Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Da dacht' ich eines Freundes, Deß Locken grau und lind, Ein armes Wrack sein Körper, Und ach, sein Herz ein Kind; Mich dünkt, ich sah ihn neigen Mit Thränen auf ein Grab, Und wieder Blumen streuen In eine Wieg' herab. Da weckten Rinderglocken Mich aus den Phantasey'n; Ein trüber Staubeswirbel Drang durch's Gebüsch herein, Und mit Geschrei und Schelten Riß einen Epheustab Der Treiberknecht vom Baume Und trieb sein Vieh bergab. Mir war, als ob geschädigt Ein frommes Leben sei; Doch horch, was trabt so neckend So drall und knapp herbei? Das Ränzel auf dem Rücken, Barett im blonden Haar, Kommt ein Student gepfiffen, Ein lustiger Scholar. Da dacht’ ich eines Freundes, Deß Locken grau und lind, Ein armes Wrack ſein Körper, Und ach, ſein Herz ein Kind; Mich dünkt, ich ſah ihn neigen Mit Thränen auf ein Grab, Und wieder Blumen ſtreuen In eine Wieg’ herab. Da weckten Rinderglocken Mich aus den Phantaſey’n; Ein trüber Staubeswirbel Drang durch’s Gebüſch herein, Und mit Geſchrei und Schelten Riß einen Epheuſtab Der Treiberknecht vom Baume Und trieb ſein Vieh bergab. Mir war, als ob geſchädigt Ein frommes Leben ſei; Doch horch, was trabt ſo neckend So drall und knapp herbei? Das Ränzel auf dem Rücken, Barett im blonden Haar, Kommt ein Student gepfiffen, Ein luſtiger Scholar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0054" n="38"/> <lg n="6"> <l>Da dacht’ ich eines Freundes,</l><lb/> <l>Deß Locken grau und lind,</l><lb/> <l>Ein armes Wrack ſein Körper,</l><lb/> <l>Und ach, ſein Herz ein Kind;</l><lb/> <l>Mich dünkt, ich ſah ihn neigen</l><lb/> <l>Mit Thränen auf ein Grab,</l><lb/> <l>Und wieder Blumen ſtreuen</l><lb/> <l>In eine Wieg’ herab.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Da weckten Rinderglocken</l><lb/> <l>Mich aus den Phantaſey’n;</l><lb/> <l>Ein trüber Staubeswirbel</l><lb/> <l>Drang durch’s Gebüſch herein,</l><lb/> <l>Und mit Geſchrei und Schelten</l><lb/> <l>Riß einen Epheuſtab</l><lb/> <l>Der Treiberknecht vom Baume</l><lb/> <l>Und trieb ſein Vieh bergab.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Mir war, als ob geſchädigt</l><lb/> <l>Ein frommes Leben ſei;</l><lb/> <l>Doch horch, was trabt ſo neckend</l><lb/> <l>So drall und knapp herbei?</l><lb/> <l>Das Ränzel auf dem Rücken,</l><lb/> <l>Barett im blonden Haar,</l><lb/> <l>Kommt ein Student gepfiffen,</l><lb/> <l>Ein luſtiger Scholar.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0054]
Da dacht’ ich eines Freundes,
Deß Locken grau und lind,
Ein armes Wrack ſein Körper,
Und ach, ſein Herz ein Kind;
Mich dünkt, ich ſah ihn neigen
Mit Thränen auf ein Grab,
Und wieder Blumen ſtreuen
In eine Wieg’ herab.
Da weckten Rinderglocken
Mich aus den Phantaſey’n;
Ein trüber Staubeswirbel
Drang durch’s Gebüſch herein,
Und mit Geſchrei und Schelten
Riß einen Epheuſtab
Der Treiberknecht vom Baume
Und trieb ſein Vieh bergab.
Mir war, als ob geſchädigt
Ein frommes Leben ſei;
Doch horch, was trabt ſo neckend
So drall und knapp herbei?
Das Ränzel auf dem Rücken,
Barett im blonden Haar,
Kommt ein Student gepfiffen,
Ein luſtiger Scholar.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |