Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864."Du wirst ihn finden. Auch erwarte ich, daß Dir "Glaubst Du denn," fragte Phanes, "daß ich mich Die Barke landete bei diesen. Worten an der vom „Du wirſt ihn finden. Auch erwarte ich, daß Dir „Glaubſt Du denn,“ fragte Phanes, „daß ich mich Die Barke landete bei dieſen. Worten an der vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0022" n="4"/> <p>„Du wirſt ihn finden. Auch erwarte ich, daß Dir<lb/> der Geſang wohlthun und Dich Deinem düſteren Sinnen<lb/> entreißen werde.“ Ariſtomachos ſchüttelte verneinend das<lb/> Haupt und ſagte: „Dich, leichtblütigen Athener, mag der<lb/> Geſang der Heimat ermuntern; mir aber wird es, wenn<lb/> ich die Lieder des Alkman <hi rendition="#sup">6</hi>) vernehme, ergehen, wie in<lb/> meinen wachend durchträumten Nächten. Mein Sehnen<lb/> wird nicht geſtillt, es wird verdoppelt werden.“</p><lb/> <p>„Glaubſt Du denn,“ fragte Phanes, „daß ich mich<lb/> nicht nach meinem geliebten Athen, den Spielplätzen mei-<lb/> ner Jugend, und dem lebendigen Treiben des Marktes<lb/> zurückſehne? Wahrlich das Brod der Verbannung will auch<lb/> mir nicht munden; doch wird es durch Umgang wie den,<lb/> welchen dieſes Haus bietet, ſchmackhafter; und wenn<lb/> meine theuren helleniſchen Lieder, ſo wunderbar ſchön ge-<lb/> ſungen, zu meinem Ohre dringen, dann baut ſich in mei-<lb/> nem Geiſte die Heimat auf; ich ſehe ihre Oel- und Fich-<lb/> tenhaine, ihre kalten, ſmaragdnen Flüſſe, ihr blaues<lb/> Meer, ihre ſchimmernden Städte, ihre ſchneeigen Gipfel<lb/> und Marmorhallen, und eine bitterſüße Thräne rinnt mir<lb/> in den Bart, wenn die Töne ſchweigen und ich mir ſagen<lb/> muß, daß ich in Aegypten verweile, dieſem einförmigen,<lb/> heißen, wunderlichen Lande, welches ich, Dank ſei den<lb/> Göttern, bald verlaſſen werde. Aber, Ariſtomachos, wirſt<lb/> Du die Oaſen in der Wüſte umgehen, weil Du Dich doch<lb/> ſpäter wieder durch Sand und Waſſermangel winden mußt?<lb/> Willſt Du das Glück einer Stunde fliehen, weil trübe Tage<lb/> Deiner warten? — Halt, da wären wir! Mach’ ein fröh-<lb/> liches Geſicht, mein Freund, denn es ziemt ſich nicht in<lb/> den Tempel des Charitinnen traurigen Muthes zu treten.“</p><lb/> <p>Die Barke landete bei dieſen. Worten an der vom<lb/> Nil beſpülten Mauer des Gartens. Leichten Sprunges<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0022]
„Du wirſt ihn finden. Auch erwarte ich, daß Dir
der Geſang wohlthun und Dich Deinem düſteren Sinnen
entreißen werde.“ Ariſtomachos ſchüttelte verneinend das
Haupt und ſagte: „Dich, leichtblütigen Athener, mag der
Geſang der Heimat ermuntern; mir aber wird es, wenn
ich die Lieder des Alkman 6) vernehme, ergehen, wie in
meinen wachend durchträumten Nächten. Mein Sehnen
wird nicht geſtillt, es wird verdoppelt werden.“
„Glaubſt Du denn,“ fragte Phanes, „daß ich mich
nicht nach meinem geliebten Athen, den Spielplätzen mei-
ner Jugend, und dem lebendigen Treiben des Marktes
zurückſehne? Wahrlich das Brod der Verbannung will auch
mir nicht munden; doch wird es durch Umgang wie den,
welchen dieſes Haus bietet, ſchmackhafter; und wenn
meine theuren helleniſchen Lieder, ſo wunderbar ſchön ge-
ſungen, zu meinem Ohre dringen, dann baut ſich in mei-
nem Geiſte die Heimat auf; ich ſehe ihre Oel- und Fich-
tenhaine, ihre kalten, ſmaragdnen Flüſſe, ihr blaues
Meer, ihre ſchimmernden Städte, ihre ſchneeigen Gipfel
und Marmorhallen, und eine bitterſüße Thräne rinnt mir
in den Bart, wenn die Töne ſchweigen und ich mir ſagen
muß, daß ich in Aegypten verweile, dieſem einförmigen,
heißen, wunderlichen Lande, welches ich, Dank ſei den
Göttern, bald verlaſſen werde. Aber, Ariſtomachos, wirſt
Du die Oaſen in der Wüſte umgehen, weil Du Dich doch
ſpäter wieder durch Sand und Waſſermangel winden mußt?
Willſt Du das Glück einer Stunde fliehen, weil trübe Tage
Deiner warten? — Halt, da wären wir! Mach’ ein fröh-
liches Geſicht, mein Freund, denn es ziemt ſich nicht in
den Tempel des Charitinnen traurigen Muthes zu treten.“
Die Barke landete bei dieſen. Worten an der vom
Nil beſpülten Mauer des Gartens. Leichten Sprunges
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