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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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Goethe's Tasso vor. Zwischen den grünen Taxuswän¬
den schillerten von fern die reichen Thäler herauf,
bunte Schmetterlinge flatterten auf den halbverwilder¬
ten Blumenbeeten; die feierliche Pracht der Gänge,
die Hermen römischer Dichter, die in der Einsamkeit
umherstanden, weiterhin über den Buchenwipfeln das
heitere fürstliche Schloß -- alles versetzte ihn recht
mitten in das schöne Gedicht, er las sich immer mehr
in's Feuer. -- Wie schön sie ist! rief da auf einmal
Kordelchen fast traurig aus. Guido glaubte: die Prin¬
zessin im Stück. Kordelchen aber meinte die Gräfin
Juanna, die so eben, eine Laute im Arm, durch den
oberen Schloßgarten ging. Er sah ihr selber nach,
bis sie zwischen den Orangenbäumen wieder verschwun¬
den war, dann fuhr er, etwas gestört, weiter fort.
Aber seine Schülerin war heute ganz zerstreut. Haben
Sie gestern, Abends, Lothario'n droben gesehen? unter¬
brach sie ihn von neuem? ich glaube, er wollte ein
Ständchen bringen. -- Guido wollte aus der Haut
fahren, er nickte ihr nur flüchtig zu, er war eben an
einer Lieblingsstelle und deklamirte so eifrig fort, daß
ihm die Stirn davon roth wurde. Als er aber ein¬
mal über das Buch hinwegsah, hatte Kordelchen gar
ihr Strickzeug weggelegt und den ganzen Schooß voll
Sternblumen. -- Sie liebt ihn -- sie liebt ihn nicht
-- sagte sie leise in Gedanken vor sich hin, eine Blume
nach der andern zerpflückend. -- Guido stand auf,

Goethe's Taſſo vor. Zwiſchen den gruͤnen Taxuswaͤn¬
den ſchillerten von fern die reichen Thaͤler herauf,
bunte Schmetterlinge flatterten auf den halbverwilder¬
ten Blumenbeeten; die feierliche Pracht der Gaͤnge,
die Hermen roͤmiſcher Dichter, die in der Einſamkeit
umherſtanden, weiterhin uͤber den Buchenwipfeln das
heitere fuͤrſtliche Schloß — alles verſetzte ihn recht
mitten in das ſchoͤne Gedicht, er las ſich immer mehr
in's Feuer. — Wie ſchoͤn ſie iſt! rief da auf einmal
Kordelchen faſt traurig aus. Guido glaubte: die Prin¬
zeſſin im Stuͤck. Kordelchen aber meinte die Graͤfin
Juanna, die ſo eben, eine Laute im Arm, durch den
oberen Schloßgarten ging. Er ſah ihr ſelber nach,
bis ſie zwiſchen den Orangenbaͤumen wieder verſchwun¬
den war, dann fuhr er, etwas geſtoͤrt, weiter fort.
Aber ſeine Schuͤlerin war heute ganz zerſtreut. Haben
Sie geſtern, Abends, Lothario'n droben geſehen? unter¬
brach ſie ihn von neuem? ich glaube, er wollte ein
Staͤndchen bringen. — Guido wollte aus der Haut
fahren, er nickte ihr nur fluͤchtig zu, er war eben an
einer Lieblingsſtelle und deklamirte ſo eifrig fort, daß
ihm die Stirn davon roth wurde. Als er aber ein¬
mal uͤber das Buch hinwegſah, hatte Kordelchen gar
ihr Strickzeug weggelegt und den ganzen Schooß voll
Sternblumen. — Sie liebt ihn — ſie liebt ihn nicht
— ſagte ſie leiſe in Gedanken vor ſich hin, eine Blume
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[144/0151] Goethe's Taſſo vor. Zwiſchen den gruͤnen Taxuswaͤn¬ den ſchillerten von fern die reichen Thaͤler herauf, bunte Schmetterlinge flatterten auf den halbverwilder¬ ten Blumenbeeten; die feierliche Pracht der Gaͤnge, die Hermen roͤmiſcher Dichter, die in der Einſamkeit umherſtanden, weiterhin uͤber den Buchenwipfeln das heitere fuͤrſtliche Schloß — alles verſetzte ihn recht mitten in das ſchoͤne Gedicht, er las ſich immer mehr in's Feuer. — Wie ſchoͤn ſie iſt! rief da auf einmal Kordelchen faſt traurig aus. Guido glaubte: die Prin¬ zeſſin im Stuͤck. Kordelchen aber meinte die Graͤfin Juanna, die ſo eben, eine Laute im Arm, durch den oberen Schloßgarten ging. Er ſah ihr ſelber nach, bis ſie zwiſchen den Orangenbaͤumen wieder verſchwun¬ den war, dann fuhr er, etwas geſtoͤrt, weiter fort. Aber ſeine Schuͤlerin war heute ganz zerſtreut. Haben Sie geſtern, Abends, Lothario'n droben geſehen? unter¬ brach ſie ihn von neuem? ich glaube, er wollte ein Staͤndchen bringen. — Guido wollte aus der Haut fahren, er nickte ihr nur fluͤchtig zu, er war eben an einer Lieblingsſtelle und deklamirte ſo eifrig fort, daß ihm die Stirn davon roth wurde. Als er aber ein¬ mal uͤber das Buch hinwegſah, hatte Kordelchen gar ihr Strickzeug weggelegt und den ganzen Schooß voll Sternblumen. — Sie liebt ihn — ſie liebt ihn nicht — ſagte ſie leiſe in Gedanken vor ſich hin, eine Blume nach der andern zerpfluͤckend. — Guido ſtand auf,

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/151>, abgerufen am 21.11.2024.