angeknüpft worden, wovon er sich für die Anerkennung und Verbreitung der deutschen Literatur in Frankreich die schönsten Folgen verspreche.
"Ampere, fügte er hinzu, steht freilich in seiner Bildung so hoch, daß die nationalen Vorurtheile, Appre¬ hensionen und Bornirtheiten vieler seiner Landsleute weit hinter ihm liegen, und er seinem Geiste nach weit mehr ein Weltbürger ist, als ein Bürger von Paris. Ich sehe übrigens die Zeit kommen, wo er in Frank¬ reich Tausende haben wird, die ihm gleich denken."
Sonntag, den 6. Mai 1827.
Abermalige Tischgesellschaft bei Goethe, wobei die¬ selbigen Personen zugegen, wie vorgestern. Man sprach sehr viel über die Helena und den Tasso. Goethe er¬ zählte uns darauf, wie er im Jahre 1797 den Plan gehabt, die Tage vom Tell als episches Gedicht in Hexametern zu behandeln.
"Ich besuchte, sagte er, im gedachten Jahre noch einmal die kleinen Cantone und den Vierwaldstädter See, und diese reizende, herrliche und großartige Natur machte auf mich abermals einen solchen Eindruck, daß es mich anlockte, die Abwechselung und Fülle einer so unvergleichlichen Landschaft in einem Gedicht darzu¬ stellen. Um aber in meine Darstellung mehr Reiz, Interesse und Leben zu bringen, hielt ich es für gut, den höchst bedeutenden Grund und Boden mit ebenso
angeknüpft worden, wovon er ſich für die Anerkennung und Verbreitung der deutſchen Literatur in Frankreich die ſchönſten Folgen verſpreche.
„Ampère, fügte er hinzu, ſteht freilich in ſeiner Bildung ſo hoch, daß die nationalen Vorurtheile, Appre¬ henſionen und Bornirtheiten vieler ſeiner Landsleute weit hinter ihm liegen, und er ſeinem Geiſte nach weit mehr ein Weltbürger iſt, als ein Bürger von Paris. Ich ſehe übrigens die Zeit kommen, wo er in Frank¬ reich Tauſende haben wird, die ihm gleich denken.“
Sonntag, den 6. Mai 1827.
Abermalige Tiſchgeſellſchaft bei Goethe, wobei die¬ ſelbigen Perſonen zugegen, wie vorgeſtern. Man ſprach ſehr viel über die Helena und den Taſſo. Goethe er¬ zählte uns darauf, wie er im Jahre 1797 den Plan gehabt, die Tage vom Tell als epiſches Gedicht in Hexametern zu behandeln.
„Ich beſuchte, ſagte er, im gedachten Jahre noch einmal die kleinen Cantone und den Vierwaldſtädter See, und dieſe reizende, herrliche und großartige Natur machte auf mich abermals einen ſolchen Eindruck, daß es mich anlockte, die Abwechſelung und Fülle einer ſo unvergleichlichen Landſchaft in einem Gedicht darzu¬ ſtellen. Um aber in meine Darſtellung mehr Reiz, Intereſſe und Leben zu bringen, hielt ich es für gut, den höchſt bedeutenden Grund und Boden mit ebenſo
<TEI><text><body><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0190"n="168"/>
angeknüpft worden, wovon er ſich für die Anerkennung<lb/>
und Verbreitung der deutſchen Literatur in Frankreich<lb/>
die ſchönſten Folgen verſpreche.</p><lb/><p>„Amp<hirendition="#aq">è</hi>re, fügte er hinzu, ſteht freilich in ſeiner<lb/>
Bildung ſo hoch, daß die nationalen Vorurtheile, Appre¬<lb/>
henſionen und Bornirtheiten vieler ſeiner Landsleute<lb/>
weit hinter ihm liegen, und er ſeinem Geiſte nach weit<lb/>
mehr ein Weltbürger iſt, als ein Bürger von Paris.<lb/>
Ich ſehe übrigens die Zeit kommen, wo er in Frank¬<lb/>
reich Tauſende haben wird, die ihm gleich denken.“</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="4"><datelinerendition="#right">Sonntag, den 6. Mai 1827.<lb/></dateline><p>Abermalige Tiſchgeſellſchaft bei Goethe, wobei die¬<lb/>ſelbigen Perſonen zugegen, wie vorgeſtern. Man ſprach<lb/>ſehr viel über die Helena und den Taſſo. Goethe er¬<lb/>
zählte uns darauf, wie er im Jahre 1797 den Plan<lb/>
gehabt, die Tage vom <hirendition="#g">Tell</hi> als epiſches Gedicht in<lb/>
Hexametern zu behandeln.</p><lb/><p>„Ich beſuchte, ſagte er, im gedachten Jahre noch<lb/>
einmal die kleinen Cantone und den Vierwaldſtädter<lb/>
See, und dieſe reizende, herrliche und großartige Natur<lb/>
machte auf mich abermals einen ſolchen Eindruck, daß<lb/>
es mich anlockte, die Abwechſelung und Fülle einer ſo<lb/>
unvergleichlichen Landſchaft in einem Gedicht darzu¬<lb/>ſtellen. Um aber in meine Darſtellung mehr Reiz,<lb/>
Intereſſe und Leben zu bringen, hielt ich es für gut,<lb/>
den höchſt bedeutenden Grund und Boden mit ebenſo<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[168/0190]
angeknüpft worden, wovon er ſich für die Anerkennung
und Verbreitung der deutſchen Literatur in Frankreich
die ſchönſten Folgen verſpreche.
„Ampère, fügte er hinzu, ſteht freilich in ſeiner
Bildung ſo hoch, daß die nationalen Vorurtheile, Appre¬
henſionen und Bornirtheiten vieler ſeiner Landsleute
weit hinter ihm liegen, und er ſeinem Geiſte nach weit
mehr ein Weltbürger iſt, als ein Bürger von Paris.
Ich ſehe übrigens die Zeit kommen, wo er in Frank¬
reich Tauſende haben wird, die ihm gleich denken.“
Sonntag, den 6. Mai 1827.
Abermalige Tiſchgeſellſchaft bei Goethe, wobei die¬
ſelbigen Perſonen zugegen, wie vorgeſtern. Man ſprach
ſehr viel über die Helena und den Taſſo. Goethe er¬
zählte uns darauf, wie er im Jahre 1797 den Plan
gehabt, die Tage vom Tell als epiſches Gedicht in
Hexametern zu behandeln.
„Ich beſuchte, ſagte er, im gedachten Jahre noch
einmal die kleinen Cantone und den Vierwaldſtädter
See, und dieſe reizende, herrliche und großartige Natur
machte auf mich abermals einen ſolchen Eindruck, daß
es mich anlockte, die Abwechſelung und Fülle einer ſo
unvergleichlichen Landſchaft in einem Gedicht darzu¬
ſtellen. Um aber in meine Darſtellung mehr Reiz,
Intereſſe und Leben zu bringen, hielt ich es für gut,
den höchſt bedeutenden Grund und Boden mit ebenſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/190>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.