für die politischen Rechte der Frauen gelten
genau dieselben Argumente, deren Anerkennung man
in Bezug auf die politische Emancipation der Besitz-

*) So führt Schopenhauer als Gewährsmann für die
phrenologische Jnferiorität der Frau einen vor drei Jahrhunderten
verstorbenen spanischen Gelehrten, Namens Huerte, seines Standes
einen Juristen, an.

und die Sophistik und Unhaltbarkeit derselben darzu-
legen. Eine Sisyphusarbeit nenne ich es, weil die
Männer niemals unsere Argumente widerlegen, sondern
immer nur darauf antworten mit wohlfeilem, längst ver-
jährtem Spott, mit antiquirter physiologischer mittel-
alterlicher Gelehrsamkeit*), mit poetischen Deklamationen
à la Jean Paul und Schiller und im schlimmeren
Fall mit philosophischen Zoten à la Schopenhauer.

Diese Enthaltsamkeit wirklicher Beweisgründe ist
nur zu natürlich. Noch nie traten andere Argumente
gegen die Frauenfreiheit zu Tage als solche, welche
aus Gemüthserregungen, aus Gewohnheit und Vor-
urtheil stammen.

Jch bitte meine Leser um Entschuldigung, wenn
ich hin und wieder schon oft Gesagtes wiederholen muß,
aber es gibt wohl kaum neue Gründe, um das ein-
fachste und natürlichste aller menschlichen Rechte zu be-
weisen. Für die politischen Rechte der Frauen gelten
genau dieselben Argumente, deren Anerkennung man
in Bezug auf die politische Emancipation der Besitz-

*) So führt Schopenhauer als Gewährsmann für die
phrenologische Jnferiorität der Frau einen vor drei Jahrhunderten
verstorbenen spanischen Gelehrten, Namens Huerte, seines Standes
einen Juristen, an.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0077" n="69"/>
und die Sophistik und Unhaltbarkeit derselben darzu-<lb/>
legen. Eine Sisyphusarbeit nenne ich es, weil die<lb/>
Männer niemals unsere Argumente widerlegen, sondern<lb/>
immer nur darauf antworten mit wohlfeilem, längst ver-<lb/>
jährtem Spott, mit antiquirter physiologischer mittel-<lb/>
alterlicher Gelehrsamkeit<note place="foot" n="*)">So führt Schopenhauer als Gewährsmann für die<lb/>
phrenologische Jnferiorität der Frau einen vor drei Jahrhunderten<lb/>
verstorbenen spanischen Gelehrten, Namens Huerte, seines Standes<lb/>
einen Juristen, an.</note>, mit poetischen Deklamationen<lb/><hi rendition="#aq">à la</hi> Jean Paul und Schiller und im schlimmeren<lb/>
Fall mit philosophischen Zoten <hi rendition="#aq">à la</hi> Schopenhauer.</p><lb/>
        <p>Diese Enthaltsamkeit wirklicher Beweisgründe ist<lb/>
nur zu natürlich. Noch nie traten andere Argumente<lb/>
gegen die Frauenfreiheit zu Tage als solche, welche<lb/>
aus Gemüthserregungen, aus Gewohnheit und Vor-<lb/>
urtheil stammen.</p><lb/>
        <p>Jch bitte meine Leser um Entschuldigung, wenn<lb/>
ich hin und wieder schon oft Gesagtes wiederholen muß,<lb/>
aber es gibt wohl kaum neue Gründe, um das ein-<lb/>
fachste und natürlichste aller menschlichen Rechte zu be-<lb/>
weisen. Für die politischen Rechte der Frauen gelten<lb/>
genau dieselben Argumente, deren Anerkennung man<lb/>
in Bezug auf die politische Emancipation der Besitz-<lb/>
&#x2003;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0077] und die Sophistik und Unhaltbarkeit derselben darzu- legen. Eine Sisyphusarbeit nenne ich es, weil die Männer niemals unsere Argumente widerlegen, sondern immer nur darauf antworten mit wohlfeilem, längst ver- jährtem Spott, mit antiquirter physiologischer mittel- alterlicher Gelehrsamkeit *), mit poetischen Deklamationen à la Jean Paul und Schiller und im schlimmeren Fall mit philosophischen Zoten à la Schopenhauer. Diese Enthaltsamkeit wirklicher Beweisgründe ist nur zu natürlich. Noch nie traten andere Argumente gegen die Frauenfreiheit zu Tage als solche, welche aus Gemüthserregungen, aus Gewohnheit und Vor- urtheil stammen. Jch bitte meine Leser um Entschuldigung, wenn ich hin und wieder schon oft Gesagtes wiederholen muß, aber es gibt wohl kaum neue Gründe, um das ein- fachste und natürlichste aller menschlichen Rechte zu be- weisen. Für die politischen Rechte der Frauen gelten genau dieselben Argumente, deren Anerkennung man in Bezug auf die politische Emancipation der Besitz-   *) So führt Schopenhauer als Gewährsmann für die phrenologische Jnferiorität der Frau einen vor drei Jahrhunderten verstorbenen spanischen Gelehrten, Namens Huerte, seines Standes einen Juristen, an.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/77
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/77>, abgerufen am 04.12.2024.