hungerten Verirrten knüpfen. Das Ganze steht den wildesten Gegenden des Schwarzwaldes nicht nach, sonderlich, wenn es zu dunkeln beginnt, gehört viel kaltes Blut dazu, um sich eines mindestens poetischen Schauers zu erwehren, wenn das Volk der Eulen und Schuhu's in den Spalten lebendig wird, und das Echo ihr Gewimmer von Wand zu Wand laufen läßt, und wenn die Hohöfen wie glü- hende Rachen aus den Schluchten gähnen, wirre Funkensäulen über sich aufblasen und Baum und Gestein umher mit rothem Brandscheine überzittern. In diesem Style nimmt die Landschaft immer an Wildheit zu, zuletzt Klippen bietend -- auf denen man schon verirrte Ziegen hat tagelang umherschwanken sehen -- bis die Zackenform der Berge allmählich kahlen Kegeln weicht, an denen noch wohl im hohen Mai Schneeflecke lagern, der Baumwuchs fast gänzlich eingeht und endlich bei "Winterberg" die Gegend nur noch das Bild trostloser Oede beut, -- kahle Zuckerhutformen, an denen hier und dort ein Fleck- chen magerer Hafersaat mehr gilbt als grünt.
hungerten Verirrten knüpfen. Das Ganze ſteht den wildeſten Gegenden des Schwarzwaldes nicht nach, ſonderlich, wenn es zu dunkeln beginnt, gehört viel kaltes Blut dazu, um ſich eines mindeſtens poetiſchen Schauers zu erwehren, wenn das Volk der Eulen und Schuhu’s in den Spalten lebendig wird, und das Echo ihr Gewimmer von Wand zu Wand laufen läßt, und wenn die Hohöfen wie glü- hende Rachen aus den Schluchten gähnen, wirre Funkenſäulen über ſich aufblaſen und Baum und Geſtein umher mit rothem Brandſcheine überzittern. In dieſem Style nimmt die Landſchaft immer an Wildheit zu, zuletzt Klippen bietend — auf denen man ſchon verirrte Ziegen hat tagelang umherſchwanken ſehen — bis die Zackenform der Berge allmählich kahlen Kegeln weicht, an denen noch wohl im hohen Mai Schneeflecke lagern, der Baumwuchs faſt gänzlich eingeht und endlich bei „Winterberg“ die Gegend nur noch das Bild troſtloſer Oede beut, — kahle Zuckerhutformen, an denen hier und dort ein Fleck- chen magerer Haferſaat mehr gilbt als grünt.
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hungerten Verirrten knüpfen. Das Ganze ſteht den
wildeſten Gegenden des Schwarzwaldes nicht nach,
ſonderlich, wenn es zu dunkeln beginnt, gehört viel
kaltes Blut dazu, um ſich eines mindeſtens poetiſchen
Schauers zu erwehren, wenn das Volk der Eulen
und Schuhu’s in den Spalten lebendig wird, und
das Echo ihr Gewimmer von Wand zu Wand
laufen läßt, und wenn die Hohöfen wie glü-
hende Rachen aus den Schluchten gähnen, wirre
Funkenſäulen über ſich aufblaſen und Baum und
Geſtein umher mit rothem Brandſcheine überzittern.
In dieſem Style nimmt die Landſchaft immer an
Wildheit zu, zuletzt Klippen bietend — auf denen man
ſchon verirrte Ziegen hat tagelang umherſchwanken
ſehen — bis die Zackenform der Berge allmählich kahlen
Kegeln weicht, an denen noch wohl im hohen Mai
Schneeflecke lagern, der Baumwuchs faſt gänzlich
eingeht und endlich bei „Winterberg“ die Gegend
nur noch das Bild troſtloſer Oede beut, — kahle
Zuckerhutformen, an denen hier und dort ein Fleck-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/261>, abgerufen am 24.11.2024.
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