Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.nehmen wollte. Die Bettstatt bebte und im Schorn- Friedrich ward still; er horchte noch ein Weil- nehmen wollte. Die Bettſtatt bebte und im Schorn- Friedrich ward ſtill; er horchte noch ein Weil- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0169" n="153"/> nehmen wollte. Die Bettſtatt bebte und im Schorn-<lb/> ſtein raſſelte es wie ein Kobold. — „Mutter, es<lb/> pocht draußen!“ — „Still, Fritzchen, das iſt das<lb/> lockere Brett im Giebel, das der Wind jagt.“ —<lb/> „Nein, Mutter, an der Thür!“ — „Sie ſchließt<lb/> nicht; die Klinke iſt zerbrochen. Gott, ſchlaf doch!<lb/> bring mich nicht um das armſelige Bischen Nacht-<lb/> ruhe.“ — „Aber wenn nun der Vater kommt?“<lb/> — Die Mutter drehte ſich heftig im Bett um. —<lb/> „Den hält der Teufel feſt genug!“ — „Wo iſt<lb/> der Teufel, Mutter?“ — „Wart du Unraſt! er<lb/> ſteht vor der Thür und will dich holen, wenn du<lb/> nicht ruhig biſt!“</p><lb/> <p>Friedrich ward ſtill; er horchte noch ein Weil-<lb/> chen und ſchlief dann ein. Nach einigen Stunden<lb/> erwachte er. Der Wind hatte ſich gewendet und<lb/> ziſchte jetzt wie eine Schlange durch die Fenſterritze<lb/> an ſeinem Ohr. Seine Schulter war erſtarrt; er<lb/> kroch tief unter’s Deckbett und lag aus Furcht ganz<lb/> ſtill. Nach einer Weile bemerkte er, daß die Mutter<lb/> auch nicht ſchlief. Er hörte ſie weinen und mitunter:<lb/> „Gegrüßt ſeiſt du, Maria!“ und „bitte für uns<lb/> arme Sünder!“ Die Kügelchen des Roſenkranzes<lb/> glitten an ſeinem Geſicht hin. Ein unwillkührlicher<lb/> Seufzer entfuhr ihm. — „Friedrich, biſt du wach?“ —<lb/> „Ja, Mutter.“ — „Kind, bete ein wenig — du<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [153/0169]
nehmen wollte. Die Bettſtatt bebte und im Schorn-
ſtein raſſelte es wie ein Kobold. — „Mutter, es
pocht draußen!“ — „Still, Fritzchen, das iſt das
lockere Brett im Giebel, das der Wind jagt.“ —
„Nein, Mutter, an der Thür!“ — „Sie ſchließt
nicht; die Klinke iſt zerbrochen. Gott, ſchlaf doch!
bring mich nicht um das armſelige Bischen Nacht-
ruhe.“ — „Aber wenn nun der Vater kommt?“
— Die Mutter drehte ſich heftig im Bett um. —
„Den hält der Teufel feſt genug!“ — „Wo iſt
der Teufel, Mutter?“ — „Wart du Unraſt! er
ſteht vor der Thür und will dich holen, wenn du
nicht ruhig biſt!“
Friedrich ward ſtill; er horchte noch ein Weil-
chen und ſchlief dann ein. Nach einigen Stunden
erwachte er. Der Wind hatte ſich gewendet und
ziſchte jetzt wie eine Schlange durch die Fenſterritze
an ſeinem Ohr. Seine Schulter war erſtarrt; er
kroch tief unter’s Deckbett und lag aus Furcht ganz
ſtill. Nach einer Weile bemerkte er, daß die Mutter
auch nicht ſchlief. Er hörte ſie weinen und mitunter:
„Gegrüßt ſeiſt du, Maria!“ und „bitte für uns
arme Sünder!“ Die Kügelchen des Roſenkranzes
glitten an ſeinem Geſicht hin. Ein unwillkührlicher
Seufzer entfuhr ihm. — „Friedrich, biſt du wach?“ —
„Ja, Mutter.“ — „Kind, bete ein wenig — du
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