Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die künstlichen Fliegen. Wie sie die Theile dran, so schön zusammen legen.Am Rüssel ist zu sehn fast eine Messerspiz, Die einer Fliege sehr bei ihrer Speise nüz, Damit zerschneidet sie als wie mit einem Schwerdte, Die Speise die sie nimmt, der Krümgens dürre Härte. Wenn sie den Rüssel drauf, mit Macht zusammen drükt; So ist er Lippen gleich, zur Fassung sehr geschikt: Die Fliege saugt damit auch wie mit einer Röhre, Die flüßge Lufft in sich. Wie wird nun nicht die Ehre, Des weisen Schöpfers auch durch dieses Thier ver- mehrt, Wenn man mit Andacht drauf achtsam die Au- gen kehrt? Jhr Menschen! lernet doch, daß nicht die kleinen Dinge, Nach unsre Einbildung, verächtlich und geringe. Die Wunder der Natur die heslich, sind auch schön, Wenn wir sie nur mit Lust zu GOttes Ruhm be- sehn, Die Fliege die man scheucht, die uns im Sommer plaget, Die unsre Haut zersticht, und sich an uns auch wa- get, Jst eine Kreatur, die nicht von selbst entsteht, Drum wird der Höchste auch, dadurch von uns er- höht. Die Mannigfaltigkeit der vielen Kreaturen, Die zeiget uns ganz klar des Schöpfers weise Spu- ren. Die Fliege lehret uns, daß GOtt im Kleinen gros, So weise er gemacht ein starkes trabend Roß; So weise ist gewis die Fliege auch gebildet, Und
Die kuͤnſtlichen Fliegen. Wie ſie die Theile dran, ſo ſchoͤn zuſammen legen.Am Ruͤſſel iſt zu ſehn faſt eine Meſſerſpiz, Die einer Fliege ſehr bei ihrer Speiſe nuͤz, Damit zerſchneidet ſie als wie mit einem Schwerdte, Die Speiſe die ſie nimmt, der Kruͤmgens duͤrre Haͤrte. Wenn ſie den Ruͤſſel drauf, mit Macht zuſammen druͤkt; So iſt er Lippen gleich, zur Faſſung ſehr geſchikt: Die Fliege ſaugt damit auch wie mit einer Roͤhre, Die fluͤßge Lufft in ſich. Wie wird nun nicht die Ehre, Des weiſen Schoͤpfers auch durch dieſes Thier ver- mehrt, Wenn man mit Andacht drauf achtſam die Au- gen kehrt? Jhr Menſchen! lernet doch, daß nicht die kleinen Dinge, Nach unſre Einbildung, veraͤchtlich und geringe. Die Wunder der Natur die heslich, ſind auch ſchoͤn, Wenn wir ſie nur mit Luſt zu GOttes Ruhm be- ſehn, Die Fliege die man ſcheucht, die uns im Sommer plaget, Die unſre Haut zerſticht, und ſich an uns auch wa- get, Jſt eine Kreatur, die nicht von ſelbſt entſteht, Drum wird der Hoͤchſte auch, dadurch von uns er- hoͤht. Die Mannigfaltigkeit der vielen Kreaturen, Die zeiget uns ganz klar des Schoͤpfers weiſe Spu- ren. Die Fliege lehret uns, daß GOtt im Kleinen gros, So weiſe er gemacht ein ſtarkes trabend Roß; So weiſe iſt gewis die Fliege auch gebildet, Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0164" n="152"/> <fw place="top" type="header">Die kuͤnſtlichen Fliegen.</fw><lb/> <l>Wie ſie die Theile dran, ſo ſchoͤn zuſammen legen.</l><lb/> <l>Am Ruͤſſel iſt zu ſehn faſt eine Meſſerſpiz,</l><lb/> <l>Die einer Fliege ſehr bei ihrer Speiſe nuͤz,</l><lb/> <l>Damit zerſchneidet ſie als wie mit einem Schwerdte,</l><lb/> <l>Die Speiſe die ſie nimmt, der Kruͤmgens duͤrre Haͤrte.