hen im Stande sey, während er in seiner Jugend zu seinem Götz keinen Verleger habe finden können. "Ihren Handelsvertrag, sagte er, nehme ich an; wenn meine Cedraten verschmaus't seyn werden, vergessen Sie ja nicht andere zu kommandiren; ich werde pünktlich mit mei¬ nen poetischen Wechseln zahlen."
Sonntag, den 21. December 1828.
Ich hatte in voriger Nacht einen wunderlichen Traum, den ich diesen Abend Goethen erzählte und den er sehr artig fand. Ich sah mich nämlich in einer fremden Stadt, in einer breiten Straße gegen Südost, wo ich mit einer Menge Menschen stand und den Him¬ mel betrachtete, der wie mit leisen Dünsten bedeckt schien und im hellsten Gelb leuchtete. Jedermann war erwartungsvoll, was sich ereignen würde, als sich zwei feurige Punkte bildeten, die, gleich Meteorsteinen, mit Krachen vor uns niederfuhren, nicht weit von der Stelle, wo wir standen. Man eilte hin, um zu sehen was herabgekommen war, und siehe! es trat mir ent¬ gegen: Faust und Mephistopheles. -- Ich war erfreut-verwundert, und gesellte mich zu ihnen, als zu Bekannten, und ging neben ihnen her in heiterer Unterhaltung, indem wir um die nächste Straßenecke bogen. Was wir sprachen, ist mir nicht geblieben; doch der Eindruck ihres körperlichen Wesens war so eigener Art, daß er mir vollkommen deutlich und nicht
18*
hen im Stande ſey, während er in ſeiner Jugend zu ſeinem Götz keinen Verleger habe finden können. „Ihren Handelsvertrag, ſagte er, nehme ich an; wenn meine Cedraten verſchmauſ't ſeyn werden, vergeſſen Sie ja nicht andere zu kommandiren; ich werde pünktlich mit mei¬ nen poetiſchen Wechſeln zahlen.“
Sonntag, den 21. December 1828.
Ich hatte in voriger Nacht einen wunderlichen Traum, den ich dieſen Abend Goethen erzählte und den er ſehr artig fand. Ich ſah mich nämlich in einer fremden Stadt, in einer breiten Straße gegen Südoſt, wo ich mit einer Menge Menſchen ſtand und den Him¬ mel betrachtete, der wie mit leiſen Dünſten bedeckt ſchien und im hellſten Gelb leuchtete. Jedermann war erwartungsvoll, was ſich ereignen würde, als ſich zwei feurige Punkte bildeten, die, gleich Meteorſteinen, mit Krachen vor uns niederfuhren, nicht weit von der Stelle, wo wir ſtanden. Man eilte hin, um zu ſehen was herabgekommen war, und ſiehe! es trat mir ent¬ gegen: Fauſt und Mephiſtopheles. — Ich war erfreut-verwundert, und geſellte mich zu ihnen, als zu Bekannten, und ging neben ihnen her in heiterer Unterhaltung, indem wir um die nächſte Straßenecke bogen. Was wir ſprachen, iſt mir nicht geblieben; doch der Eindruck ihres körperlichen Weſens war ſo eigener Art, daß er mir vollkommen deutlich und nicht
18*
<TEI><text><body><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0297"n="275"/>
hen im Stande ſey, während er in ſeiner Jugend zu<lb/>ſeinem Götz keinen Verleger habe finden können. „Ihren<lb/>
Handelsvertrag, ſagte er, nehme ich an; wenn meine<lb/>
Cedraten verſchmauſ't ſeyn werden, vergeſſen Sie ja nicht<lb/>
andere zu kommandiren; ich werde pünktlich mit mei¬<lb/>
nen poetiſchen Wechſeln zahlen.“</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="4"><datelinerendition="#right">Sonntag, den 21. December 1828.<lb/></dateline><p>Ich hatte in voriger Nacht einen wunderlichen<lb/>
Traum, den ich dieſen Abend Goethen erzählte und<lb/>
den er ſehr artig fand. Ich ſah mich nämlich in einer<lb/>
fremden Stadt, in einer breiten Straße gegen Südoſt,<lb/>
wo ich mit einer Menge Menſchen ſtand und den Him¬<lb/>
mel betrachtete, der wie mit leiſen Dünſten bedeckt<lb/>ſchien und im hellſten Gelb leuchtete. Jedermann war<lb/>
erwartungsvoll, was ſich ereignen würde, als ſich zwei<lb/>
feurige Punkte bildeten, die, gleich Meteorſteinen, mit<lb/>
Krachen vor uns niederfuhren, nicht weit von der<lb/>
Stelle, wo wir ſtanden. Man eilte hin, um zu ſehen<lb/>
was herabgekommen war, und ſiehe! es trat mir ent¬<lb/>
gegen: <hirendition="#g">Fauſt</hi> und <hirendition="#g">Mephiſtopheles</hi>. — Ich war<lb/>
erfreut-verwundert, und geſellte mich zu ihnen, als<lb/>
zu Bekannten, und ging neben ihnen her in heiterer<lb/>
Unterhaltung, indem wir um die nächſte Straßenecke<lb/>
bogen. Was wir ſprachen, iſt mir nicht geblieben;<lb/>
doch der Eindruck ihres körperlichen Weſens war ſo<lb/>
eigener Art, daß er mir vollkommen deutlich und nicht<lb/><fwplace="bottom"type="sig">18*<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[275/0297]
hen im Stande ſey, während er in ſeiner Jugend zu
ſeinem Götz keinen Verleger habe finden können. „Ihren
Handelsvertrag, ſagte er, nehme ich an; wenn meine
Cedraten verſchmauſ't ſeyn werden, vergeſſen Sie ja nicht
andere zu kommandiren; ich werde pünktlich mit mei¬
nen poetiſchen Wechſeln zahlen.“
Sonntag, den 21. December 1828.
Ich hatte in voriger Nacht einen wunderlichen
Traum, den ich dieſen Abend Goethen erzählte und
den er ſehr artig fand. Ich ſah mich nämlich in einer
fremden Stadt, in einer breiten Straße gegen Südoſt,
wo ich mit einer Menge Menſchen ſtand und den Him¬
mel betrachtete, der wie mit leiſen Dünſten bedeckt
ſchien und im hellſten Gelb leuchtete. Jedermann war
erwartungsvoll, was ſich ereignen würde, als ſich zwei
feurige Punkte bildeten, die, gleich Meteorſteinen, mit
Krachen vor uns niederfuhren, nicht weit von der
Stelle, wo wir ſtanden. Man eilte hin, um zu ſehen
was herabgekommen war, und ſiehe! es trat mir ent¬
gegen: Fauſt und Mephiſtopheles. — Ich war
erfreut-verwundert, und geſellte mich zu ihnen, als
zu Bekannten, und ging neben ihnen her in heiterer
Unterhaltung, indem wir um die nächſte Straßenecke
bogen. Was wir ſprachen, iſt mir nicht geblieben;
doch der Eindruck ihres körperlichen Weſens war ſo
eigener Art, daß er mir vollkommen deutlich und nicht
18*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/297>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.