Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die Mäßigkeit. Weil unsre Seele nie in stiller Müsse ruht,Sie denket, sie verlangt, und muß auch etwas ha- ben, Womit sie ihren Trieb, die Sehnsucht könne laben. Gibt man den Geiste nicht die Nahrung die ihm nüz, So schweiffet leichtlich aus der schon verdorbne Wiz; So sucht er eine Lust, ein sinnliches Ergözen; Er pflegt das als ein Gut das herrlich ist, zu schä- zen, Weil er nichts bessers kennt. Da kan es leicht ge- schehn, Daß die Begierden ihn auf einem Abweg drehn, Darauf er nichts verlangt, als solche Kost zu schmek- ken Die billig einem Geist nur Ekkel muß erwekken. Man sieht die Warheit gleich bei jedem Kinde ein, Wenn es sonst nichts zu thun; so muß gegessen seyn; Es denket stets darauf; weil es sonst nicht zu den- ken, Wird man ein Puppenwerk zum Zeitvertreib ihm schenken Jst es so gierig nicht. Warum? weil es was hat, Daran sein Herze klebt. Man folge diesen Rath, Beschäfftige die Seel mit Nahrung die sich schikket; So wird der rege Trieb allmählig unterdrükket, Der sonst zur Völlerei und Ueppigkeit verführt, Dadurch der Geist die Krafft zum Guten bald ver- liehrt: Denn wer nichts gutes thut, der muß was böses handeln; Wer sich zum Fleis gewöhnt, der wird auch mäßig wandeln. Die
Die Maͤßigkeit. Weil unſre Seele nie in ſtiller Muͤſſe ruht,Sie denket, ſie verlangt, und muß auch etwas ha- ben, Womit ſie ihren Trieb, die Sehnſucht koͤnne laben. Gibt man den Geiſte nicht die Nahrung die ihm nuͤz, So ſchweiffet leichtlich aus der ſchon verdorbne Wiz; So ſucht er eine Luſt, ein ſinnliches Ergoͤzen; Er pflegt das als ein Gut das herrlich iſt, zu ſchaͤ- zen, Weil er nichts beſſers kennt. Da kan es leicht ge- ſchehn, Daß die Begierden ihn auf einem Abweg drehn, Darauf er nichts verlangt, als ſolche Koſt zu ſchmek- ken Die billig einem Geiſt nur Ekkel muß erwekken. Man ſieht die Warheit gleich bei jedem Kinde ein, Wenn es ſonſt nichts zu thun; ſo muß gegeſſen ſeyn; Es denket ſtets darauf; weil es ſonſt nicht zu den- ken, Wird man ein Puppenwerk zum Zeitvertreib ihm ſchenken Jſt es ſo gierig nicht. Warum? weil es was hat, Daran ſein Herze klebt. Man folge dieſen Rath, Beſchaͤfftige die Seel mit Nahrung die ſich ſchikket; So wird der rege Trieb allmaͤhlig unterdruͤkket, Der ſonſt zur Voͤllerei und Ueppigkeit verfuͤhrt, Dadurch der Geiſt die Krafft zum Guten bald ver- liehrt: Denn wer nichts gutes thut, der muß was boͤſes handeln; Wer ſich zum Fleis gewoͤhnt, der wird auch maͤßig wandeln. Die
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Die Maͤßigkeit.
Weil unſre Seele nie in ſtiller Muͤſſe ruht,
Sie denket, ſie verlangt, und muß auch etwas ha-
ben,
Womit ſie ihren Trieb, die Sehnſucht koͤnne laben.
Gibt man den Geiſte nicht die Nahrung die ihm
nuͤz,
So ſchweiffet leichtlich aus der ſchon verdorbne Wiz;
So ſucht er eine Luſt, ein ſinnliches Ergoͤzen;
Er pflegt das als ein Gut das herrlich iſt, zu ſchaͤ-
zen,
Weil er nichts beſſers kennt. Da kan es leicht ge-
ſchehn,
Daß die Begierden ihn auf einem Abweg drehn,
Darauf er nichts verlangt, als ſolche Koſt zu ſchmek-
ken
Die billig einem Geiſt nur Ekkel muß erwekken.
Man ſieht die Warheit gleich bei jedem Kinde ein,
Wenn es ſonſt nichts zu thun; ſo muß gegeſſen ſeyn;
Es denket ſtets darauf; weil es ſonſt nicht zu den-
ken,
Wird man ein Puppenwerk zum Zeitvertreib ihm
ſchenken
Jſt es ſo gierig nicht. Warum? weil es was hat,
Daran ſein Herze klebt. Man folge dieſen Rath,
Beſchaͤfftige die Seel mit Nahrung die ſich ſchikket;
So wird der rege Trieb allmaͤhlig unterdruͤkket,
Der ſonſt zur Voͤllerei und Ueppigkeit verfuͤhrt,
Dadurch der Geiſt die Krafft zum Guten bald ver-
liehrt:
Denn wer nichts gutes thut, der muß was boͤſes
handeln;
Wer ſich zum Fleis gewoͤhnt, der wird auch maͤßig
wandeln.
Die
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