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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Begünstigung durch Regenmenge.

Diese Ausscheidung von Salzlösung zur Nachtzeit findet jedoch
nur so lange statt, als den Wurzeln genügendes Bodenwasser zur
Verfügung steht, wahrscheinlich infolge relativ starken Wurzel-
drucks. Trotzdem aber findet man zur regenlosen Sommerzeit und
im Herbste und Winter in allen Nächten die Büsche der Reaumuria
oft von Wasser förmlich triefend in völlig dürrer Umgebung, und
dieses Wasser kann nur der Atmosphäre entstammen; die Salz-
massen, welche schon beim Anhauchen leicht zerfliessen, haben
dasselbe hygroskopisch niedergeschlagen. Durch Experimente konnte
nachgewiesen werden, dass die mit Salzlösung überzogenen Blätter
allein sich in der Sonne frisch und grün erhalten, während der
nassen Salzmasse beraubte Blätter verdorren; daraus geht aber
hervor, dass die Pflanze atmosphärischen, durch ihre eigenen Or-
gane, allerdings auf seltenem Wege, kondensierten Wasserdampf
zur Erhaltung ihres Lebens braucht und verwendet, wenn auch nur
während der Periode anhaltender Dürre. -- Gegen die Annahme
einer allgemeinen Gültigkeit dieser Art der Wasserversorgung für
Wüstenpflanzen hat Marloth in den Berichten d. deutsch. botan.
Gesellsch. 1887, S. 319 berechtigte Einwände erhoben.

Es ist natürlich, dass sich dieser Teil der Biologie
mehr mit den Einrichtungen beschäftigt, welche die
Pflanzen trockener Klimate mit spärlicher oder inter-
mittierender Wasserversorgung angehen, als mit den
Lebensvorrichtungen im Wasserüberfluss. Nur die Frage
bleibt zu erörtern, ob die Länder mit den reichsten
Niederschlägen eine ganz besondere Vegetation hervor-
bringen. Es muss dabei allerdings, da doch so häufig
die Rede davon ist, dass diese oder jene Vegetation
durch Wassermangel ausgeschlossen sei von dieser oder
jener Gegend, um zu einem physiologisch klaren Schluss
zu kommen, von den in der Natur vielfach mit sehr
hohen Niederschlägen verbundenen Nebenumständen, wie
Umwölkung und Mangel an Sonnenlicht, Nebelbildungen
u. dergl., abgesehen und die Fragestellung auf das unter
sonst gleichen Umständen im Uebermaß, im normalen
Mittel, oder in kleineren Bruchteilen desselben gebotene
Wasser beschränkt werden. Alsdann ist die Antwort,
wie es scheint, sicher, dass nicht etwa übermässig hohe
Wassermengen im Boden begünstigend wirken, wohl
aber die zu geringfügigen Mengen hindernd. Experi-
mente mit deutschen Kulturpflanzen haben gezeigt,
dass ihre Ernten ziemlich gleich blieben bei Schwan-

Begünstigung durch Regenmenge.

Diese Ausscheidung von Salzlösung zur Nachtzeit findet jedoch
nur so lange statt, als den Wurzeln genügendes Bodenwasser zur
Verfügung steht, wahrscheinlich infolge relativ starken Wurzel-
drucks. Trotzdem aber findet man zur regenlosen Sommerzeit und
im Herbste und Winter in allen Nächten die Büsche der Reaumuria
oft von Wasser förmlich triefend in völlig dürrer Umgebung, und
dieses Wasser kann nur der Atmosphäre entstammen; die Salz-
massen, welche schon beim Anhauchen leicht zerfliessen, haben
dasselbe hygroskopisch niedergeschlagen. Durch Experimente konnte
nachgewiesen werden, dass die mit Salzlösung überzogenen Blätter
allein sich in der Sonne frisch und grün erhalten, während der
nassen Salzmasse beraubte Blätter verdorren; daraus geht aber
hervor, dass die Pflanze atmosphärischen, durch ihre eigenen Or-
gane, allerdings auf seltenem Wege, kondensierten Wasserdampf
zur Erhaltung ihres Lebens braucht und verwendet, wenn auch nur
während der Periode anhaltender Dürre. — Gegen die Annahme
einer allgemeinen Gültigkeit dieser Art der Wasserversorgung für
Wüstenpflanzen hat Marloth in den Berichten d. deutsch. botan.
Gesellsch. 1887, S. 319 berechtigte Einwände erhoben.

