Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.oligarchischen Erziehung genährt, durch stolzes Selbstgefühl gehoben, und sicher im Erbe der schönsten Vorrechte, sein Leben zwischen That und Genuß theilen und im Unglück niemals den leichten Muth aufgeben durfte." -- Er war ein Feuergeist, der in vollendeten Formen sang, weil er eben singen mußte, wenn eine Lust ihm blühte, wenn ihn ein Leid bedrückte. Klar, wunderbar unbefangen, frei von Sehnsucht und den Augenblick genießend, muß man ihn als eines der bedeutendsten Vorbilder des Horaz, der nicht nur seine Metra, sondern auch viele sei- ner Gedanken adoptirte, betrachten. Seine im Text erwähnte Bezie- hung zu Sappho wird durch einzelne seiner Fragmente verbürgt. Die- selben finden sich in A. Matthiae Alcaei reliquiae. L. 1827. 17. (S. 8.) Die berühmte Dichterin Sappho lebte nach Athenäus oligarchiſchen Erziehung genährt, durch ſtolzes Selbſtgefühl gehoben, und ſicher im Erbe der ſchönſten Vorrechte, ſein Leben zwiſchen That und Genuß theilen und im Unglück niemals den leichten Muth aufgeben durfte.“ — Er war ein Feuergeiſt, der in vollendeten Formen ſang, weil er eben ſingen mußte, wenn eine Luſt ihm blühte, wenn ihn ein Leid bedrückte. Klar, wunderbar unbefangen, frei von Sehnſucht und den Augenblick genießend, muß man ihn als eines der bedeutendſten Vorbilder des Horaz, der nicht nur ſeine Metra, ſondern auch viele ſei- ner Gedanken adoptirte, betrachten. Seine im Text erwähnte Bezie- hung zu Sappho wird durch einzelne ſeiner Fragmente verbürgt. Die- ſelben finden ſich in A. Matthiae Alcaei reliquiae. L. 1827. 17. (S. 8.) Die berühmte Dichterin Sappho lebte nach Athenäus <TEI> <text> <back> <div n="1"> <list> <item><pb facs="#f0200" n="182"/> oligarchiſchen Erziehung genährt, durch ſtolzes Selbſtgefühl gehoben, und<lb/> ſicher im Erbe der ſchönſten Vorrechte, ſein Leben zwiſchen That und<lb/> Genuß theilen und im Unglück niemals den leichten Muth aufgeben<lb/> durfte.“ — Er war ein Feuergeiſt, der in vollendeten Formen ſang,<lb/> weil er eben ſingen mußte, wenn eine Luſt ihm blühte, wenn ihn ein<lb/> Leid bedrückte. Klar, wunderbar unbefangen, frei von Sehnſucht und<lb/> den Augenblick genießend, muß man ihn als eines der bedeutendſten<lb/> Vorbilder des Horaz, der nicht nur ſeine Metra, ſondern auch viele ſei-<lb/> ner Gedanken adoptirte, betrachten. Seine im Text erwähnte Bezie-<lb/> hung zu Sappho wird durch einzelne ſeiner Fragmente verbürgt. Die-<lb/> ſelben finden ſich in <hi rendition="#aq">A. Matthiae Alcaei reliquiae. L.</hi> 1827.</item><lb/> <item> <p><hi rendition="#b">17.</hi> (S. 8.) Die berühmte Dichterin Sappho lebte nach Athenäus<lb/> zur Zeit des lydiſchen Königs Alyattes, alſo zwiſchen 620—563 v. Chr.,<lb/> nach der Chronik des <hi rendition="#aq">Eusebius ol.</hi> 44, d. i. um 600 v. Chr. Außer-<lb/> dem wird ſie als Zeitgenoſſin des Pittakos, Alkaeos und der Rhodopis<lb/> genannt, was mit den obigen Angaben übereinſtimmt. Wir werden<lb/> kaum fehl gehen, wenn wir ſie um 620 zu Mytilene auf Lesbos ge-<lb/> boren werden laſſen. Jhr Vater hieß Skamandronymos oder Skamon.<lb/> Hiefür ſprechen, außer Herodot, Aelian und anderen alten Schriftſtel-<lb/> lern, Welcker, Bernhardi, Richter und Andere. Jhre Mutter und Toch-<lb/> ter trugen den Namen Kl<hi rendition="#aq">ë</hi>is. Außer dem von uns erwähnten Cha-<lb/> raxos hatte ſie einen zweiten Bruder Larichos, der, nach Athenäos<lb/> im Prytaneion zu Mytelene ein hohes Ehrenamt bekleidete. Hieraus,<lb/> ſowie aus der Vertreibung der Sappho und des Charaxos zur Zeit<lb/> des Pittakos erhellt, daß ſie aus einer ſehr vornehmen Familie ſtammte.