Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Männer wie Wattenbach, Laass, Erdmannsdörfer etc. Eine grosse
Schaar Ihren geistvollen Vorträgen aufmerksam lauschender Zu-
hörerinnen zollt Ihnen Verehrung und Dankbarkeit ob der grossen
durch Sie empfangenen Anregungen. In dem nächsten Prospectus
wird Ihres Wirkens eben so ehrenvoll gedacht werden, wie das
bei dem Scheiden hervorragender Lehrkräfte aus dem Victoria-
Lyceum daselbst Gepflogenheit ist. Um der Wahrheit die Ehre
zu geben, muss ich noch eines erwähnen. Fräulein Jenny Hirsch
gehört zu Ihren Verehrerinnen und spricht mit Begeisterung von
ihren Vorlesungen. Ein für den nächsten Winter von dieser
Dame geplanter Vorsatz wird dies bestätigen.

Mit diesen Zeilen wünsche und hoffe ich jede Verletzung
beseitigt zu haben und bin mit vorzüglicher Hochachtung Ihre
ganz ergebene Archer."

Man vergleiche den Inhalt dieses Briefes mit dem ersten
Abschiedsschreiben, und man wird über die Fortschritte staunen,
die ich in der Werthschätzung Miss Archers und ihrer Rathgeber
gemacht hatte; aber der Vertuschungsantrag war doch an die
falsche Adresse gerichtet. Ich sah im letzten Prospect nach, was
über das Ausscheiden des Professor Wattenbach gesagt war. Es
hiess dort: "Wir haben zu unserm lebhaftesten Bedauern mitzu-
theilen, dass Herr Professor Dr. Wattenbach wegen überhäufter
wissenschaftlicher Arbeiten diesen Winter seine Vorlesungen am
Victoria-Lyceum zu halten behindert ist; wir hoffen indess, dass
dieser ausgezeichnete Gelehrte und anregende Lehrer in nicht
allzuferner Zeit wieder thätig wirksam dem Lyceum zur Seite
stehen wird." Mir ging ein Licht auf; ich wusste nun ungefähr,
wie ich vor der Oeffentlichkeit von dem Lyceum ehrenvoll ver-
schwinden sollte. Auf dieses Angebinde von Ehre, die nicht nach
meinem Geschmack ist und sich wahrlich mit der auf Unterrichts-
instituten doch wohl noch erforderlichen moralischen Haltung
schlecht verträgt, verzichtete ich in folgender Antwort:

"19. Mai 1876. Geehrte Miss Archer! Der in Ihrem Letzten
in Vergleichung gestellte Fall des Abgangs früherer Lehrer des
Lyceums trifft bei mir nicht zu. Einige gingen nach ausserhalb,
andere hatten sich abgenutzt oder ermangelten von vornherein
der Zuhörerinnen. Der Grund bei mir ist allem Anschein nach
eine Intrigue. Ich habe, wie Sie Sich erinnern werden, bei
unserer ersten Unterredung den Bedenken bezüglich der im Vor-
stande befindlichen Professoren und des jüdischen Elements darin

Männer wie Wattenbach, Laass, Erdmannsdörfer etc. Eine grosse
Schaar Ihren geistvollen Vorträgen aufmerksam lauschender Zu-
hörerinnen zollt Ihnen Verehrung und Dankbarkeit ob der grossen
durch Sie empfangenen Anregungen. In dem nächsten Prospectus
wird Ihres Wirkens eben so ehrenvoll gedacht werden, wie das
bei dem Scheiden hervorragender Lehrkräfte aus dem Victoria-
Lyceum daselbst Gepflogenheit ist. Um der Wahrheit die Ehre
zu geben, muss ich noch eines erwähnen. Fräulein Jenny Hirsch
gehört zu Ihren Verehrerinnen und spricht mit Begeisterung von
ihren Vorlesungen. Ein für den nächsten Winter von dieser
Dame geplanter Vorsatz wird dies bestätigen.

