Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860."O pescator del onde" Es gellt mir dicht am Ohr; Nun steht er an der Buche, Er hebt den Arm empor. Verbrämt sein schlichtes Käpplein Mit Lindenzweiges Zier, Und pfeifend trägt er weiter Sein flatterndes Zimier. Glück auf, mein frischer Junge, Gott geb' dir Luft und Raum! Wie gern die lust'ge Flagge Dir gibt der heit're Baum; Er ist kein schlimmer Alter, Dem in verdorrter Brust Das Herz vor Aerger zittert Ob schmucker Jugend Lust. Doch still, was naht sich wieder? Ein Husten kurz und hohl, Es schlürft den Anger nieder, Ach Gott, ich kenn' dich wohl! Es ist der Buche Zwilling, Mein alter, kranker Freund, Auf dessen Haupt so flammend Die Maiensonne scheint. „O pescator del onde“ Es gellt mir dicht am Ohr; Nun ſteht er an der Buche, Er hebt den Arm empor. Verbrämt ſein ſchlichtes Käpplein Mit Lindenzweiges Zier, Und pfeifend trägt er weiter Sein flatterndes Zimier. Glück auf, mein friſcher Junge, Gott geb’ dir Luft und Raum! Wie gern die luſt’ge Flagge Dir gibt der heit’re Baum; Er iſt kein ſchlimmer Alter, Dem in verdorrter Bruſt Das Herz vor Aerger zittert Ob ſchmucker Jugend Luſt. Doch ſtill, was naht ſich wieder? Ein Huſten kurz und hohl, Es ſchlürft den Anger nieder, Ach Gott, ich kenn’ dich wohl! Es iſt der Buche Zwilling, Mein alter, kranker Freund, Auf deſſen Haupt ſo flammend Die Maienſonne ſcheint. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0055" n="39"/> <lg n="9"> <l> <hi rendition="#aq">„O pescator del onde“</hi> </l><lb/> <l>Es gellt mir dicht am Ohr;</l><lb/> <l>Nun ſteht er an der Buche,</l><lb/> <l>Er hebt den Arm empor.</l><lb/> <l>Verbrämt ſein ſchlichtes Käpplein</l><lb/> <l>Mit Lindenzweiges Zier,</l><lb/> <l>Und pfeifend trägt er weiter</l><lb/> <l>Sein flatterndes Zimier.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Glück auf, mein friſcher Junge,</l><lb/> <l>Gott geb’ dir Luft und Raum!</l><lb/> <l>Wie gern die luſt’ge Flagge</l><lb/> <l>Dir gibt der heit’re Baum;</l><lb/> <l>Er iſt kein ſchlimmer Alter,</l><lb/> <l>Dem in verdorrter Bruſt</l><lb/> <l>Das Herz vor Aerger zittert</l><lb/> <l>Ob ſchmucker Jugend Luſt.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Doch ſtill, was naht ſich wieder?</l><lb/> <l>Ein Huſten kurz und hohl,</l><lb/> <l>Es ſchlürft den Anger nieder,</l><lb/> <l>Ach Gott, ich kenn’ dich wohl!</l><lb/> <l>Es iſt der Buche Zwilling,</l><lb/> <l>Mein alter, kranker Freund,</l><lb/> <l>Auf deſſen Haupt ſo flammend</l><lb/> <l>Die Maienſonne ſcheint.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0055]
„O pescator del onde“
Es gellt mir dicht am Ohr;
Nun ſteht er an der Buche,
Er hebt den Arm empor.
Verbrämt ſein ſchlichtes Käpplein
Mit Lindenzweiges Zier,
Und pfeifend trägt er weiter
Sein flatterndes Zimier.
Glück auf, mein friſcher Junge,
Gott geb’ dir Luft und Raum!
Wie gern die luſt’ge Flagge
Dir gibt der heit’re Baum;
Er iſt kein ſchlimmer Alter,
Dem in verdorrter Bruſt
Das Herz vor Aerger zittert
Ob ſchmucker Jugend Luſt.
Doch ſtill, was naht ſich wieder?
Ein Huſten kurz und hohl,
Es ſchlürft den Anger nieder,
Ach Gott, ich kenn’ dich wohl!
Es iſt der Buche Zwilling,
Mein alter, kranker Freund,
Auf deſſen Haupt ſo flammend
Die Maienſonne ſcheint.
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