sie mir auch entgegentreten möge. Ob sie drohend oder lockend, von oben oder von unten an mich komme, ich werde ihr keinen Ein- fluß auf meine Ueberzeugung gestatten. Da- rum bin ich auch ganz unbesorgt, was die Zukunft bringen möge."
Es ist eine bekannte und allgemeine Klage, daß es heutzutage an Männern, d. h. an Männern von Charakter fehle. Wenn diese Behauptung auch nicht wörtlich zutrifft, so ist doch die Zahl charaktervoller Männer viel zu klein, um dem Verderben Einhalt zu thun, welches immer drohender über den Staat und alle Klassen der heutigen Gesellschaft hereinbricht infolge der zunehmenden Cha- rakterlosigkeit. Es ist auch leicht einzusehen, warum das so kommt und so kommen muß. Das Temperament ist angeboren, der Cha- rakter muß gebildet werden, und nichts fehlt so sehr in unserer Zeit, als die Charakter- bildung, d. h. die sittliche Erziehung im Geiste des Christentums, und zwar vorab bei der männlichen Jugend.
Der Charakter des Mannes beruht auf zwei Dingen, auf der Herrschaft des Geistes über die Leidenschaften und Begierden und auf dem Handeln nach Grundsätzen, d. h. in
sie mir auch entgegentreten möge. Ob sie drohend oder lockend, von oben oder von unten an mich komme, ich werde ihr keinen Ein- fluß auf meine Ueberzeugung gestatten. Da- rum bin ich auch ganz unbesorgt, was die Zukunft bringen möge.“
Es ist eine bekannte und allgemeine Klage, daß es heutzutage an Männern, d. h. an Männern von Charakter fehle. Wenn diese Behauptung auch nicht wörtlich zutrifft, so ist doch die Zahl charaktervoller Männer viel zu klein, um dem Verderben Einhalt zu thun, welches immer drohender über den Staat und alle Klassen der heutigen Gesellschaft hereinbricht infolge der zunehmenden Cha- rakterlosigkeit. Es ist auch leicht einzusehen, warum das so kommt und so kommen muß. Das Temperament ist angeboren, der Cha- rakter muß gebildet werden, und nichts fehlt so sehr in unserer Zeit, als die Charakter- bildung, d. h. die sittliche Erziehung im Geiste des Christentums, und zwar vorab bei der männlichen Jugend.
Der Charakter des Mannes beruht auf zwei Dingen, auf der Herrschaft des Geistes über die Leidenschaften und Begierden und auf dem Handeln nach Grundsätzen, d. h. in
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sie mir auch entgegentreten möge. Ob sie
drohend oder lockend, von oben oder von unten
an mich komme, ich werde ihr keinen Ein-
fluß auf meine Ueberzeugung gestatten. Da-
rum bin ich auch ganz unbesorgt, was die
Zukunft bringen möge.“
Es ist eine bekannte und allgemeine Klage,
daß es heutzutage an Männern, d. h. an
Männern von Charakter fehle. Wenn diese
Behauptung auch nicht wörtlich zutrifft, so
ist doch die Zahl charaktervoller Männer viel
zu klein, um dem Verderben Einhalt zu thun,
welches immer drohender über den Staat
und alle Klassen der heutigen Gesellschaft
hereinbricht infolge der zunehmenden Cha-
rakterlosigkeit. Es ist auch leicht einzusehen,
warum das so kommt und so kommen muß.
Das Temperament ist angeboren, der Cha-
rakter muß gebildet werden, und nichts fehlt
so sehr in unserer Zeit, als die Charakter-
bildung, d. h. die sittliche Erziehung im Geiste
des Christentums, und zwar vorab bei der
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/200>, abgerufen am 21.11.2024.
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