Also sollte der arme Jude im Elende liegen blei- ben? noch ferner über Härte und Unterdrückung klagen? Mit meiner Schuld wenigstens nicht. Man lerne den Juden erst kennen, wozu er gut ist, wäge die Bedürfnisse des Staats dagegen ab, und behalte ihrer so viel bey, als ohne Präjudiz der al- ten, ersten Einwohner, über die wir nicht zu kla- gen haben, bestehen können. Man nehme das schwe- re Joch der Sklaverey von ihren Nacken, lasse sie in Absicht der Abgaben andern Bürgern gleich seyn und dann erst hat man Ursache, ihrem Wucher zu steuren. An den meisten Orten sind ihrer jetzt schon gnug, aber Städte, die leere Häuser und wüste Hausstellen anzubiethen haben, können noch mehrere aufnehmen, wenn die Juden sich auf neue Fabriken legen wollen, die bis dahin noch nicht im Gange waren, oder doch nicht aufkommen konnten. Hier ist der Jude in seinem Elemente, er handelt die ro- hen Producte ein, läßt sie durch Weiber und Kinder verarbeiten, und setzt sie auch selbst wieder ab. In diesem Falle, und ich glaube in diesem einzigen Falle können wir noch bis auf einen gewissen Grad mehr Juden ansetzen, und sie die Rechte der Menschheit genießen lassen. In den Preußischen Staaten kön- nen wir auch wenig mehr, oder gar nichts mehr für
sie
Alſo ſollte der arme Jude im Elende liegen blei- ben? noch ferner uͤber Haͤrte und Unterdruͤckung klagen? Mit meiner Schuld wenigſtens nicht. Man lerne den Juden erſt kennen, wozu er gut iſt, waͤge die Beduͤrfniſſe des Staats dagegen ab, und behalte ihrer ſo viel bey, als ohne Praͤjudiz der al- ten, erſten Einwohner, uͤber die wir nicht zu kla- gen haben, beſtehen koͤnnen. Man nehme das ſchwe- re Joch der Sklaverey von ihren Nacken, laſſe ſie in Abſicht der Abgaben andern Buͤrgern gleich ſeyn und dann erſt hat man Urſache, ihrem Wucher zu ſteuren. An den meiſten Orten ſind ihrer jetzt ſchon gnug, aber Staͤdte, die leere Haͤuſer und wuͤſte Hausſtellen anzubiethen haben, koͤnnen noch mehrere aufnehmen, wenn die Juden ſich auf neue Fabriken legen wollen, die bis dahin noch nicht im Gange waren, oder doch nicht aufkommen konnten. Hier iſt der Jude in ſeinem Elemente, er handelt die ro- hen Producte ein, laͤßt ſie durch Weiber und Kinder verarbeiten, und ſetzt ſie auch ſelbſt wieder ab. In dieſem Falle, und ich glaube in dieſem einzigen Falle koͤnnen wir noch bis auf einen gewiſſen Grad mehr Juden anſetzen, und ſie die Rechte der Menſchheit genießen laſſen. In den Preußiſchen Staaten koͤn- nen wir auch wenig mehr, oder gar nichts mehr fuͤr
ſie
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Alſo ſollte der arme Jude im Elende liegen blei-
ben? noch ferner uͤber Haͤrte und Unterdruͤckung
klagen? Mit meiner Schuld wenigſtens nicht.
Man lerne den Juden erſt kennen, wozu er gut iſt,
waͤge die Beduͤrfniſſe des Staats dagegen ab, und
behalte ihrer ſo viel bey, als ohne Praͤjudiz der al-
ten, erſten Einwohner, uͤber die wir nicht zu kla-
gen haben, beſtehen koͤnnen. Man nehme das ſchwe-
re Joch der Sklaverey von ihren Nacken, laſſe ſie
in Abſicht der Abgaben andern Buͤrgern gleich ſeyn
und dann erſt hat man Urſache, ihrem Wucher zu
ſteuren. An den meiſten Orten ſind ihrer jetzt ſchon
gnug, aber Staͤdte, die leere Haͤuſer und wuͤſte
Hausſtellen anzubiethen haben, koͤnnen noch mehrere
aufnehmen, wenn die Juden ſich auf neue Fabriken
legen wollen, die bis dahin noch nicht im Gange
waren, oder doch nicht aufkommen konnten. Hier
iſt der Jude in ſeinem Elemente, er handelt die ro-
hen Producte ein, laͤßt ſie durch Weiber und Kinder
verarbeiten, und ſetzt ſie auch ſelbſt wieder ab. In
dieſem Falle, und ich glaube in dieſem einzigen Falle
koͤnnen wir noch bis auf einen gewiſſen Grad mehr
Juden anſetzen, und ſie die Rechte der Menſchheit
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/116>, abgerufen am 25.11.2024.
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