</l><lb/> <l>Wenn ſie den Ruͤſſel drauf, mit Macht zuſammen<lb/><hi rendition="#et">druͤkt;</hi></l><lb/> <l>So iſt er Lippen gleich, zur Faſſung ſehr geſchikt:</l><lb/> <l>Die Fliege ſaugt damit auch wie mit einer Roͤhre,</l><lb/> <l>Die fluͤßge Lufft in ſich. Wie wird nun nicht die<lb/><hi rendition="#et">Ehre,</hi></l><lb/> <l>Des weiſen Schoͤpfers auch durch dieſes Thier ver-<lb/><hi rendition="#et">mehrt,</hi></l><lb/> <l>Wenn man mit Andacht drauf achtſam die Au-<lb/><hi rendition="#et">gen kehrt?</hi></l><lb/> <l>Jhr Menſchen! lernet doch, daß nicht die kleinen<lb/><hi rendition="#et">Dinge,</hi></l><lb/> <l>Nach unſre Einbildung, veraͤchtlich und geringe.</l><lb/> <l>Die Wunder der Natur die heslich, ſind auch ſchoͤn,</l><lb/> <l>Wenn wir ſie nur mit Luſt zu <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Ruhm be-<lb/><hi rendition="#et">ſehn,</hi></l><lb/> <l>Die Fliege die man ſcheucht, die uns im Sommer<lb/><hi rendition="#et">plaget,</hi></l><lb/> <l>Die unſre Haut zerſticht, und ſich an uns auch wa-<lb/><hi rendition="#et">get,</hi></l><lb/> <l>Jſt eine Kreatur, die nicht von ſelbſt entſteht,</l><lb/> <l>Drum wird der Hoͤchſte auch, dadurch von uns er-<lb/><hi rendition="#et">hoͤht.</hi></l><lb/> <l>Die Mannigfaltigkeit der vielen Kreaturen,</l><lb/> <l>Die zeiget uns ganz klar des Schoͤpfers weiſe Spu-<lb/><hi rendition="#et">ren.</hi></l><lb/> <l>Die Fliege lehret uns, daß <hi rendition="#fr">GOtt</hi> im Kleinen gros,</l><lb/> <l>So weiſe er gemacht ein ſtarkes trabend Roß;</l><lb/> <l>So weiſe iſt gewis die Fliege auch gebildet,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [152/0164]
Die kuͤnſtlichen Fliegen.
Wie ſie die Theile dran, ſo ſchoͤn zuſammen legen.
Am Ruͤſſel iſt zu ſehn faſt eine Meſſerſpiz,
Die einer Fliege ſehr bei ihrer Speiſe nuͤz,
Damit zerſchneidet ſie als wie mit einem Schwerdte,
Die Speiſe die ſie nimmt, der Kruͤmgens duͤrre Haͤrte.
Wenn ſie den Ruͤſſel drauf, mit Macht zuſammen
druͤkt;
So iſt er Lippen gleich, zur Faſſung ſehr geſchikt:
Die Fliege ſaugt damit auch wie mit einer Roͤhre,
Die fluͤßge Lufft in ſich. Wie wird nun nicht die
Ehre,
Des weiſen Schoͤpfers auch durch dieſes Thier ver-
mehrt,
Wenn man mit Andacht drauf achtſam die Au-
gen kehrt?
Jhr Menſchen! lernet doch, daß nicht die kleinen
Dinge,
Nach unſre Einbildung, veraͤchtlich und geringe.
Die Wunder der Natur die heslich, ſind auch ſchoͤn,
Wenn wir ſie nur mit Luſt zu GOttes Ruhm be-
ſehn,
Die Fliege die man ſcheucht, die uns im Sommer
plaget,
Die unſre Haut zerſticht, und ſich an uns auch wa-
get,
Jſt eine Kreatur, die nicht von ſelbſt entſteht,
Drum wird der Hoͤchſte auch, dadurch von uns er-
hoͤht.
Die Mannigfaltigkeit der vielen Kreaturen,
Die zeiget uns ganz klar des Schoͤpfers weiſe Spu-
ren.
Die Fliege lehret uns, daß GOtt im Kleinen gros,
So weiſe er gemacht ein ſtarkes trabend Roß;
So weiſe iſt gewis die Fliege auch gebildet,
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |