Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Physicalische und Moralische Betrachtung. Die Thiere haben zwar mit uns die andren Sin-nen Gemein, sie hören, sehn; sie werden gleichfals in- nen, Sie riechen, schmekken, fühln, was in Geschöpfen stekt: Allein der Vorzug wird dadurch so gleich entdekt, Daß wir vernünfftig seyn; und daß wir auch ver- mögen, Zu denken und das Wolln durch Wörter vorzule- gen. Wir leben auf der Welt in dem Gesellschaffts- band, Der eine brauchet dies, der das, wie gnug be- kandt, Wir würden dieser Hülf von andern sehr entbeh- ren, Wenn wir nicht durch die Zung vermöchten zu er- klären, Was unsre Noth erheischt. Wie elend ist dar- an, Ein Kind das, was es wil, nicht deutlich lallen kan: So elend wären wir: und daraus ist zu sehen, Wie nöthig Zung und Sprach zu unsern Wolerge- hen. Die Sprach ist in der Welt, zu vielen andern nüz, Durch Wort und Unterricht wird unsers Geistes Wiz Geschärfft, und durch die Zung wird uns das auch gelehret, Was unserm Geist und Leib, vergnügte Lust gewäh- ret. O!
Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung. Die Thiere haben zwar mit uns die andren Sin-nen Gemein, ſie hoͤren, ſehn; ſie werden gleichfals in- nen, Sie riechen, ſchmekken, fuͤhln, was in Geſchoͤpfen ſtekt: Allein der Vorzug wird dadurch ſo gleich entdekt, Daß wir vernuͤnfftig ſeyn; und daß wir auch ver- moͤgen, Zu denken und das Wolln durch Woͤrter vorzule- gen. Wir leben auf der Welt in dem Geſellſchaffts- band, Der eine brauchet dies, der das, wie gnug be- kandt, Wir wuͤrden dieſer Huͤlf von andern ſehr entbeh- ren, Wenn wir nicht durch die Zung vermoͤchten zu er- klaͤren, Was unſre Noth erheiſcht. Wie elend iſt dar- an, Ein Kind das, was es wil, nicht deutlich lallen kan: So elend waͤren wir: und daraus iſt zu ſehen, Wie noͤthig Zung und Sprach zu unſern Wolerge- hen. Die Sprach iſt in der Welt, zu vielen andern nuͤz, Durch Wort und Unterricht wird unſers Geiſtes Wiz Geſchaͤrfft, und durch die Zung wird uns das auch gelehret, Was unſerm Geiſt und Leib, vergnuͤgte Luſt gewaͤh- ret. O!
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Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Die Thiere haben zwar mit uns die andren Sin-
nen
Gemein, ſie hoͤren, ſehn; ſie werden gleichfals in-
nen,
Sie riechen, ſchmekken, fuͤhln, was in Geſchoͤpfen
ſtekt:
Allein der Vorzug wird dadurch ſo gleich entdekt,
Daß wir vernuͤnfftig ſeyn; und daß wir auch ver-
moͤgen,
Zu denken und das Wolln durch Woͤrter vorzule-
gen.
Wir leben auf der Welt in dem Geſellſchaffts-
band,
Der eine brauchet dies, der das, wie gnug be-
kandt,
Wir wuͤrden dieſer Huͤlf von andern ſehr entbeh-
ren,
Wenn wir nicht durch die Zung vermoͤchten zu er-
klaͤren,
Was unſre Noth erheiſcht. Wie elend iſt dar-
an,
Ein Kind das, was es wil, nicht deutlich lallen
kan:
So elend waͤren wir: und daraus iſt zu ſehen,
Wie noͤthig Zung und Sprach zu unſern Wolerge-
hen.
Die Sprach iſt in der Welt, zu vielen andern
nuͤz,
Durch Wort und Unterricht wird unſers Geiſtes
Wiz
Geſchaͤrfft, und durch die Zung wird uns das auch
gelehret,
Was unſerm Geiſt und Leib, vergnuͤgte Luſt gewaͤh-
ret.
O!
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