Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Simon fort. -- "Er hat viel von dir, Simon, Simon schien dies zu überhören; er reckte den In der Mutter Züge kam ein heimliches, stolzes Simon fort. — „Er hat viel von dir, Simon, Simon ſchien dies zu überhören; er reckte den In der Mutter Züge kam ein heimliches, ſtolzes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0176" n="160"/> Simon fort. — „Er hat viel von dir, Simon,<lb/> viel.“ Simon lachte: „Ei. das muß ein rarer Kerl<lb/> ſein, ich werde alle Tage ſchöner. An der Schule<lb/> ſoll er ſich wohl nicht verbrennen. Du läßt ihn die<lb/> Kühe hüten? Eben ſo gut. Es iſt doch nicht halb<lb/> wahr, was der Magiſter ſagt. Aber wo hütet er?<lb/> Im Telengrund? im Koderholze? im Teutoburger<lb/> Wald? auch des Nachts und früh?“ — „Die<lb/> ganzen Nächte durch; aber wie meinſt du das?“</p><lb/> <p>Simon ſchien dies zu überhören; er reckte den<lb/> Hals zur Thüre hinaus: „Ei da kommt der Geſell!<lb/> Vatersſohn! er ſchlenkert gerade ſo mit den Armen<lb/> wie dein ſeliger Mann. Und ſchau mal an! wahr-<lb/> haftig, der Junge hat meine blonden Haare!“</p><lb/> <p>In der Mutter Züge kam ein heimliches, ſtolzes<lb/> Lächeln; ihres Friedrichs blonde Locken und Simons<lb/> röthliche Borſten! Ohne zu antworten, brach ſie<lb/> einen Zweig von der nächſten Hecke und ging ihrem<lb/> Sohne entgegen, ſcheinbar, eine träge Kuh anzu-<lb/> treiben, im Grunde aber, ihm einige raſche, halb-<lb/> drohende Worte zuzuraunen; denn ſie kannte ſeine<lb/> ſtörriſche Natur, und Simons Weiſe war ihr heute<lb/> einſchüchternder vorgekommen als je. Doch ging<lb/> Alles über Erwarten gut; Friedrich zeigte ſich weder<lb/> verſtockt, noch frech, vielmehr etwas blöde und ſehr<lb/> bemüht, dem Ohm zu gefallen. So kam es denn<lb/> dahin, daß nach einer halbſtündigen Unterredung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0176]
Simon fort. — „Er hat viel von dir, Simon,
viel.“ Simon lachte: „Ei. das muß ein rarer Kerl
ſein, ich werde alle Tage ſchöner. An der Schule
ſoll er ſich wohl nicht verbrennen. Du läßt ihn die
Kühe hüten? Eben ſo gut. Es iſt doch nicht halb
wahr, was der Magiſter ſagt. Aber wo hütet er?
Im Telengrund? im Koderholze? im Teutoburger
Wald? auch des Nachts und früh?“ — „Die
ganzen Nächte durch; aber wie meinſt du das?“
Simon ſchien dies zu überhören; er reckte den
Hals zur Thüre hinaus: „Ei da kommt der Geſell!
Vatersſohn! er ſchlenkert gerade ſo mit den Armen
wie dein ſeliger Mann. Und ſchau mal an! wahr-
haftig, der Junge hat meine blonden Haare!“
In der Mutter Züge kam ein heimliches, ſtolzes
Lächeln; ihres Friedrichs blonde Locken und Simons
röthliche Borſten! Ohne zu antworten, brach ſie
einen Zweig von der nächſten Hecke und ging ihrem
Sohne entgegen, ſcheinbar, eine träge Kuh anzu-
treiben, im Grunde aber, ihm einige raſche, halb-
drohende Worte zuzuraunen; denn ſie kannte ſeine
ſtörriſche Natur, und Simons Weiſe war ihr heute
einſchüchternder vorgekommen als je. Doch ging
Alles über Erwarten gut; Friedrich zeigte ſich weder
verſtockt, noch frech, vielmehr etwas blöde und ſehr
bemüht, dem Ohm zu gefallen. So kam es denn
dahin, daß nach einer halbſtündigen Unterredung
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