Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Wie bin ich aufgeschreckt; o Jugendbild, Du bist dahin, zerflossen mit dem Dunkel! Die unerfreulich graue Dämmrung quillt, Im Walde irrt ein ängstliches Gemunkel; Doch horch, des Hahnes erster Schrei! -- Die Uhr schlägt Drei. Und wieder ruft der Hahn auf's Neu; Am Sims die Schwalbe gibt sich kund, Der Tauben Schwärme kreisen scheu Und taumelnd in des Hofes Rund; Und drunten knarrt des Stalles Thür; -- Die Uhr schlägt Vier. Da flammt's in Osten auf, gleich Lavagluth Die Sonne steigt, und mit den ersten Strahlen In Wald und Feldern strömt Gesanges Fluth, Das Leben quillt aus schäumenden Pokalen; Und wie ein Gletscher sinkt der Träume Land Zerrinnend in des Horizontes Brand. Wie bin ich aufgeſchreckt; o Jugendbild, Du biſt dahin, zerfloſſen mit dem Dunkel! Die unerfreulich graue Dämmrung quillt, Im Walde irrt ein ängſtliches Gemunkel; Doch horch, des Hahnes erſter Schrei! — Die Uhr ſchlägt Drei. Und wieder ruft der Hahn auf’s Neu; Am Sims die Schwalbe gibt ſich kund, Der Tauben Schwärme kreiſen ſcheu Und taumelnd in des Hofes Rund; Und drunten knarrt des Stalles Thür; — Die Uhr ſchlägt Vier. Da flammt’s in Oſten auf, gleich Lavagluth Die Sonne ſteigt, und mit den erſten Strahlen In Wald und Feldern ſtrömt Geſanges Fluth, Das Leben quillt aus ſchäumenden Pokalen; Und wie ein Gletſcher ſinkt der Träume Land Zerrinnend in des Horizontes Brand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0025" n="9"/> <lg n="6"> <l>Wie bin ich aufgeſchreckt; o Jugendbild,</l><lb/> <l>Du biſt dahin, zerfloſſen mit dem Dunkel!</l><lb/> <l>Die unerfreulich graue Dämmrung quillt,</l><lb/> <l>Im Walde irrt ein ängſtliches Gemunkel;</l><lb/> <l>Doch horch, des Hahnes erſter Schrei! —</l><lb/> <l>Die Uhr ſchlägt Drei.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Und wieder ruft der Hahn auf’s Neu;</l><lb/> <l>Am Sims die Schwalbe gibt ſich kund,</l><lb/> <l>Der Tauben Schwärme kreiſen ſcheu</l><lb/> <l>Und taumelnd in des Hofes Rund;</l><lb/> <l>Und drunten knarrt des Stalles Thür; —</l><lb/> <l>Die Uhr ſchlägt Vier.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Da flammt’s in Oſten auf, gleich Lavagluth</l><lb/> <l>Die Sonne ſteigt, und mit den erſten Strahlen</l><lb/> <l>In Wald und Feldern ſtrömt Geſanges Fluth,</l><lb/> <l>Das Leben quillt aus ſchäumenden Pokalen;</l><lb/> <l>Und wie ein Gletſcher ſinkt der Träume Land</l><lb/> <l>Zerrinnend in des Horizontes Brand.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [9/0025]
Wie bin ich aufgeſchreckt; o Jugendbild,
Du biſt dahin, zerfloſſen mit dem Dunkel!
Die unerfreulich graue Dämmrung quillt,
Im Walde irrt ein ängſtliches Gemunkel;
Doch horch, des Hahnes erſter Schrei! —
Die Uhr ſchlägt Drei.
Und wieder ruft der Hahn auf’s Neu;
Am Sims die Schwalbe gibt ſich kund,
Der Tauben Schwärme kreiſen ſcheu
Und taumelnd in des Hofes Rund;
Und drunten knarrt des Stalles Thür; —
Die Uhr ſchlägt Vier.
Da flammt’s in Oſten auf, gleich Lavagluth
Die Sonne ſteigt, und mit den erſten Strahlen
In Wald und Feldern ſtrömt Geſanges Fluth,
Das Leben quillt aus ſchäumenden Pokalen;
Und wie ein Gletſcher ſinkt der Träume Land
Zerrinnend in des Horizontes Brand.
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