ten hätte ich jedoch die Menschen nie kennen gelernt wie sie sind. In allen anderen Dingen kann man dem reinen Anschauen und Denken, den Irrthümern der Sinne wie des Verstandes, den Character-Schwächen und -Stärken nicht so nachkommen; es ist alles mehr oder weniger biegsam und schwankend, und läßt alles mehr oder weniger mit sich handeln; aber die Natur versteht gar keinen Spaß, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge; sie hat immer Recht, und die Fehler und Irrthümer sind immer des Menschen. Den Unzulänglichen verschmäht sie, und nur dem Zulängli¬ chen, Wahren und Reinen ergiebt sie sich und offenbart ihm ihre Geheimnisse."
"Der Verstand reicht zu ihr nicht hinauf, der Mensch muß fähig seyn, sich zur höchsten Vernunft erheben zu können, um an die Gottheit zu rühren, die sich in Ur¬ phänomenen, physischen wie sittlichen, offenbaret, hinter denen sie sich hält und die von ihr ausgehen."
"Die Gottheit aber ist wirksam im Lebendigen, aber nicht im Todten; sie ist im Werdenden und sich Ver¬ wandelnden, aber nicht im Gewordenen und Erstarrten. Deßhalb hat auch die Vernunft in ihrer Tendenz zum Göttlichen es nur mit dem Werdenden, Lebendigen zu thun; der Verstand mit dem Gewordenen, Erstarrten, daß er es nutze."
"Die Mineralogie ist daher eine Wissenschaft für den Verstand, für das practische Leben, denn ihre Ge¬
ten haͤtte ich jedoch die Menſchen nie kennen gelernt wie ſie ſind. In allen anderen Dingen kann man dem reinen Anſchauen und Denken, den Irrthuͤmern der Sinne wie des Verſtandes, den Character-Schwaͤchen und -Staͤrken nicht ſo nachkommen; es iſt alles mehr oder weniger biegſam und ſchwankend, und laͤßt alles mehr oder weniger mit ſich handeln; aber die Natur verſteht gar keinen Spaß, ſie iſt immer wahr, immer ernſt, immer ſtrenge; ſie hat immer Recht, und die Fehler und Irrthuͤmer ſind immer des Menſchen. Den Unzulaͤnglichen verſchmaͤht ſie, und nur dem Zulaͤngli¬ chen, Wahren und Reinen ergiebt ſie ſich und offenbart ihm ihre Geheimniſſe.“
„Der Verſtand reicht zu ihr nicht hinauf, der Menſch muß faͤhig ſeyn, ſich zur hoͤchſten Vernunft erheben zu koͤnnen, um an die Gottheit zu ruͤhren, die ſich in Ur¬ phaͤnomenen, phyſiſchen wie ſittlichen, offenbaret, hinter denen ſie ſich haͤlt und die von ihr ausgehen.“
„Die Gottheit aber iſt wirkſam im Lebendigen, aber nicht im Todten; ſie iſt im Werdenden und ſich Ver¬ wandelnden, aber nicht im Gewordenen und Erſtarrten. Deßhalb hat auch die Vernunft in ihrer Tendenz zum Goͤttlichen es nur mit dem Werdenden, Lebendigen zu thun; der Verſtand mit dem Gewordenen, Erſtarrten, daß er es nutze.“
„Die Mineralogie iſt daher eine Wiſſenſchaft fuͤr den Verſtand, fuͤr das practiſche Leben, denn ihre Ge¬
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ten haͤtte ich jedoch die Menſchen nie kennen gelernt
wie ſie ſind. In allen anderen Dingen kann man dem
reinen Anſchauen und Denken, den Irrthuͤmern der
Sinne wie des Verſtandes, den Character-Schwaͤchen
und -Staͤrken nicht ſo nachkommen; es iſt alles mehr
oder weniger biegſam und ſchwankend, und laͤßt alles
mehr oder weniger mit ſich handeln; aber die Natur
verſteht gar keinen Spaß, ſie iſt immer wahr, immer
ernſt, immer ſtrenge; ſie hat immer Recht, und die
Fehler und Irrthuͤmer ſind immer des Menſchen. Den
Unzulaͤnglichen verſchmaͤht ſie, und nur dem Zulaͤngli¬
chen, Wahren und Reinen ergiebt ſie ſich und offenbart
ihm ihre Geheimniſſe.“
„Der Verſtand reicht zu ihr nicht hinauf, der Menſch
muß faͤhig ſeyn, ſich zur hoͤchſten Vernunft erheben zu
koͤnnen, um an die Gottheit zu ruͤhren, die ſich in Ur¬
phaͤnomenen, phyſiſchen wie ſittlichen, offenbaret, hinter
denen ſie ſich haͤlt und die von ihr ausgehen.“
„Die Gottheit aber iſt wirkſam im Lebendigen, aber
nicht im Todten; ſie iſt im Werdenden und ſich Ver¬
wandelnden, aber nicht im Gewordenen und Erſtarrten.
Deßhalb hat auch die Vernunft in ihrer Tendenz zum
Goͤttlichen es nur mit dem Werdenden, Lebendigen zu
thun; der Verſtand mit dem Gewordenen, Erſtarrten,
daß er es nutze.“
„Die Mineralogie iſt daher eine Wiſſenſchaft fuͤr
den Verſtand, fuͤr das practiſche Leben, denn ihre Ge¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/78>, abgerufen am 25.11.2024.
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