angesehenen Kaufmannes besser bestellt finden, als die seinigen."
"Wir werden, fuhr Goethe fort, diesen Herbst den Tag feiern, an welchem der Großherzog seit funfzig Jahren regiert und geherrscht hat. Allein, wenn ich es recht bedenke, dieses sein Herrschen, was war es weiter, als ein beständiges Dienen! Was war es, als ein Dienen in Erreichung großer Zwecke, ein Dienen zum Wohl seines Volkes! -- Soll ich denn also mit Gewalt ein Fürstenknecht seyn, so ist es wenigstens mein Trost, daß ich doch nur der Knecht eines Solchen bin, der selber ein Knecht des allgemeinen Besten ist."
Freitag, den 29. April 1825.
Der Bau des neuen Theaters war diese Zeit her rasch vorgeschritten, die Grundmauern stiegen schon überall empor und ließen ein baldiges sehr schönes Gebäude hoffen.
Heute aber, als ich den Bauplatz besuchte, sah ich zu meinem Schrecken, daß die Arbeit eingestellt war; auch hörte ich gerüchtweise, daß eine andere Partei gegen Goethe's und Coudray's Plan noch endlich obgesiegt habe, daß Coudray von der Leitung des Baues zurück¬ trete und daß ein anderer Architekt nach einem neuen Riß den Bau ausführen und den bereits gelegten Grund danach ändern werde.
angeſehenen Kaufmannes beſſer beſtellt finden, als die ſeinigen.“
„Wir werden, fuhr Goethe fort, dieſen Herbſt den Tag feiern, an welchem der Großherzog ſeit funfzig Jahren regiert und geherrſcht hat. Allein, wenn ich es recht bedenke, dieſes ſein Herrſchen, was war es weiter, als ein beſtändiges Dienen! Was war es, als ein Dienen in Erreichung großer Zwecke, ein Dienen zum Wohl ſeines Volkes! — Soll ich denn alſo mit Gewalt ein Fürſtenknecht ſeyn, ſo iſt es wenigſtens mein Troſt, daß ich doch nur der Knecht eines Solchen bin, der ſelber ein Knecht des allgemeinen Beſten iſt.“
Freitag, den 29. April 1825.
Der Bau des neuen Theaters war dieſe Zeit her raſch vorgeſchritten, die Grundmauern ſtiegen ſchon überall empor und ließen ein baldiges ſehr ſchönes Gebäude hoffen.
Heute aber, als ich den Bauplatz beſuchte, ſah ich zu meinem Schrecken, daß die Arbeit eingeſtellt war; auch hörte ich gerüchtweiſe, daß eine andere Partei gegen Goethe's und Coudray's Plan noch endlich obgeſiegt habe, daß Coudray von der Leitung des Baues zurück¬ trete und daß ein anderer Architekt nach einem neuen Riß den Bau ausführen und den bereits gelegten Grund danach ändern werde.
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[88/0110]
angeſehenen Kaufmannes beſſer beſtellt finden, als die
ſeinigen.“
„Wir werden, fuhr Goethe fort, dieſen Herbſt den
Tag feiern, an welchem der Großherzog ſeit funfzig
Jahren regiert und geherrſcht hat. Allein, wenn ich es
recht bedenke, dieſes ſein Herrſchen, was war es weiter,
als ein beſtändiges Dienen! Was war es, als ein
Dienen in Erreichung großer Zwecke, ein Dienen zum
Wohl ſeines Volkes! — Soll ich denn alſo mit Gewalt
ein Fürſtenknecht ſeyn, ſo iſt es wenigſtens mein Troſt,
daß ich doch nur der Knecht eines Solchen bin, der ſelber
ein Knecht des allgemeinen Beſten iſt.“
Freitag, den 29. April 1825.
Der Bau des neuen Theaters war dieſe Zeit her
raſch vorgeſchritten, die Grundmauern ſtiegen ſchon
überall empor und ließen ein baldiges ſehr ſchönes
Gebäude hoffen.
Heute aber, als ich den Bauplatz beſuchte, ſah ich
zu meinem Schrecken, daß die Arbeit eingeſtellt war;
auch hörte ich gerüchtweiſe, daß eine andere Partei gegen
Goethe's und Coudray's Plan noch endlich obgeſiegt
habe, daß Coudray von der Leitung des Baues zurück¬
trete und daß ein anderer Architekt nach einem neuen
Riß den Bau ausführen und den bereits gelegten Grund
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/110>, abgerufen am 24.11.2024.
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