Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.machen. Der Morallehrer kann nichts Anderes, als den Ausgezeichnet zergliedert Salter die moralische Hand- *) p. 81. 6*
machen. Der Morallehrer kann nichts Anderes, als den Ausgezeichnet zergliedert Salter die moraliſche Hand- *) p. 81. 6*
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machen. Der Morallehrer kann nichts Anderes, als den
Menſchen anſpornen und ihn hoffen laſſen, daß er vervoll-
kommnungsſähig, wenn er in ſich geht. Ein gewiſſer Mangel
an geſundem Realismus, an einer gerechten Schätzung der
Wirklichkeit und an Einſicht, daß das Mögliche nicht ſchon
ein Gewiſſes iſt, kennzeichnet das ſonſt ſo treffliche und er-
hebende Werk des Morallehrers von Chicago. Das Ziel
der Moral ſieht Salter in der allgemeinen Glückſeligkeit,
eine Auffaſſung, die wir ſchon früher als irrig zurückgewieſen
haben. — Salter iſt darin wieder Kantianer, daß er an der
Freiheit des Willens, worunter er offenbar nur die intelli-
gible Freiheit verſtehen kann, feſthält.
Ausgezeichnet zergliedert Salter die moraliſche Hand-
lung, indem er folgende Momente hervorhebt: eine moraliſche
Handlung muß unſere eigene Handlung ſein; es müſſen
die guten Reſultate in ihr beabſichtigt ſein; ſie muß frei-
willig vollzogen werden; ihr darf kein Motiv des Selbſt-
intereſſes zu Grunde liegen, ſie muß aus Grundſatz geſchehen.
Jndem er das Reſultat ſeiner Analyſe zuſammenfaßt, ſagt
er *): „Es iſt alſo nichts Leichtes, nichts Kleines, nichts Ge-
ringfügiges, eine moraliſche Handlung zu vollbringen. Die
Würde des Menſchen liegt in ſeiner Fähigkeit zu ſolchem
Handeln, liegt darin, daß er der Menge nicht zu folgen
braucht, daß ſeine Gedanken ihn beſtimmen können, daß er
frei das Gute wollen, daß er im Thun des Guten ſelbſtlos
ſein kann, daß er all ſeine ſchweifenden Begierden und Triebe
gefangen nehmen und ſein Leben den reinen Himmel der
Grundſätze widerſpiegeln laſſen kann. Das würde heißen,
ſcheint mir, ein Menſch ſein. Das würde heißen, über
Sorgen erhaben ſein, nicht mehr Sklave der Furcht oder
Hoffnung ſein, die einzige Hoffnung könnte nur die ſein, das
*) p. 81.
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