Es ist natürlich, dass sich dieser Teil der Biologie
mehr mit den Einrichtungen beschäftigt, welche die
Pflanzen trockener Klimate mit spärlicher oder inter-
mittierender Wasserversorgung angehen, als mit den
Lebensvorrichtungen im Wasserüberfluss. Nur die Frage
bleibt zu erörtern, ob die Länder mit den reichsten
Niederschlägen eine ganz besondere Vegetation hervor-
bringen. Es muss dabei allerdings, da doch so häufig
die Rede davon ist, dass diese oder jene Vegetation
durch Wassermangel ausgeschlossen sei von dieser oder
jener Gegend, um zu einem physiologisch klaren Schluss
zu kommen, von den in der Natur vielfach mit sehr
hohen Niederschlägen verbundenen Nebenumständen, wie
Umwölkung und Mangel an Sonnenlicht, Nebelbildungen
u. dergl., abgesehen und die Fragestellung auf das unter
sonst gleichen Umständen im Uebermaß, im normalen
Mittel, oder in kleineren Bruchteilen desselben gebotene
Wasser beschränkt werden. Alsdann ist die Antwort,
wie es scheint, sicher, dass nicht etwa übermässig hohe
Wassermengen im Boden begünstigend wirken, wohl
aber die zu geringfügigen Mengen hindernd. Experi-
mente mit deutschen Kulturpflanzen haben gezeigt,
dass ihre Ernten ziemlich gleich blieben bei Schwan-

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[31/0053] Begünstigung durch Regenmenge. Diese Ausscheidung von Salzlösung zur Nachtzeit findet jedoch nur so lange statt, als den Wurzeln genügendes Bodenwasser zur Verfügung steht, wahrscheinlich infolge relativ starken Wurzel- drucks. Trotzdem aber findet man zur regenlosen Sommerzeit und im Herbste und Winter in allen Nächten die Büsche der Reaumuria oft von Wasser förmlich triefend in völlig dürrer Umgebung, und dieses Wasser kann nur der Atmosphäre entstammen; die Salz- massen, welche schon beim Anhauchen leicht zerfliessen, haben dasselbe hygroskopisch niedergeschlagen. Durch Experimente konnte nachgewiesen werden, dass die mit Salzlösung überzogenen Blätter allein sich in der Sonne frisch und grün erhalten, während der nassen Salzmasse beraubte Blätter verdorren; daraus geht aber hervor, dass die Pflanze atmosphärischen, durch ihre eigenen Or- gane, allerdings auf seltenem Wege, kondensierten Wasserdampf zur Erhaltung ihres Lebens braucht und verwendet, wenn auch nur während der Periode anhaltender Dürre. — Gegen die Annahme einer allgemeinen Gültigkeit dieser Art der Wasserversorgung für Wüstenpflanzen hat Marloth in den Berichten d. deutsch. botan. Gesellsch. 1887, S. 319 berechtigte Einwände erhoben. Es ist natürlich, dass sich dieser Teil der Biologie mehr mit den Einrichtungen beschäftigt, welche die Pflanzen trockener Klimate mit spärlicher oder inter- mittierender Wasserversorgung angehen, als mit den Lebensvorrichtungen im Wasserüberfluss. Nur die Frage bleibt zu erörtern, ob die Länder mit den reichsten Niederschlägen eine ganz besondere Vegetation hervor- bringen. Es muss dabei allerdings, da doch so häufig die Rede davon ist, dass diese oder jene Vegetation durch Wassermangel ausgeschlossen sei von dieser oder jener Gegend, um zu einem physiologisch klaren Schluss zu kommen, von den in der Natur vielfach mit sehr hohen Niederschlägen verbundenen Nebenumständen, wie Umwölkung und Mangel an Sonnenlicht, Nebelbildungen u. dergl., abgesehen und die Fragestellung auf das unter sonst gleichen Umständen im Uebermaß, im normalen Mittel, oder in kleineren Bruchteilen desselben gebotene Wasser beschränkt werden. Alsdann ist die Antwort, wie es scheint, sicher, dass nicht etwa übermässig hohe Wassermengen im Boden begünstigend wirken, wohl aber die zu geringfügigen Mengen hindernd. Experi- mente mit deutschen Kulturpflanzen haben gezeigt, dass ihre Ernten ziemlich gleich blieben bei Schwan-

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/53>, abgerufen am 19.05.2024.