Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.von hier!" -- "Um Gottes Barmherzigkeit willen, Nach einigem Zögern ward die Thür geöffnet In der Küche befanden sich außer dem Manne Das Dorf war am folgenden Tage voll von Jeder wollte den Mann aus der Türkei sehen, von hier!“ — „Um Gottes Barmherzigkeit willen, Nach einigem Zögern ward die Thür geöffnet In der Küche befanden ſich außer dem Manne Das Dorf war am folgenden Tage voll von Jeder wollte den Mann aus der Türkei ſehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0230" n="214"/> von hier!“ — „Um Gottes Barmherzigkeit willen,<lb/> laßt mich ein! ich habe kein Geld.“ —</p><lb/> <p>Nach einigem Zögern ward die Thür geöffnet<lb/> und ein Mann leuchtete mit der Lampe hinaus. —<lb/> „Kommt nur herein;“ ſagte er dann, „Ihr werdet<lb/> uns den Hals nicht abſchneiden.“</p><lb/> <p>In der Küche befanden ſich außer dem Manne<lb/> eine Frau in den mittlern Jahren, eine alte Mutter<lb/> und fünf Kinder. Alle drängten ſich um den Ein-<lb/> tretenden her und muſterten ihn mit ſcheuer Neu-<lb/> gier. Eine armſelige Figur! mit ſchiefem Halſe,<lb/> gekrümmtem Rücken, die ganze Geſtalt gebrochen<lb/> und kraftlos; langes, ſchneeweißes Haar hing um<lb/> ſein Geſicht, das den verzogenen Ausdruck langen<lb/> Leidens trug. Die Frau ging ſchweigend an den<lb/> Heerd und legte friſches Reiſig zu. — „Ein Bett<lb/> können wir Euch nicht geben,“ ſagte ſie; „aber ich<lb/> will hier eine gute Streu machen; Ihr müßt Euch<lb/> ſchon ſo behelfen.“ — „Gott’s Lohn!“ verſetzte<lb/> der Fremde; „ich bin’s wohl ſchlechter gewohnt.“ —<lb/> Der Heimgekehrte ward als Johannes Niemand<lb/> erkannt, und er ſelbſt bethätigte, daß er derſelbe<lb/> ſei, der einſt mit Friedrich Mergel entflohen.</p><lb/> <p>Das Dorf war am folgenden Tage voll von<lb/> den Abenteuern des ſo lange Verſchollenen.</p><lb/> <p>Jeder wollte den Mann aus der Türkei ſehen,<lb/> und man wunderte ſich beinahe, daß er noch aus-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0230]
von hier!“ — „Um Gottes Barmherzigkeit willen,
laßt mich ein! ich habe kein Geld.“ —
Nach einigem Zögern ward die Thür geöffnet
und ein Mann leuchtete mit der Lampe hinaus. —
„Kommt nur herein;“ ſagte er dann, „Ihr werdet
uns den Hals nicht abſchneiden.“
In der Küche befanden ſich außer dem Manne
eine Frau in den mittlern Jahren, eine alte Mutter
und fünf Kinder. Alle drängten ſich um den Ein-
tretenden her und muſterten ihn mit ſcheuer Neu-
gier. Eine armſelige Figur! mit ſchiefem Halſe,
gekrümmtem Rücken, die ganze Geſtalt gebrochen
und kraftlos; langes, ſchneeweißes Haar hing um
ſein Geſicht, das den verzogenen Ausdruck langen
Leidens trug. Die Frau ging ſchweigend an den
Heerd und legte friſches Reiſig zu. — „Ein Bett
können wir Euch nicht geben,“ ſagte ſie; „aber ich
will hier eine gute Streu machen; Ihr müßt Euch
ſchon ſo behelfen.“ — „Gott’s Lohn!“ verſetzte
der Fremde; „ich bin’s wohl ſchlechter gewohnt.“ —
Der Heimgekehrte ward als Johannes Niemand
erkannt, und er ſelbſt bethätigte, daß er derſelbe
ſei, der einſt mit Friedrich Mergel entflohen.
Das Dorf war am folgenden Tage voll von
den Abenteuern des ſo lange Verſchollenen.
Jeder wollte den Mann aus der Türkei ſehen,
und man wunderte ſich beinahe, daß er noch aus-
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