<lb/> Dieſelbe muß auch wohlhabend geweſen ſein, ſonſt hätte Charaxos, wie<lb/> Herodot erzählt, Rhodopis nicht kaufen können. Suidas nennt den<lb/> Gatten der Dichterin, Kerkolas, ausdrücklich einen ſehr reichen Mann.<lb/> Unter ihren Anbetern darf ihr berühmter Zeitgenoſſe Alkaeos nicht<lb/> übergangen werden, während ihre bekannte unglückliche Liebe zu dem<lb/> jungen Phaon von Bernhardi mit Recht eine Fabel genannt wird.<lb/> Ebenſo unwahr iſt es, daß Anakreon, der erſt mehrere Jahrzehnte ſpä-<lb/> ter blühte, an Sappho gewiſſe erotiſche Verſe, welche einer anderen<lb/> Lesbierin gelten, gewidmet habe. Auch ihre unreine Leidenſchaft für<lb/> ſchöne Jungfrauen und ihr Sprung vom leukadiſchen Felſen gehören<lb/> in das Reich der Fabel. Siehe Welcker, F. W. Richter und Bern-<lb/> hardi. Von dem Aeußeren der Dichterin wiſſen wir nur wenig. Plato,<lb/> Plutarch u. A. nennen ſie „die ſchöne Sappho.“ Alkaeos preist ihr<lb/></p> </item> </list> </div> </back> </text> </TEI> [182/0200]
oligarchiſchen Erziehung genährt, durch ſtolzes Selbſtgefühl gehoben, und
ſicher im Erbe der ſchönſten Vorrechte, ſein Leben zwiſchen That und
Genuß theilen und im Unglück niemals den leichten Muth aufgeben
durfte.“ — Er war ein Feuergeiſt, der in vollendeten Formen ſang,
weil er eben ſingen mußte, wenn eine Luſt ihm blühte, wenn ihn ein
Leid bedrückte. Klar, wunderbar unbefangen, frei von Sehnſucht und
den Augenblick genießend, muß man ihn als eines der bedeutendſten
Vorbilder des Horaz, der nicht nur ſeine Metra, ſondern auch viele ſei-
ner Gedanken adoptirte, betrachten. Seine im Text erwähnte Bezie-
hung zu Sappho wird durch einzelne ſeiner Fragmente verbürgt. Die-
ſelben finden ſich in A. Matthiae Alcaei reliquiae. L. 1827.
17. (S. 8.) Die berühmte Dichterin Sappho lebte nach Athenäus
zur Zeit des lydiſchen Königs Alyattes, alſo zwiſchen 620—563 v. Chr.,
nach der Chronik des Eusebius ol. 44, d. i. um 600 v. Chr. Außer-
dem wird ſie als Zeitgenoſſin des Pittakos, Alkaeos und der Rhodopis
genannt, was mit den obigen Angaben übereinſtimmt. Wir werden
kaum fehl gehen, wenn wir ſie um 620 zu Mytilene auf Lesbos ge-
boren werden laſſen. Jhr Vater hieß Skamandronymos oder Skamon.
Hiefür ſprechen, außer Herodot, Aelian und anderen alten Schriftſtel-
lern, Welcker, Bernhardi, Richter und Andere. Jhre Mutter und Toch-
ter trugen den Namen Klëis. Außer dem von uns erwähnten Cha-
raxos hatte ſie einen zweiten Bruder Larichos, der, nach Athenäos
im Prytaneion zu Mytelene ein hohes Ehrenamt bekleidete. Hieraus,
ſowie aus der Vertreibung der Sappho und des Charaxos zur Zeit
des Pittakos erhellt, daß ſie aus einer ſehr vornehmen Familie ſtammte.
Dieſelbe muß auch wohlhabend geweſen ſein, ſonſt hätte Charaxos, wie
Herodot erzählt, Rhodopis nicht kaufen können. Suidas nennt den
Gatten der Dichterin, Kerkolas, ausdrücklich einen ſehr reichen Mann.
Unter ihren Anbetern darf ihr berühmter Zeitgenoſſe Alkaeos nicht
übergangen werden, während ihre bekannte unglückliche Liebe zu dem
jungen Phaon von Bernhardi mit Recht eine Fabel genannt wird.
Ebenſo unwahr iſt es, daß Anakreon, der erſt mehrere Jahrzehnte ſpä-
ter blühte, an Sappho gewiſſe erotiſche Verſe, welche einer anderen
Lesbierin gelten, gewidmet habe. Auch ihre unreine Leidenſchaft für
ſchöne Jungfrauen und ihr Sprung vom leukadiſchen Felſen gehören
in das Reich der Fabel. Siehe Welcker, F. W. Richter und Bern-
hardi. Von dem Aeußeren der Dichterin wiſſen wir nur wenig. Plato,
Plutarch u. A. nennen ſie „die ſchöne Sappho.“ Alkaeos preist ihr
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