mächtige Gebirge mit starrenden Gletschern empor, machen durch Binnengletscher das innere Land bis auf wenige Pünktchen der Vegetation unzugänglich, und geben zu Besiedelungen auf Moränenwällen, an den eisfreien Fels- zacken, auf niederen Bergen, welche alljährlich ihr Schnee- gewand verlieren und durch ihr Schmelzwasser Sümpfe füllen oder rauschende Bäche bilden, und besonders auf kleineren Oasen von Jahrhunderte alten Humusanhäufun- gen Veranlassung; diese letzteren Standorte fasse ich im Gegensatz zu den Tundren unter dem Namen der Fjord- region einheitlich zusammen.
Die Formationen, die Grenzen der einzelnen Arten und deren biologisches Verhalten in Bezug auf die Sicher- heit der Fruchtreife (-- denn in Spitzbergen reifen nach Nathorst beispielsweise nur 75 Prozent der Flora-Früchte, viele Arten sind bisher ohne Blüten gefunden worden und erhalten sich also rein vegetativ --) richten sich nach den herrschenden Temperaturen, welche überall niedrig und lange anhaltend vegetationsfeindlich sind. Die 0° Jahresisotherme wird nur im südlichen und süd- östlichen Grönland, sowie in ganz Island überschritten und bis auf 2°, bezw. 4°C. erhöht: dies gibt für die genannten Distrikte Veranlassung zum Auftreten der Bir- kenregion und den innigeren Anschluss an die benach- barten Kontinente, indem ein wärmerer Sommer hier folgt.
Unter begünstigter Lage ist durch die anhaltende Insolation auch im hohen Norden das Auftreten trockener Formationen, in denen immergrüne Ericaceen den Hauptplatz einnehmen, ermög- licht. Vergl. das oben, S. 20, von Warming darüber Angeführte. Die Ericaceen sind oben, S. 193, genannt.
Die kältesten Gebiete, in denen gleichwohl die Ve- getation nicht fehlt und z. B. in Grinnellland überraschend üppig, ausreichend zur Ernährung von Moschusochsen- herden gefunden worden ist, haben Jahresmittel unter -- 16°C., und dieselben greifen in Sibirien vom Taimyr- lande aus bis in das nördliche Waldgebiet ein (vergl. oben S. 24--25). Die winterlichen Kältegrade, welche von der Vegetation ertragen werden, sind aus allen Ueber- winterungsberichten im hohen Norden bekannt und er-
1. Arktische Inseln und Eismeerküsten.
mächtige Gebirge mit starrenden Gletschern empor, machen durch Binnengletscher das innere Land bis auf wenige Pünktchen der Vegetation unzugänglich, und geben zu Besiedelungen auf Moränenwällen, an den eisfreien Fels- zacken, auf niederen Bergen, welche alljährlich ihr Schnee- gewand verlieren und durch ihr Schmelzwasser Sümpfe füllen oder rauschende Bäche bilden, und besonders auf kleineren Oasen von Jahrhunderte alten Humusanhäufun- gen Veranlassung; diese letzteren Standorte fasse ich im Gegensatz zu den Tundren unter dem Namen der Fjord- region einheitlich zusammen.
Die Formationen, die Grenzen der einzelnen Arten und deren biologisches Verhalten in Bezug auf die Sicher- heit der Fruchtreife (— denn in Spitzbergen reifen nach Nathorst beispielsweise nur 75 Prozent der Flora-Früchte, viele Arten sind bisher ohne Blüten gefunden worden und erhalten sich also rein vegetativ —) richten sich nach den herrschenden Temperaturen, welche überall niedrig und lange anhaltend vegetationsfeindlich sind. Die 0° Jahresisotherme wird nur im südlichen und süd- östlichen Grönland, sowie in ganz Island überschritten und bis auf 2°, bezw. 4°C. erhöht: dies gibt für die genannten Distrikte Veranlassung zum Auftreten der Bir- kenregion und den innigeren Anschluss an die benach- barten Kontinente, indem ein wärmerer Sommer hier folgt.
Unter begünstigter Lage ist durch die anhaltende Insolation auch im hohen Norden das Auftreten trockener Formationen, in denen immergrüne Ericaceen den Hauptplatz einnehmen, ermög- licht. Vergl. das oben, S. 20, von Warming darüber Angeführte. Die Ericaceen sind oben, S. 193, genannt.
Die kältesten Gebiete, in denen gleichwohl die Ve- getation nicht fehlt und z. B. in Grinnellland überraschend üppig, ausreichend zur Ernährung von Moschusochsen- herden gefunden worden ist, haben Jahresmittel unter — 16°C., und dieselben greifen in Sibirien vom Taimyr- lande aus bis in das nördliche Waldgebiet ein (vergl. oben S. 24—25). Die winterlichen Kältegrade, welche von der Vegetation ertragen werden, sind aus allen Ueber- winterungsberichten im hohen Norden bekannt und er-
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1. Arktische Inseln und Eismeerküsten.
mächtige Gebirge mit starrenden Gletschern empor, machen
durch Binnengletscher das innere Land bis auf wenige
Pünktchen der Vegetation unzugänglich, und geben zu
Besiedelungen auf Moränenwällen, an den eisfreien Fels-
zacken, auf niederen Bergen, welche alljährlich ihr Schnee-
gewand verlieren und durch ihr Schmelzwasser Sümpfe
füllen oder rauschende Bäche bilden, und besonders auf
kleineren Oasen von Jahrhunderte alten Humusanhäufun-
gen Veranlassung; diese letzteren Standorte fasse ich im
Gegensatz zu den Tundren unter dem Namen der Fjord-
region einheitlich zusammen.
Die Formationen, die Grenzen der einzelnen Arten
und deren biologisches Verhalten in Bezug auf die Sicher-
heit der Fruchtreife (— denn in Spitzbergen reifen nach
Nathorst beispielsweise nur 75 Prozent der Flora-Früchte,
viele Arten sind bisher ohne Blüten gefunden worden
und erhalten sich also rein vegetativ —) richten sich
nach den herrschenden Temperaturen, welche überall
niedrig und lange anhaltend vegetationsfeindlich sind.
Die 0° Jahresisotherme wird nur im südlichen und süd-
östlichen Grönland, sowie in ganz Island überschritten
und bis auf 2°, bezw. 4°C. erhöht: dies gibt für die
genannten Distrikte Veranlassung zum Auftreten der Bir-
kenregion und den innigeren Anschluss an die benach-
barten Kontinente, indem ein wärmerer Sommer hier folgt.
Unter begünstigter Lage ist durch die anhaltende Insolation
auch im hohen Norden das Auftreten trockener Formationen, in
denen immergrüne Ericaceen den Hauptplatz einnehmen, ermög-
licht. Vergl. das oben, S. 20, von Warming darüber Angeführte.
Die Ericaceen sind oben, S. 193, genannt.
Die kältesten Gebiete, in denen gleichwohl die Ve-
getation nicht fehlt und z. B. in Grinnellland überraschend
üppig, ausreichend zur Ernährung von Moschusochsen-
herden gefunden worden ist, haben Jahresmittel unter
— 16°C., und dieselben greifen in Sibirien vom Taimyr-
lande aus bis in das nördliche Waldgebiet ein (vergl.
oben S. 24—25). Die winterlichen Kältegrade, welche
von der Vegetation ertragen werden, sind aus allen Ueber-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/382>, abgerufen am 24.11.2024.
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