verbreitet und eingepflanzt hat, und schon im Thiere dasjenige als Knospe andeutet, was im edlen Menschen zur schönsten Blüthe kommt. Fahren Sie ja in Ihren Studien und Ihren Beobachtungen fort! Sie scheinen darin ein besonderes Glück zu haben und können noch ferner zu ganz unschätzbaren Resultaten kommen."
Indeß wir nun so an unserm Tische in freier Natur uns über gute und tiefe Dinge unterhielten, neigte sich die Sonne den Gipfeln der westlichen Hügel zu, und Goethe fand es an der Zeit, unsern Rückweg anzutre¬ ten. Wir fuhren rasch durch Jena, und nachdem wir im Bären bezahlt und noch einen kurzen Besuch bei Frommann's gemacht, ging es im scharfen Trapp nach Weimar.
Donnerstag, den 18. October 1827.
Hegel ist hier, den Goethe persönlich sehr hoch schätzt, wenn auch einige seiner Philosophie entsprossenen Früchte ihm nicht sonderlich munden wollen. Goethe gab ihm zu Ehren diesen Abend einen Thee, wobei auch Zelter gegenwärtig, der aber noch diese Nacht wieder abzureisen im Sinne hatte.
Man sprach sehr viel über Hamann, wobei beson¬ ders Hegel das Wort führte und über jenen außerordent¬ lichen Geist so gründliche Ansichten entwickelte, wie sie nur aus dem ernstesten und gewissenhaftesten Studium des Gegenstandes hervorgehen konnten.
verbreitet und eingepflanzt hat, und ſchon im Thiere dasjenige als Knospe andeutet, was im edlen Menſchen zur ſchönſten Blüthe kommt. Fahren Sie ja in Ihren Studien und Ihren Beobachtungen fort! Sie ſcheinen darin ein beſonderes Glück zu haben und können noch ferner zu ganz unſchätzbaren Reſultaten kommen.“
Indeß wir nun ſo an unſerm Tiſche in freier Natur uns über gute und tiefe Dinge unterhielten, neigte ſich die Sonne den Gipfeln der weſtlichen Hügel zu, und Goethe fand es an der Zeit, unſern Rückweg anzutre¬ ten. Wir fuhren raſch durch Jena, und nachdem wir im Bären bezahlt und noch einen kurzen Beſuch bei Frommann's gemacht, ging es im ſcharfen Trapp nach Weimar.
Donnerstag, den 18. October 1827.
Hegel iſt hier, den Goethe perſönlich ſehr hoch ſchätzt, wenn auch einige ſeiner Philoſophie entſproſſenen Früchte ihm nicht ſonderlich munden wollen. Goethe gab ihm zu Ehren dieſen Abend einen Thee, wobei auch Zelter gegenwärtig, der aber noch dieſe Nacht wieder abzureiſen im Sinne hatte.
Man ſprach ſehr viel über Hamann, wobei beſon¬ ders Hegel das Wort führte und über jenen außerordent¬ lichen Geiſt ſo gründliche Anſichten entwickelte, wie ſie nur aus dem ernſteſten und gewiſſenhafteſten Studium des Gegenſtandes hervorgehen konnten.
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[221/0243]
verbreitet und eingepflanzt hat, und ſchon im Thiere
dasjenige als Knospe andeutet, was im edlen Menſchen
zur ſchönſten Blüthe kommt. Fahren Sie ja in Ihren
Studien und Ihren Beobachtungen fort! Sie ſcheinen
darin ein beſonderes Glück zu haben und können noch
ferner zu ganz unſchätzbaren Reſultaten kommen.“
Indeß wir nun ſo an unſerm Tiſche in freier Natur
uns über gute und tiefe Dinge unterhielten, neigte ſich
die Sonne den Gipfeln der weſtlichen Hügel zu, und
Goethe fand es an der Zeit, unſern Rückweg anzutre¬
ten. Wir fuhren raſch durch Jena, und nachdem wir
im Bären bezahlt und noch einen kurzen Beſuch bei
Frommann's gemacht, ging es im ſcharfen Trapp
nach Weimar.
Donnerstag, den 18. October 1827.
Hegel iſt hier, den Goethe perſönlich ſehr hoch
ſchätzt, wenn auch einige ſeiner Philoſophie entſproſſenen
Früchte ihm nicht ſonderlich munden wollen. Goethe
gab ihm zu Ehren dieſen Abend einen Thee, wobei
auch Zelter gegenwärtig, der aber noch dieſe Nacht
wieder abzureiſen im Sinne hatte.
Man ſprach ſehr viel über Hamann, wobei beſon¬
ders Hegel das Wort führte und über jenen außerordent¬
lichen Geiſt ſo gründliche Anſichten entwickelte, wie ſie
nur aus dem ernſteſten und gewiſſenhafteſten Studium
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/243>, abgerufen am 21.11.2024.
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