Mit diesen Zeilen wünsche und hoffe ich jede Verletzung
beseitigt zu haben und bin mit vorzüglicher Hochachtung Ihre
ganz ergebene Archer.“

Man vergleiche den Inhalt dieses Briefes mit dem ersten
Abschiedsschreiben, und man wird über die Fortschritte staunen,
die ich in der Werthschätzung Miss Archers und ihrer Rathgeber
gemacht hatte; aber der Vertuschungsantrag war doch an die
falsche Adresse gerichtet. Ich sah im letzten Prospect nach, was
über das Ausscheiden des Professor Wattenbach gesagt war. Es
hiess dort: „Wir haben zu unserm lebhaftesten Bedauern mitzu-
theilen, dass Herr Professor Dr. Wattenbach wegen überhäufter
wissenschaftlicher Arbeiten diesen Winter seine Vorlesungen am
Victoria-Lyceum zu halten behindert ist; wir hoffen indess, dass
dieser ausgezeichnete Gelehrte und anregende Lehrer in nicht
allzuferner Zeit wieder thätig wirksam dem Lyceum zur Seite
stehen wird.“ Mir ging ein Licht auf; ich wusste nun ungefähr,
wie ich vor der Oeffentlichkeit von dem Lyceum ehrenvoll ver-
schwinden sollte. Auf dieses Angebinde von Ehre, die nicht nach
meinem Geschmack ist und sich wahrlich mit der auf Unterrichts-
instituten doch wohl noch erforderlichen moralischen Haltung
schlecht verträgt, verzichtete ich in folgender Antwort:

„19. Mai 1876. Geehrte Miss Archer! Der in Ihrem Letzten
in Vergleichung gestellte Fall des Abgangs früherer Lehrer des
Lyceums trifft bei mir nicht zu. Einige gingen nach ausserhalb,
andere hatten sich abgenutzt oder ermangelten von vornherein
der Zuhörerinnen. Der Grund bei mir ist allem Anschein nach
eine Intrigue. Ich habe, wie Sie Sich erinnern werden, bei
unserer ersten Unterredung den Bedenken bezüglich der im Vor-
stande befindlichen Professoren und des jüdischen Elements darin

