Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Unvermeidliche.
liebender Bekümmerniß entschuldigen und war eigentlich
auch im Grunde froh, den unheimlichen Gegner los zu
sein. Er besuchte mit ungetheilter Freude wieder seine
Braut, und als ihn dieselbe mit zärtlicher Besorgniß um
den Ausgang jenes Zusammentreffens im Theater be¬
fragte, sagte er, ihr die Hand drückend und doch
halb verlegen:

"Es ist abgemacht!" --

Das junge Mädchen lächelte und küßte ihn in freu¬
digerem Stolz. Sie hatte die Worte ihres Geliebten in
anderer Weise aufgefaßt, und -- in den Augen junger
Mädchen erhält ja ein Mann durch das Ansehen der
Tapferkeit höheren Reiz.

Aber sie wurde bald in ihren Träumen enttäuscht.

Nach einiger Zeit bemerkte sie, daß ihr Bräutigam
von seinen Bekannten augenscheinlich gemieden wurde.
Man wich ihm an allen öffentlichen Orten aus, grüßte
ihn förmlich kalt oder auch gar nicht, es wurde gezischelt,
wenn sie kamen, und sie selbst, früher die gesuchteste
Tänzerin, blieb jetzt auf den Bällen sitzen. Sie suchte
vergebens den Grund dieses Benehmens zu erforschen,
endlich aber belehrte sie eine ihrer Freundinnen darüber.

"Dein Verlobter hat sich geweigert, sich zu schlagen,

Das Unvermeidliche.
liebender Bekuͤmmerniß entſchuldigen und war eigentlich
auch im Grunde froh, den unheimlichen Gegner los zu
ſein. Er beſuchte mit ungetheilter Freude wieder ſeine
Braut, und als ihn dieſelbe mit zaͤrtlicher Beſorgniß um
den Ausgang jenes Zuſammentreffens im Theater be¬
fragte, ſagte er, ihr die Hand druͤckend und doch
halb verlegen:

„Es iſt abgemacht!“ —

Das junge Maͤdchen laͤchelte und kuͤßte ihn in freu¬
digerem Stolz. Sie hatte die Worte ihres Geliebten in
anderer Weiſe aufgefaßt, und — in den Augen junger
Maͤdchen erhaͤlt ja ein Mann durch das Anſehen der
Tapferkeit hoͤheren Reiz.

Aber ſie wurde bald in ihren Traͤumen enttaͤuſcht.

Nach einiger Zeit bemerkte ſie, daß ihr Braͤutigam
von ſeinen Bekannten augenſcheinlich gemieden wurde.
Man wich ihm an allen oͤffentlichen Orten aus, gruͤßte
ihn foͤrmlich kalt oder auch gar nicht, es wurde geziſchelt,
wenn ſie kamen, und ſie ſelbſt, fruͤher die geſuchteſte
Taͤnzerin, blieb jetzt auf den Baͤllen ſitzen. Sie ſuchte
vergebens den Grund dieſes Benehmens zu erforſchen,
endlich aber belehrte ſie eine ihrer Freundinnen daruͤber.

„Dein Verlobter hat ſich geweigert, ſich zu ſchlagen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0197" n="183"/><fw place="top" type="header">Das Unvermeidliche.<lb/></fw> liebender Beku&#x0364;mmerniß ent&#x017F;chuldigen und war eigentlich<lb/>
auch im Grunde froh, den unheimlichen Gegner los zu<lb/>
&#x017F;ein. Er be&#x017F;uchte mit ungetheilter Freude wieder &#x017F;eine<lb/>
Braut, und als ihn die&#x017F;elbe mit za&#x0364;rtlicher Be&#x017F;orgniß um<lb/>
den Ausgang jenes Zu&#x017F;ammentreffens im Theater be¬<lb/>
fragte, &#x017F;agte er, ihr die Hand dru&#x0364;ckend und doch<lb/>
halb verlegen:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es i&#x017F;t abgemacht!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das junge Ma&#x0364;dchen la&#x0364;chelte und ku&#x0364;ßte ihn in freu¬<lb/>
digerem Stolz. Sie hatte die Worte ihres Geliebten in<lb/>
anderer Wei&#x017F;e aufgefaßt, und &#x2014; in den Augen junger<lb/>
Ma&#x0364;dchen erha&#x0364;lt ja ein Mann durch das An&#x017F;ehen der<lb/>
Tapferkeit ho&#x0364;heren Reiz.</p><lb/>
        <p>Aber &#x017F;ie wurde bald in ihren Tra&#x0364;umen entta&#x0364;u&#x017F;cht.</p><lb/>
        <p>Nach einiger Zeit bemerkte &#x017F;ie, daß ihr Bra&#x0364;utigam<lb/>
von &#x017F;einen Bekannten augen&#x017F;cheinlich gemieden wurde.<lb/>
Man wich ihm an allen o&#x0364;ffentlichen Orten aus, gru&#x0364;ßte<lb/>
ihn fo&#x0364;rmlich kalt oder auch gar nicht, es wurde gezi&#x017F;chelt,<lb/>
wenn &#x017F;ie kamen, und &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, fru&#x0364;her die ge&#x017F;uchte&#x017F;te<lb/>
Ta&#x0364;nzerin, blieb jetzt auf den Ba&#x0364;llen &#x017F;itzen. Sie &#x017F;uchte<lb/>
vergebens den Grund die&#x017F;es Benehmens zu erfor&#x017F;chen,<lb/>
endlich aber belehrte &#x017F;ie eine ihrer Freundinnen daru&#x0364;ber.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dein Verlobter hat &#x017F;ich geweigert, &#x017F;ich zu &#x017F;chlagen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0197] Das Unvermeidliche. liebender Bekuͤmmerniß entſchuldigen und war eigentlich auch im Grunde froh, den unheimlichen Gegner los zu ſein. Er beſuchte mit ungetheilter Freude wieder ſeine Braut, und als ihn dieſelbe mit zaͤrtlicher Beſorgniß um den Ausgang jenes Zuſammentreffens im Theater be¬ fragte, ſagte er, ihr die Hand druͤckend und doch halb verlegen: „Es iſt abgemacht!“ — Das junge Maͤdchen laͤchelte und kuͤßte ihn in freu¬ digerem Stolz. Sie hatte die Worte ihres Geliebten in anderer Weiſe aufgefaßt, und — in den Augen junger Maͤdchen erhaͤlt ja ein Mann durch das Anſehen der Tapferkeit hoͤheren Reiz. Aber ſie wurde bald in ihren Traͤumen enttaͤuſcht. Nach einiger Zeit bemerkte ſie, daß ihr Braͤutigam von ſeinen Bekannten augenſcheinlich gemieden wurde. Man wich ihm an allen oͤffentlichen Orten aus, gruͤßte ihn foͤrmlich kalt oder auch gar nicht, es wurde geziſchelt, wenn ſie kamen, und ſie ſelbſt, fruͤher die geſuchteſte Taͤnzerin, blieb jetzt auf den Baͤllen ſitzen. Sie ſuchte vergebens den Grund dieſes Benehmens zu erforſchen, endlich aber belehrte ſie eine ihrer Freundinnen daruͤber. „Dein Verlobter hat ſich geweigert, ſich zu ſchlagen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/197
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/197>, abgerufen am 22.12.2024.