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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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für einen Franken kaufte und neben einer Zeichnung
als meine einzige Eroberung mit in meine Heimath
brachte.

"Das sieht Ihnen ähnlich, erwiederte Goethe. Aber
denken Sie nur nicht, man könnte etwas Natürliches
und Schönes populär machen. Zum wenigsten will es
Zeit haben und verlangt verzweifelte Künste. Aber ich
kann mir denken, es mag schön seyn, dieses Brabanter
Schießen. Unser deutsches Kegelbahn-Vergnügen erscheint
dagegen roh und ordinär und hat sehr viel vom Phi¬
lister."

Das Schöne beim Bogenschießen ist, erwiederte ich,
daß es den Körper gleichmäßig entwickelt und die Kräfte
gleichmäßig in Anspruch nimmt. Da ist der linke Arm,
der den Bogen hinaushält, straff, stark und ohne Wan¬
ken; da ist der rechte, der mit dem Pfeil die Senne
zieht und nicht weniger kräftig seyn muß. Zugleich
beide Füße und Schenkel strack zum Boden gestreckt,
dem Oberkörper als feste Basis. Das zielende Auge,
die Muskeln des Halses und Nackens, Alles in hoher
Spannung und Thätigkeit. Und nun das Gefühl und
die Freude, wenn der Pfeil hinauszischt und im erwünsch¬
ten Ziele steckt! Ich kenne keine körperliche Uebung, die
nur irgend damit zu vergleichen.

"Es wäre etwas für unsere Turn-Anstalten, versetzte
Goethe. Und da sollte es mich nicht wundern, wenn
wir nach zwanzig Jahren in Deutschland tüchtige

für einen Franken kaufte und neben einer Zeichnung
als meine einzige Eroberung mit in meine Heimath
brachte.

„Das ſieht Ihnen ähnlich, erwiederte Goethe. Aber
denken Sie nur nicht, man könnte etwas Natürliches
und Schönes populär machen. Zum wenigſten will es
Zeit haben und verlangt verzweifelte Künſte. Aber ich
kann mir denken, es mag ſchön ſeyn, dieſes Brabanter
Schießen. Unſer deutſches Kegelbahn-Vergnügen erſcheint
dagegen roh und ordinär und hat ſehr viel vom Phi¬
liſter.“

Das Schöne beim Bogenſchießen iſt, erwiederte ich,
daß es den Körper gleichmäßig entwickelt und die Kräfte
gleichmäßig in Anſpruch nimmt. Da iſt der linke Arm,
der den Bogen hinaushält, ſtraff, ſtark und ohne Wan¬
ken; da iſt der rechte, der mit dem Pfeil die Senne
zieht und nicht weniger kräftig ſeyn muß. Zugleich
beide Füße und Schenkel ſtrack zum Boden geſtreckt,
dem Oberkörper als feſte Baſis. Das zielende Auge,
die Muskeln des Halſes und Nackens, Alles in hoher
Spannung und Thätigkeit. Und nun das Gefühl und
die Freude, wenn der Pfeil hinausziſcht und im erwünſch¬
ten Ziele ſteckt! Ich kenne keine körperliche Uebung, die
nur irgend damit zu vergleichen.

„Es wäre etwas für unſere Turn-Anſtalten, verſetzte
Goethe. Und da ſollte es mich nicht wundern, wenn
wir nach zwanzig Jahren in Deutſchland tüchtige

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[96/0118] für einen Franken kaufte und neben einer Zeichnung als meine einzige Eroberung mit in meine Heimath brachte. „Das ſieht Ihnen ähnlich, erwiederte Goethe. Aber denken Sie nur nicht, man könnte etwas Natürliches und Schönes populär machen. Zum wenigſten will es Zeit haben und verlangt verzweifelte Künſte. Aber ich kann mir denken, es mag ſchön ſeyn, dieſes Brabanter Schießen. Unſer deutſches Kegelbahn-Vergnügen erſcheint dagegen roh und ordinär und hat ſehr viel vom Phi¬ liſter.“ Das Schöne beim Bogenſchießen iſt, erwiederte ich, daß es den Körper gleichmäßig entwickelt und die Kräfte gleichmäßig in Anſpruch nimmt. Da iſt der linke Arm, der den Bogen hinaushält, ſtraff, ſtark und ohne Wan¬ ken; da iſt der rechte, der mit dem Pfeil die Senne zieht und nicht weniger kräftig ſeyn muß. Zugleich beide Füße und Schenkel ſtrack zum Boden geſtreckt, dem Oberkörper als feſte Baſis. Das zielende Auge, die Muskeln des Halſes und Nackens, Alles in hoher Spannung und Thätigkeit. Und nun das Gefühl und die Freude, wenn der Pfeil hinausziſcht und im erwünſch¬ ten Ziele ſteckt! Ich kenne keine körperliche Uebung, die nur irgend damit zu vergleichen. „Es wäre etwas für unſere Turn-Anſtalten, verſetzte Goethe. Und da ſollte es mich nicht wundern, wenn wir nach zwanzig Jahren in Deutſchland tüchtige

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/118>, abgerufen am 24.11.2024.