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="73"/>
Männer wie Wattenbach, Laass, Erdmannsdörfer etc. Eine grosse<lb/>
Schaar Ihren geistvollen Vorträgen aufmerksam lauschender Zu-<lb/>
hörerinnen zollt Ihnen Verehrung und Dankbarkeit ob der grossen<lb/>
durch Sie empfangenen Anregungen. In dem nächsten Prospectus<lb/>
wird Ihres Wirkens eben so ehrenvoll gedacht werden, wie das<lb/>
bei dem Scheiden hervorragender Lehrkräfte aus dem Victoria-<lb/>
Lyceum daselbst Gepflogenheit ist. Um der Wahrheit die Ehre<lb/>
zu geben, muss ich noch eines erwähnen. Fräulein Jenny Hirsch<lb/>
gehört zu Ihren Verehrerinnen und spricht mit Begeisterung von<lb/>
ihren Vorlesungen. Ein für den nächsten Winter von dieser<lb/>
Dame geplanter Vorsatz wird dies bestätigen.</p><lb/>
        <p>Mit diesen Zeilen wünsche und hoffe ich jede Verletzung<lb/>
beseitigt zu haben und bin mit vorzüglicher Hochachtung Ihre<lb/>
ganz ergebene Archer.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Man vergleiche den Inhalt dieses Briefes mit dem ersten<lb/>
Abschiedsschreiben, und man wird über die Fortschritte staunen,<lb/>
die ich in der Werthschätzung Miss Archers und ihrer Rathgeber<lb/>
gemacht hatte; aber der Vertuschungsantrag war doch an die<lb/>
falsche Adresse gerichtet. Ich sah im letzten Prospect nach, was<lb/>
über das Ausscheiden des Professor Wattenbach gesagt war. Es<lb/>
hiess dort: &#x201E;Wir haben zu unserm lebhaftesten Bedauern mitzu-<lb/>
theilen, dass Herr Professor Dr. Wattenbach wegen überhäufter<lb/>
wissenschaftlicher Arbeiten diesen Winter seine Vorlesungen am<lb/>
Victoria-Lyceum zu halten behindert ist; wir hoffen indess, dass<lb/>
dieser ausgezeichnete Gelehrte und anregende Lehrer in nicht<lb/>
allzuferner Zeit wieder thätig wirksam dem Lyceum zur Seite<lb/>
stehen wird.&#x201C; Mir ging ein Licht auf; ich wusste nun ungefähr,<lb/>
wie ich vor der Oeffentlichkeit von dem Lyceum ehrenvoll ver-<lb/>
schwinden sollte. Auf dieses Angebinde von Ehre, die nicht nach<lb/>
meinem Geschmack ist und sich wahrlich mit der auf Unterrichts-<lb/>
instituten doch wohl noch erforderlichen moralischen Haltung<lb/>
schlecht verträgt, verzichtete ich in folgender Antwort:</p><lb/>
        <p>&#x201E;19. Mai 1876. Geehrte Miss Archer! Der in Ihrem Letzten<lb/>
in Vergleichung gestellte Fall des Abgangs früherer Lehrer des<lb/>
Lyceums trifft bei mir nicht zu. Einige gingen nach ausserhalb,<lb/>
andere hatten sich abgenutzt oder ermangelten von vornherein<lb/>
der Zuhörerinnen. Der Grund bei mir ist allem Anschein nach<lb/>
eine Intrigue. Ich habe, wie Sie Sich erinnern werden, bei<lb/>
unserer ersten Unterredung den Bedenken bezüglich der im Vor-<lb/>
stande befindlichen Professoren und des jüdischen Elements darin<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0082] Männer wie Wattenbach, Laass, Erdmannsdörfer etc. Eine grosse Schaar Ihren geistvollen Vorträgen aufmerksam lauschender Zu- hörerinnen zollt Ihnen Verehrung und Dankbarkeit ob der grossen durch Sie empfangenen Anregungen. In dem nächsten Prospectus wird Ihres Wirkens eben so ehrenvoll gedacht werden, wie das bei dem Scheiden hervorragender Lehrkräfte aus dem Victoria- Lyceum daselbst Gepflogenheit ist. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss ich noch eines erwähnen. Fräulein Jenny Hirsch gehört zu Ihren Verehrerinnen und spricht mit Begeisterung von ihren Vorlesungen. Ein für den nächsten Winter von dieser Dame geplanter Vorsatz wird dies bestätigen. Mit diesen Zeilen wünsche und hoffe ich jede Verletzung beseitigt zu haben und bin mit vorzüglicher Hochachtung Ihre ganz ergebene Archer.“ Man vergleiche den Inhalt dieses Briefes mit dem ersten Abschiedsschreiben, und man wird über die Fortschritte staunen, die ich in der Werthschätzung Miss Archers und ihrer Rathgeber gemacht hatte; aber der Vertuschungsantrag war doch an die falsche Adresse gerichtet. Ich sah im letzten Prospect nach, was über das Ausscheiden des Professor Wattenbach gesagt war. Es hiess dort: „Wir haben zu unserm lebhaftesten Bedauern mitzu- theilen, dass Herr Professor Dr. Wattenbach wegen überhäufter wissenschaftlicher Arbeiten diesen Winter seine Vorlesungen am Victoria-Lyceum zu halten behindert ist; wir hoffen indess, dass dieser ausgezeichnete Gelehrte und anregende Lehrer in nicht allzuferner Zeit wieder thätig wirksam dem Lyceum zur Seite stehen wird.“ Mir ging ein Licht auf; ich wusste nun ungefähr, wie ich vor der Oeffentlichkeit von dem Lyceum ehrenvoll ver- schwinden sollte. Auf dieses Angebinde von Ehre, die nicht nach meinem Geschmack ist und sich wahrlich mit der auf Unterrichts- instituten doch wohl noch erforderlichen moralischen Haltung schlecht verträgt, verzichtete ich in folgender Antwort: „19. Mai 1876. Geehrte Miss Archer! Der in Ihrem Letzten in Vergleichung gestellte Fall des Abgangs früherer Lehrer des Lyceums trifft bei mir nicht zu. Einige gingen nach ausserhalb, andere hatten sich abgenutzt oder ermangelten von vornherein der Zuhörerinnen. Der Grund bei mir ist allem Anschein nach eine Intrigue. Ich habe, wie Sie Sich erinnern werden, bei unserer ersten Unterredung den Bedenken bezüglich der im Vor- stande befindlichen Professoren und des jüdischen Elements darin

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-13T16:46:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-06-13T16:46:57Z)
Internet Archive: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-06-13T16:46:57Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Druckfehler: ignoriert
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • i/j nach Lautwert: Lautwert transkribiert
  • I/J nach Lautwert: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/82
Zitationshilfe: Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/82>, abgerufen am 29.04.2024.