Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864."Freilich," antwortete der Bildhauer. "Noch vor zwei "Aber wie kann man den Künstler zwingen, seine "Das ist in diesem Falle schnell erklärt. Die Aegypter "Und würdest Du Deine Wette gewinnen?" *) Siehe Anmerkung 26.
„Freilich,“ antwortete der Bildhauer. „Noch vor zwei „Aber wie kann man den Künſtler zwingen, ſeine „Das iſt in dieſem Falle ſchnell erklärt. Die Aegypter „Und würdeſt Du Deine Wette gewinnen?“ *) Siehe Anmerkung 26.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0140" n="122"/> <p>„Freilich,“ antwortete der Bildhauer. „Noch vor zwei<lb/> Jahrhunderten war Aegypten unbeſtreitbar das erſte Land<lb/> der Welt. Seine Kunſt und ſein Wiſſen übertraf Alles,<lb/> was wir leiſten konnten. Wir ſahen ihnen die Hand-<lb/> griffe ab, vervollkommneten, gaben den ſtarren Formen<lb/> Freiheit und Schönheit <note place="foot" n="*)">Siehe Anmerkung 26.</note>, hielten uns an kein beſtimmtes<lb/> Maß, ſondern an das Vorbild des Natürlichen, und<lb/> haben jetzt den Meiſter weit hinter uns gelaſſen. Wie<lb/> war das möglich? — Lediglich dadurch, daß der Lehrer,<lb/> von unerbittlichen Geſetzen gezwungen, auf dem alten<lb/> Platze ſtehen bleiben mußte; wir aber nach Kraft und Luſt<lb/> im weiten Stadion der Kunſt fortlaufen durften.“</p><lb/> <p>„Aber wie kann man den Künſtler zwingen, ſeine<lb/> Bildwerke, welche doch immer Verſchiedenes darſtellen,<lb/> gleichmäßig zu geſtalten?“</p><lb/> <p>„Das iſt in dieſem Falle ſchnell erklärt. Die Aegypter<lb/> theilen den ganzen menſchlichen Körper in 21¼ Theile <hi rendition="#sup">168</hi>),<lb/> und bemeſſen hiernach die Verhältniſſe der einzelnen Glie-<lb/> der zu einander. Jch ſelber habe dem Amaſis, in Ge-<lb/> genwart des erſten ägyptiſchen Bildhauers, eines Prie-<lb/> ſters von Theben, die Wette angeboten, meinem Bruder<lb/> Telekles nach Epheſus zu ſchreiben, ihm Größe, Verhält-<lb/> niß und Stellung nach Aegyptiſcher Weiſe anzugeben und<lb/> mit ihm zuſammen eine Bildſäule zu verfertigen, welche<lb/> wie von einer Hand und aus einem Stücke gearbeitet<lb/> ausſehen ſoll, obgleich Telekles den unteren Theil derſel-<lb/> ben zu Epheſus, ich aber den oberen Theil zu Sais, unter<lb/> den Augen des Amaſis herzuſtellen bereit bin.“</p><lb/> <p>„Und würdeſt Du Deine Wette gewinnen?“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [122/0140]
„Freilich,“ antwortete der Bildhauer. „Noch vor zwei
Jahrhunderten war Aegypten unbeſtreitbar das erſte Land
der Welt. Seine Kunſt und ſein Wiſſen übertraf Alles,
was wir leiſten konnten. Wir ſahen ihnen die Hand-
griffe ab, vervollkommneten, gaben den ſtarren Formen
Freiheit und Schönheit *), hielten uns an kein beſtimmtes
Maß, ſondern an das Vorbild des Natürlichen, und
haben jetzt den Meiſter weit hinter uns gelaſſen. Wie
war das möglich? — Lediglich dadurch, daß der Lehrer,
von unerbittlichen Geſetzen gezwungen, auf dem alten
Platze ſtehen bleiben mußte; wir aber nach Kraft und Luſt
im weiten Stadion der Kunſt fortlaufen durften.“
„Aber wie kann man den Künſtler zwingen, ſeine
Bildwerke, welche doch immer Verſchiedenes darſtellen,
gleichmäßig zu geſtalten?“
„Das iſt in dieſem Falle ſchnell erklärt. Die Aegypter
theilen den ganzen menſchlichen Körper in 21¼ Theile 168),
und bemeſſen hiernach die Verhältniſſe der einzelnen Glie-
der zu einander. Jch ſelber habe dem Amaſis, in Ge-
genwart des erſten ägyptiſchen Bildhauers, eines Prie-
ſters von Theben, die Wette angeboten, meinem Bruder
Telekles nach Epheſus zu ſchreiben, ihm Größe, Verhält-
niß und Stellung nach Aegyptiſcher Weiſe anzugeben und
mit ihm zuſammen eine Bildſäule zu verfertigen, welche
wie von einer Hand und aus einem Stücke gearbeitet
ausſehen ſoll, obgleich Telekles den unteren Theil derſel-
ben zu Epheſus, ich aber den oberen Theil zu Sais, unter
den Augen des Amaſis herzuſtellen bereit bin.“
„Und würdeſt Du Deine Wette gewinnen?“
*) Siehe Anmerkung 26.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |