Anders steht es leider in unserer Zeit. In jeder größeren Ortschaft giebt es junge Leute, die schon sehr frühe in religiöser und sittlicher Hinsicht grundverdorben sind. Diese wirken mit ihrem Umgang auf die guten Kameraden, wie faule Aepfel auf frische, wenn sie in einem Korbe beisammen sind. Da ist es Gewissenssache der Eltern, vorsichtig zu sein. Der zweite Uebelstand unserer Zeit ist der fast allgemein gewordene Aberglaube, daß man nicht heiter und fröh- lich sein könne ohne Trinken und Wirts- hausbesuch. Sobald Jünglinge sich diesem Vergnügen zuwenden, ist für sie, wie die Erfahrung zeigt, alles zu fürchten.
Und doch soll der Jüngling seine Erho- lung haben, er darf sich nicht langweilen, z. B. am Sonntag Nachmittag soll sein Ge- müt nicht unbefriedigt bleiben. Am besten ist es, wenn man ihm in der Familie selber in Bezug auf Unterhaltung, Spiel und Lek- türe das Passende bieten kann, und er da- mit zufrieden ist. Besteht am Orte ein Jünglings-Verein oder ein verwandter katho- lischer Verein, so kann er da unter Alters- genossen und der nötigen Aufsicht sich am besten unterhalten und erholen. Auch in den
Anders steht es leider in unserer Zeit. In jeder größeren Ortschaft giebt es junge Leute, die schon sehr frühe in religiöser und sittlicher Hinsicht grundverdorben sind. Diese wirken mit ihrem Umgang auf die guten Kameraden, wie faule Aepfel auf frische, wenn sie in einem Korbe beisammen sind. Da ist es Gewissenssache der Eltern, vorsichtig zu sein. Der zweite Uebelstand unserer Zeit ist der fast allgemein gewordene Aberglaube, daß man nicht heiter und fröh- lich sein könne ohne Trinken und Wirts- hausbesuch. Sobald Jünglinge sich diesem Vergnügen zuwenden, ist für sie, wie die Erfahrung zeigt, alles zu fürchten.
Und doch soll der Jüngling seine Erho- lung haben, er darf sich nicht langweilen, z. B. am Sonntag Nachmittag soll sein Ge- müt nicht unbefriedigt bleiben. Am besten ist es, wenn man ihm in der Familie selber in Bezug auf Unterhaltung, Spiel und Lek- türe das Passende bieten kann, und er da- mit zufrieden ist. Besteht am Orte ein Jünglings-Verein oder ein verwandter katho- lischer Verein, so kann er da unter Alters- genossen und der nötigen Aufsicht sich am besten unterhalten und erholen. Auch in den
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Anders steht es leider in unserer Zeit.
In jeder größeren Ortschaft giebt es junge
Leute, die schon sehr frühe in religiöser
und sittlicher Hinsicht grundverdorben sind.
Diese wirken mit ihrem Umgang auf die
guten Kameraden, wie faule Aepfel auf
frische, wenn sie in einem Korbe beisammen
sind. Da ist es Gewissenssache der Eltern,
vorsichtig zu sein. Der zweite Uebelstand
unserer Zeit ist der fast allgemein gewordene
Aberglaube, daß man nicht heiter und fröh-
lich sein könne ohne Trinken und Wirts-
hausbesuch. Sobald Jünglinge sich diesem
Vergnügen zuwenden, ist für sie, wie die
Erfahrung zeigt, alles zu fürchten.
Und doch soll der Jüngling seine Erho-
lung haben, er darf sich nicht langweilen,
z. B. am Sonntag Nachmittag soll sein Ge-
müt nicht unbefriedigt bleiben. Am besten
ist es, wenn man ihm in der Familie selber
in Bezug auf Unterhaltung, Spiel und Lek-
türe das Passende bieten kann, und er da-
mit zufrieden ist. Besteht am Orte ein
Jünglings-Verein oder ein verwandter katho-
lischer Verein, so kann er da unter Alters-
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/207>, abgerufen am 24.11.2024.
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