Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.weisung vom Hofe rückgängig zu machen, und Dich für Phanes lächelte bitter und sagte: "Jch danke Dir, "Ja möchten wir nur etwas klüger sein, weiſung vom Hofe rückgängig zu machen, und Dich für Phanes lächelte bitter und ſagte: „Jch danke Dir, „Ja möchten wir nur etwas klüger ſein, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="22"/> weiſung vom Hofe rückgängig zu machen, und Dich für<lb/> uns zu erhalten.</p><lb/> <p>Phanes lächelte bitter und ſagte: „Jch danke Dir,<lb/> Rhodopis, für Deine ſchmeichelhaften Worte und die gute<lb/> Abſicht, Dich meines Abſchiedes wegen betrüben, oder den-<lb/> ſelben womöglich verhindern zu wollen. Hundert neue<lb/> Geſichter werden Dich das meine bald vergeſſen laſſen,<lb/> denn ob Du auch ſchon lange am Nilſtrom wohnſt, ſo biſt<lb/> Du doch, und dafür magſt Du den Göttern danken, Hel-<lb/> lenin geblieben vom Scheitel bis zur Sohle. Auch ich<lb/> bin ein großer Freund der Treue, aber ein ebenſo großer<lb/> Feind der Thorheit; und iſt wohl Einer unter euch Allen,<lb/> der es klug finden könnte, ſich über Unvermeidliches zu<lb/> grämen? Die ägyptiſche Treue iſt für mich keine Tugend,<lb/> ſondern ein Wahn. Sie, die ihre Todten ſeit Jahrtau-<lb/> ſenden bis heute bewahren, und ſich eher das letzte Brod,<lb/> als einen Knochen ihres Urahnen nehmen laſſen <hi rendition="#sup">47</hi>),<lb/> ſind nicht treu, ſondern thöricht. Kann mir’s Freude<lb/> machen, diejenigen, welche ich liebe, traurig zu ſehen? —<lb/> Gewiß nicht! Jhr ſollt euch meiner nicht in monatlangen<lb/> und ſich täglich wiederholenden Wehklagen erinnern, wie<lb/> die Aegypter, wenn ihnen ein Freund dahin ſcheidet; —<lb/> im Gegentheil! Wollt ihr in der That des Fernen oder<lb/> Abgeſchiedenen, — denn ich darf Aegypten, ſo lange ich<lb/> lebe, nie wieder betreten, — dann und wann gedenken,<lb/> ſo thut es mit lachendem Munde, und rufet nicht: „Ach<lb/> warum mußte Phanes uns verlaſſen!“ ſondern ſaget: „Wir<lb/> wollen fröhlich ſein, wie Phanes, als er noch in unſerm<lb/> Kreiſe weilte! So ſollt ihr’s halten, ſo befahl es ſchon<lb/> Simonides von Samos, als er ſang:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#et">„Ja möchten wir nur etwas klüger ſein,<lb/> So ſtellten wir die langen Klagen ein,<lb/></hi> </quote> </cit> </div> </body> </text> </TEI> [22/0040]
weiſung vom Hofe rückgängig zu machen, und Dich für
uns zu erhalten.
Phanes lächelte bitter und ſagte: „Jch danke Dir,
Rhodopis, für Deine ſchmeichelhaften Worte und die gute
Abſicht, Dich meines Abſchiedes wegen betrüben, oder den-
ſelben womöglich verhindern zu wollen. Hundert neue
Geſichter werden Dich das meine bald vergeſſen laſſen,
denn ob Du auch ſchon lange am Nilſtrom wohnſt, ſo biſt
Du doch, und dafür magſt Du den Göttern danken, Hel-
lenin geblieben vom Scheitel bis zur Sohle. Auch ich
bin ein großer Freund der Treue, aber ein ebenſo großer
Feind der Thorheit; und iſt wohl Einer unter euch Allen,
der es klug finden könnte, ſich über Unvermeidliches zu
grämen? Die ägyptiſche Treue iſt für mich keine Tugend,
ſondern ein Wahn. Sie, die ihre Todten ſeit Jahrtau-
ſenden bis heute bewahren, und ſich eher das letzte Brod,
als einen Knochen ihres Urahnen nehmen laſſen 47),
ſind nicht treu, ſondern thöricht. Kann mir’s Freude
machen, diejenigen, welche ich liebe, traurig zu ſehen? —
Gewiß nicht! Jhr ſollt euch meiner nicht in monatlangen
und ſich täglich wiederholenden Wehklagen erinnern, wie
die Aegypter, wenn ihnen ein Freund dahin ſcheidet; —
im Gegentheil! Wollt ihr in der That des Fernen oder
Abgeſchiedenen, — denn ich darf Aegypten, ſo lange ich
lebe, nie wieder betreten, — dann und wann gedenken,
ſo thut es mit lachendem Munde, und rufet nicht: „Ach
warum mußte Phanes uns verlaſſen!“ ſondern ſaget: „Wir
wollen fröhlich ſein, wie Phanes, als er noch in unſerm
Kreiſe weilte! So ſollt ihr’s halten, ſo befahl es ſchon
Simonides von Samos, als er ſang:
„Ja möchten wir nur etwas klüger ſein,
So ſtellten wir die langen Klagen ein,
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