Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.der Materie erschliesst. Wenn uns also die Astronomie einen Es sei hier nur beispielsweise darauf hingewiesen, dass in der Materie erschliesst. Wenn uns also die Astronomie einen Es sei hier nur beispielsweise darauf hingewiesen, dass in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0105" n="96"/> der Materie erschliesst. Wenn uns also die Astronomie einen<lb/> Ueberblick über die Verhältnisse der grossen Massen gewährt<lb/> und uns in die Verfassung des Weltbaues einführt, so dringt die<lb/> Chemie bis zu denjenigen Regungen der Materie vor, bei denen<lb/> das eigentliche Leben beginnt. Es ist daher auch die organische<lb/> Chemie, d. h. die Chemie der Kohlenstoffverbindungen, welche<lb/> seit einem halben Jahrhundert sich zur höheren und interes-<lb/> santeren Stufe der Chemie entwickelt hat. Sie hat nicht un-<lb/> mittelbar mit den Organismen zu thun, sondern mit einem Reich<lb/> von Verbindungen der Atome, wie sie überwiegend durch Kunst<lb/> dargestellt, übrigens aber fast ausschliesslich in den Organismen<lb/> angetroffen werden; aber eben um ihrer freien Combinationen<lb/> willen, die sie selbst auffindet und in denen sie gar nicht nach<lb/> den Organismen fragt, erhebt sie sich sowohl theoretisch als<lb/> praktisch zur gegenwärtig folgereichsten und aussichtsvollsten der<lb/> modernen Wissenschaften.</p><lb/> <p>Es sei hier nur beispielsweise darauf hingewiesen, dass in<lb/> den mittleren Jahrzehnten unseres Jahrhunderts von der organi-<lb/> schen Chemie vier Erfindungen ausgegangen sind, die man prak-<lb/> tisch als ihre epochemachendsten Leistungen ansehen kann. Es<lb/> sind dies die Herstellung und der praktische Gebrauch des<lb/> Chloroforms, des Chloralhydrats, des Nitroglycerins und der<lb/> Sprengbaumwolle. Zwei Mittel zur Mässigung oder Aufhebung<lb/> des Empfindens und Schmerzgefühls, einschläfernde Mittel, wenn<lb/> man sie so nennen will, auf der einen Seite, und zwei gewaltige<lb/> Kraft- und Sprengmittel auf der andern Seite von einer nicht<lb/> blos die Technik aufrüttelnden Tragweite, – das sind Ergeb-<lb/> nisse, deretwegen die Menschheit allein schon Ursache hätte, die<lb/> zunächst blos wissensschaffende Gedankenkraft nicht gar so ohn-<lb/> mächtig zu wähnen. Die Sprengbaumwolle ist die ältere Er-<lb/> findung; in der Aufzählung bin ich aber der chemischen Rang-<lb/> ordnung gefolgt, zumal die drei ersten Stoffe sich auch rein<lb/> theoretisch zur Erläuterung der neuern Lehre von der Atomver-<lb/> kettung gut eignen. Soweit der Gedanke der Atomverkettung<lb/> nichts weiter einschliesst , als was ihm entsprechend die Er-<lb/> fahrungsthatsachen wirklich repräsentiren, ist er dasjenige Princip,<lb/> durch welches im Bereich auch der complicirteren Verbindungen<lb/> Licht geschafft wird und der Anfang gleichsam zu einer höheren<lb/> Chemie, d. h. zu etwas gemacht ist, was sich zur sonstigen Chemie<lb/> in seiner Weise ähnlich verhält, wie die Mathematik mit Diffe-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0105]
der Materie erschliesst. Wenn uns also die Astronomie einen
Ueberblick über die Verhältnisse der grossen Massen gewährt
und uns in die Verfassung des Weltbaues einführt, so dringt die
Chemie bis zu denjenigen Regungen der Materie vor, bei denen
das eigentliche Leben beginnt. Es ist daher auch die organische
Chemie, d. h. die Chemie der Kohlenstoffverbindungen, welche
seit einem halben Jahrhundert sich zur höheren und interes-
santeren Stufe der Chemie entwickelt hat. Sie hat nicht un-
mittelbar mit den Organismen zu thun, sondern mit einem Reich
von Verbindungen der Atome, wie sie überwiegend durch Kunst
dargestellt, übrigens aber fast ausschliesslich in den Organismen
angetroffen werden; aber eben um ihrer freien Combinationen
willen, die sie selbst auffindet und in denen sie gar nicht nach
den Organismen fragt, erhebt sie sich sowohl theoretisch als
praktisch zur gegenwärtig folgereichsten und aussichtsvollsten der
modernen Wissenschaften.
Es sei hier nur beispielsweise darauf hingewiesen, dass in
den mittleren Jahrzehnten unseres Jahrhunderts von der organi-
schen Chemie vier Erfindungen ausgegangen sind, die man prak-
tisch als ihre epochemachendsten Leistungen ansehen kann. Es
sind dies die Herstellung und der praktische Gebrauch des
Chloroforms, des Chloralhydrats, des Nitroglycerins und der
Sprengbaumwolle. Zwei Mittel zur Mässigung oder Aufhebung
des Empfindens und Schmerzgefühls, einschläfernde Mittel, wenn
man sie so nennen will, auf der einen Seite, und zwei gewaltige
Kraft- und Sprengmittel auf der andern Seite von einer nicht
blos die Technik aufrüttelnden Tragweite, – das sind Ergeb-
nisse, deretwegen die Menschheit allein schon Ursache hätte, die
zunächst blos wissensschaffende Gedankenkraft nicht gar so ohn-
mächtig zu wähnen. Die Sprengbaumwolle ist die ältere Er-
findung; in der Aufzählung bin ich aber der chemischen Rang-
ordnung gefolgt, zumal die drei ersten Stoffe sich auch rein
theoretisch zur Erläuterung der neuern Lehre von der Atomver-
kettung gut eignen. Soweit der Gedanke der Atomverkettung
nichts weiter einschliesst , als was ihm entsprechend die Er-
fahrungsthatsachen wirklich repräsentiren, ist er dasjenige Princip,
durch welches im Bereich auch der complicirteren Verbindungen
Licht geschafft wird und der Anfang gleichsam zu einer höheren
Chemie, d. h. zu etwas gemacht ist, was sich zur sonstigen Chemie
in seiner Weise ähnlich verhält, wie die Mathematik mit Diffe-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Internet Archive: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |