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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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einmal wieder viel an ihr, doch nur vorübergehend.
Viel heftiger, und uns allen unerklärlich aber er¬
schütterte sie der Anblick der alten Mühle, wohin
wir sie mitnahmen, als ich hingebracht wurde; sie
zitterte am ganzen Leibe. Julie nahm sie daher
künftig niemals mehr mit dorthin. Gestern aber
war sie Ihr heimlich nachgeschlichen, und sie war
es, die Du im weißen Gewande singend vor der
Mühle trafst. Wir waren in nicht geringer Be¬
sorgniß, daß sie Dich nicht so plötzlich wiedersähe,
und Julie schickte sie daher heimlich mit dem Be¬
dienten sogleich wieder auf das Schloß zurück. Dort
muß sie aber in der Nacht ihrer alten Knabentracht
habhaft geworden und noch einmal entwichen seyn.

Der Schluß von Leontins Erzählung bestättigte
Friedrichs Ahnung, daß Erwin wirklich dasselbe
Mädchen seyn müsse, das ihm damals in jener
fürchterlichen Nacht in der Mühle Feuer gemacht
und hinaufgeleuchtet hatte, womit auch ihre schon
bemerkte Aehnlichkeit vollkommen übereinstimmte. Er
versank darüber in Gedanken und sie beschleunigten
beyde stillschweigend wieder ihre Reise.

Gegen Abend erblickten sie auf einmal von ei¬
ner Höhe fern unten die Kuppeln der Residenz.
Ein von plötzlichem Regen angeschwollener Gebirgs¬
bach hinderte sie zugleich, ihren Weg in der bishe¬
rigen Richtung fortzusetzen. Sie blieben eine Weile
unentschlossen stehen. Die Dämmerung fieng indeß
an, sich niederzusenken, da bemerkten sie mit Ver¬

wun¬

einmal wieder viel an ihr, doch nur vorübergehend.
Viel heftiger, und uns allen unerklärlich aber er¬
ſchütterte ſie der Anblick der alten Mühle, wohin
wir ſie mitnahmen, als ich hingebracht wurde; ſie
zitterte am ganzen Leibe. Julie nahm ſie daher
künftig niemals mehr mit dorthin. Geſtern aber
war ſie Ihr heimlich nachgeſchlichen, und ſie war
es, die Du im weißen Gewande ſingend vor der
Mühle trafſt. Wir waren in nicht geringer Be¬
ſorgniß, daß ſie Dich nicht ſo plötzlich wiederſähe,
und Julie ſchickte ſie daher heimlich mit dem Be¬
dienten ſogleich wieder auf das Schloß zurück. Dort
muß ſie aber in der Nacht ihrer alten Knabentracht
habhaft geworden und noch einmal entwichen ſeyn.

Der Schluß von Leontins Erzählung beſtättigte
Friedrichs Ahnung, daß Erwin wirklich daſſelbe
Mädchen ſeyn müſſe, das ihm damals in jener
fürchterlichen Nacht in der Mühle Feuer gemacht
und hinaufgeleuchtet hatte, womit auch ihre ſchon
bemerkte Aehnlichkeit vollkommen übereinſtimmte. Er
verſank darüber in Gedanken und ſie beſchleunigten
beyde ſtillſchweigend wieder ihre Reiſe.

Gegen Abend erblickten ſie auf einmal von ei¬
ner Höhe fern unten die Kuppeln der Reſidenz.
Ein von plötzlichem Regen angeſchwollener Gebirgs¬
bach hinderte ſie zugleich, ihren Weg in der bishe¬
rigen Richtung fortzuſetzen. Sie blieben eine Weile
unentſchloſſen ſtehen. Die Dämmerung fieng indeß
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[384/0390] einmal wieder viel an ihr, doch nur vorübergehend. Viel heftiger, und uns allen unerklärlich aber er¬ ſchütterte ſie der Anblick der alten Mühle, wohin wir ſie mitnahmen, als ich hingebracht wurde; ſie zitterte am ganzen Leibe. Julie nahm ſie daher künftig niemals mehr mit dorthin. Geſtern aber war ſie Ihr heimlich nachgeſchlichen, und ſie war es, die Du im weißen Gewande ſingend vor der Mühle trafſt. Wir waren in nicht geringer Be¬ ſorgniß, daß ſie Dich nicht ſo plötzlich wiederſähe, und Julie ſchickte ſie daher heimlich mit dem Be¬ dienten ſogleich wieder auf das Schloß zurück. Dort muß ſie aber in der Nacht ihrer alten Knabentracht habhaft geworden und noch einmal entwichen ſeyn. Der Schluß von Leontins Erzählung beſtättigte Friedrichs Ahnung, daß Erwin wirklich daſſelbe Mädchen ſeyn müſſe, das ihm damals in jener fürchterlichen Nacht in der Mühle Feuer gemacht und hinaufgeleuchtet hatte, womit auch ihre ſchon bemerkte Aehnlichkeit vollkommen übereinſtimmte. Er verſank darüber in Gedanken und ſie beſchleunigten beyde ſtillſchweigend wieder ihre Reiſe. Gegen Abend erblickten ſie auf einmal von ei¬ ner Höhe fern unten die Kuppeln der Reſidenz. Ein von plötzlichem Regen angeſchwollener Gebirgs¬ bach hinderte ſie zugleich, ihren Weg in der bishe¬ rigen Richtung fortzuſetzen. Sie blieben eine Weile unentſchloſſen ſtehen. Die Dämmerung fieng indeß an, ſich niederzuſenken, da bemerkten ſie mit Ver¬ wun¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/390>, abgerufen am 23.11.2024.