Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite
Unter der Linde.

Es war an einem Morgen,
Die Vöglein sangen süß,
Und über'm Raine wallte
Das schönste Blumenvließ.
Das Börnlein mir zur Seite
Sprach leise, leise fort,
Mit halbgeschlossnen Augen
Saß ich und lauschte dort.
Ich sah die Schmetterlinge
Sich jagen durch das Licht,
Und der Libelle Flügel
Mir zittern am Gesicht.
Still saß ich wie gestorben
Und ließ mir wohlig sein,
Mich mit den Blüthenflocken
Vom Lindenzweig bestreu'n.
Unter der Linde.

Es war an einem Morgen,
Die Vöglein ſangen ſüß,
Und über’m Raine wallte
Das ſchönſte Blumenvließ.
Das Börnlein mir zur Seite
Sprach leiſe, leiſe fort,
Mit halbgeſchloſſnen Augen
Saß ich und lauſchte dort.
Ich ſah die Schmetterlinge
Sich jagen durch das Licht,
Und der Libelle Flügel
Mir zittern am Geſicht.
Still ſaß ich wie geſtorben
Und ließ mir wohlig ſein,
Mich mit den Blüthenflocken
Vom Lindenzweig beſtreu’n.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0052" n="36"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unter der Linde.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>s war an einem Morgen,</l><lb/>
              <l>Die Vöglein &#x017F;angen &#x017F;üß,</l><lb/>
              <l>Und über&#x2019;m Raine wallte</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;chön&#x017F;te Blumenvließ.</l><lb/>
              <l>Das Börnlein mir zur Seite</l><lb/>
              <l>Sprach lei&#x017F;e, lei&#x017F;e fort,</l><lb/>
              <l>Mit halbge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;nen Augen</l><lb/>
              <l>Saß ich und lau&#x017F;chte dort.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ich &#x017F;ah die Schmetterlinge</l><lb/>
              <l>Sich jagen durch das Licht,</l><lb/>
              <l>Und der Libelle Flügel</l><lb/>
              <l>Mir zittern am Ge&#x017F;icht.</l><lb/>
              <l>Still &#x017F;aß ich wie ge&#x017F;torben</l><lb/>
              <l>Und ließ mir wohlig &#x017F;ein,</l><lb/>
              <l>Mich mit den Blüthenflocken</l><lb/>
              <l>Vom Lindenzweig be&#x017F;treu&#x2019;n.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0052] Unter der Linde. Es war an einem Morgen, Die Vöglein ſangen ſüß, Und über’m Raine wallte Das ſchönſte Blumenvließ. Das Börnlein mir zur Seite Sprach leiſe, leiſe fort, Mit halbgeſchloſſnen Augen Saß ich und lauſchte dort. Ich ſah die Schmetterlinge Sich jagen durch das Licht, Und der Libelle Flügel Mir zittern am Geſicht. Still ſaß ich wie geſtorben Und ließ mir wohlig ſein, Mich mit den Blüthenflocken Vom Lindenzweig beſtreu’n.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/52
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/52>, abgerufen am 23.11.2024.