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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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Der Frevler zittert, daß die Fessel klirrt;
Als noch der Lohn ihm wässerte den Mund
Ein kecker Fuchs, und jetzt ein feiger Hund,
Würd' er sich doppelten Verraths nicht schämen;
Doch sieht er deutlich, Keiner will ihn nehmen
Den Becher, daß er ihm zur Labe wird;
Zähnknirschend schaut er zum Kaliphen auf,
Die Wimper zuckt, es drängt ein Schrei sich auf,
Und wie im Strauch die kranke Schlange pfeift,
In einem schweren Krampf will er ersticken;
O Allah, wird er sich dem Pfahl entrücken!
Und stürmisch der Kaliph zum Becher greift,
Gießt mit den eignen Händen den Scherbet
Ihm in die Kehle, bis der Krampf vergeht.
Die Farbe kehrt, er athmet schwer und tief,
Das Auge, irr zuerst, dann fest und kühn,
Läßt lange er auf dem Beherrscher glüh'n,
Dann spricht er ernst: "lang lebe der Kaliph!
Was er beschließt, das kommt von Allah's Hand,
Der will es nicht, daß er vom Zorn entflammt
Zum Marterpfahle einen Gast verdammt,
Dem seinen eignen Becher er gesandt."
Da wird Mutassin bleich vor innrer Qual,
Zittern sah ihn sein Hof zum ersten Mal,
Der Frevler zittert, daß die Feſſel klirrt;
Als noch der Lohn ihm wäſſerte den Mund
Ein kecker Fuchs, und jetzt ein feiger Hund,
Würd’ er ſich doppelten Verraths nicht ſchämen;
Doch ſieht er deutlich, Keiner will ihn nehmen
Den Becher, daß er ihm zur Labe wird;
Zähnknirſchend ſchaut er zum Kaliphen auf,
Die Wimper zuckt, es drängt ein Schrei ſich auf,
Und wie im Strauch die kranke Schlange pfeift,
In einem ſchweren Krampf will er erſticken;
O Allah, wird er ſich dem Pfahl entrücken!
Und ſtürmiſch der Kaliph zum Becher greift,
Gießt mit den eignen Händen den Scherbet
Ihm in die Kehle, bis der Krampf vergeht.
Die Farbe kehrt, er athmet ſchwer und tief,
Das Auge, irr zuerſt, dann feſt und kühn,
Läßt lange er auf dem Beherrſcher glüh’n,
Dann ſpricht er ernſt: „lang lebe der Kaliph!
Was er beſchließt, das kommt von Allah’s Hand,
Der will es nicht, daß er vom Zorn entflammt
Zum Marterpfahle einen Gaſt verdammt,
Dem ſeinen eignen Becher er geſandt.“
Da wird Mutaſſin bleich vor innrer Qual,
Zittern ſah ihn ſein Hof zum erſten Mal,
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[70/0086] Der Frevler zittert, daß die Feſſel klirrt; Als noch der Lohn ihm wäſſerte den Mund Ein kecker Fuchs, und jetzt ein feiger Hund, Würd’ er ſich doppelten Verraths nicht ſchämen; Doch ſieht er deutlich, Keiner will ihn nehmen Den Becher, daß er ihm zur Labe wird; Zähnknirſchend ſchaut er zum Kaliphen auf, Die Wimper zuckt, es drängt ein Schrei ſich auf, Und wie im Strauch die kranke Schlange pfeift, In einem ſchweren Krampf will er erſticken; O Allah, wird er ſich dem Pfahl entrücken! Und ſtürmiſch der Kaliph zum Becher greift, Gießt mit den eignen Händen den Scherbet Ihm in die Kehle, bis der Krampf vergeht. Die Farbe kehrt, er athmet ſchwer und tief, Das Auge, irr zuerſt, dann feſt und kühn, Läßt lange er auf dem Beherrſcher glüh’n, Dann ſpricht er ernſt: „lang lebe der Kaliph! Was er beſchließt, das kommt von Allah’s Hand, Der will es nicht, daß er vom Zorn entflammt Zum Marterpfahle einen Gaſt verdammt, Dem ſeinen eignen Becher er geſandt.“ Da wird Mutaſſin bleich vor innrer Qual, Zittern ſah ihn ſein Hof zum erſten Mal,

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/86>, abgerufen am 23.11.2024.