Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.dass sich das Wissen wesentlich durch Bücher aneignen lasse, Mit dem Wege zur gesammten Selbstausbildung wäre es übel Fehlt es nun aber in der einen Hinsicht vielfach an echtem dass sich das Wissen wesentlich durch Bücher aneignen lasse, Mit dem Wege zur gesammten Selbstausbildung wäre es übel Fehlt es nun aber in der einen Hinsicht vielfach an echtem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="98"/> dass sich das Wissen wesentlich durch Bücher aneignen lasse,<lb/> bleibt daher für alle Lehrstoffe bestehen, und nur für die aus-<lb/> übenden Kunstfertigkeiten gesellt sich noch die andere Noth-<lb/> wendigkeit hinzu, die jedesmal erforderlichen Fähigkeiten durch<lb/> unmittelbare Thätigkeit an den Dingen besonders auszubilden.<lb/> Eigne Erfahrung und Erprobung wird aber auch hier das För-<lb/> derndste werden, und persönliches Lehrerthum sowie Anstalts-<lb/> zurüstungen werden wenig helfen, wenn dabei vornehmlich von<lb/> blossem Zusehen gelernt werden soll.</p><lb/> <p>Mit dem Wege zur gesammten Selbstausbildung wäre es übel<lb/> bestellt, wenn er nicht zum höchsten Maass innerer Freiheit und<lb/> äusserer Wirkungsfähigkeit führen könnte. Hiezu ist aber die<lb/> Kenntniss der menschlichen Beschaffenheiten und Verhältnisse un-<lb/> mittelbar noch nöthiger als die der Natur. Es wird also die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Wissenschaft und Lehre vom Menschen,</hi></hi><lb/> soweit sie nur wirklich etwas Echtes weiss und zu lehren hat, in<lb/> der Berücksichtigung den ersten Rang in Anspruch zu nehmen<lb/> haben. Wenn gegenwärtig die Theilnahme dafür noch etwas<lb/> zurücksteht, so liegt dies daran, dass grade dieses Gebiet mit den<lb/> schlechtesten Ueberlieferungen versetzt ist, das meiste unnütze<lb/> Gerölle conservirt und dem öffentlichen Betruge am widerstands-<lb/> losesten preisgegeben ist. Auch muss hier die Theilnahme eine<lb/> doppelte Richtung haben; erstens geht sie auf das Wissen von<lb/> dem, was ist oder war, und zweitens geht sie auf eine Lehre<lb/> von dem, was fernerhin gut ist und ausgeführt werden soll.<lb/> Solche Lehre ist in diesem Sinne offenbar mehr als blosse Wissen-<lb/> schaft; sie betrifft das Streben des Einzelmenschen und der Ge-<lb/> sammtheit, sowie gleichsam die Zukunftsverbindlichkeiten. Frei-<lb/> heit und Leben der Einzelnen und der Völker, und zwar glück-<lb/> liches Leben, – das sind die hier maassgebenden Gesichtspunkte.</p><lb/> <p>Fehlt es nun aber in der einen Hinsicht vielfach an echtem<lb/> Wissen, so steht diesem Mangel in der andern Hinsicht ein selbst-<lb/> ständiges Deficit an echtem Streben gegenüber, und selbst wo<lb/> wirkliche Energie hervorbricht, geräth sie nur allzu oft gar wüst<lb/> und chaotisch. Letzteres Fehlgreifen rührt durchaus nicht immer<lb/> vom Mangel eigentlicher Wissenschaft, sondern oft genug von<lb/> verderbten Antrieben, von desorientirten Gemüthskräften und<lb/> von abseits gerathenen Kraftgefühlen her. Freilich ist Derartiges<lb/> besser, als was sich auf der entgegengesetzten Seite an Wurm-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0107]
dass sich das Wissen wesentlich durch Bücher aneignen lasse,
bleibt daher für alle Lehrstoffe bestehen, und nur für die aus-
übenden Kunstfertigkeiten gesellt sich noch die andere Noth-
wendigkeit hinzu, die jedesmal erforderlichen Fähigkeiten durch
unmittelbare Thätigkeit an den Dingen besonders auszubilden.
Eigne Erfahrung und Erprobung wird aber auch hier das För-
derndste werden, und persönliches Lehrerthum sowie Anstalts-
zurüstungen werden wenig helfen, wenn dabei vornehmlich von
blossem Zusehen gelernt werden soll.
Mit dem Wege zur gesammten Selbstausbildung wäre es übel
bestellt, wenn er nicht zum höchsten Maass innerer Freiheit und
äusserer Wirkungsfähigkeit führen könnte. Hiezu ist aber die
Kenntniss der menschlichen Beschaffenheiten und Verhältnisse un-
mittelbar noch nöthiger als die der Natur. Es wird also die
Wissenschaft und Lehre vom Menschen,
soweit sie nur wirklich etwas Echtes weiss und zu lehren hat, in
der Berücksichtigung den ersten Rang in Anspruch zu nehmen
haben. Wenn gegenwärtig die Theilnahme dafür noch etwas
zurücksteht, so liegt dies daran, dass grade dieses Gebiet mit den
schlechtesten Ueberlieferungen versetzt ist, das meiste unnütze
Gerölle conservirt und dem öffentlichen Betruge am widerstands-
losesten preisgegeben ist. Auch muss hier die Theilnahme eine
doppelte Richtung haben; erstens geht sie auf das Wissen von
dem, was ist oder war, und zweitens geht sie auf eine Lehre
von dem, was fernerhin gut ist und ausgeführt werden soll.
Solche Lehre ist in diesem Sinne offenbar mehr als blosse Wissen-
schaft; sie betrifft das Streben des Einzelmenschen und der Ge-
sammtheit, sowie gleichsam die Zukunftsverbindlichkeiten. Frei-
heit und Leben der Einzelnen und der Völker, und zwar glück-
liches Leben, – das sind die hier maassgebenden Gesichtspunkte.
Fehlt es nun aber in der einen Hinsicht vielfach an echtem
Wissen, so steht diesem Mangel in der andern Hinsicht ein selbst-
ständiges Deficit an echtem Streben gegenüber, und selbst wo
wirkliche Energie hervorbricht, geräth sie nur allzu oft gar wüst
und chaotisch. Letzteres Fehlgreifen rührt durchaus nicht immer
vom Mangel eigentlicher Wissenschaft, sondern oft genug von
verderbten Antrieben, von desorientirten Gemüthskräften und
von abseits gerathenen Kraftgefühlen her. Freilich ist Derartiges
besser, als was sich auf der entgegengesetzten Seite an Wurm-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Internet Archive: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |