Wagen und verschwor sich: der Kerl der Hofrath solle sie nehmen, oder er jage ihm eine Kugel durch den Kopf!
Keinem war der Vorfall fataler als Lothario'n, denn der Doctor war ihm lange wie ein Blitzableiter, in den sein Witz und Aerger lustig einzuschlagen pflegte. Er ging so eben, die seltsame Flucht besprechend, mit Fortunaten durch den Garten, als ihnen plötzlich Otto mit leuchtenden Augen entgegenkam. Gute Nachrichten aus Hohenstein! rief er schon von weitem, einen Brief emporhaltend. Er hatte, über alle Er¬ wartung, nicht nur die Zustimmung des Amtmanns in seine Pläne, sondern auch eine bedeutende Summe erhalten, die mehr als zureichend schien, die Reise durch Italien behaglich zu vollenden. Auch ein Brief von Walter an Fortunat war beigeschlossen, den dieser mit großer Freude sogleich erbrach.
"Unser Otto, schrieb der wackere Freund, hat uns von eurem seltsamen Zusammentreffen und dem poeti¬ schen Leben an dem Hoflager des Fürsten ausführli¬ chen Bericht erstattet. Er schreibt überaus lebendig, und es ist uns allen, als wären wir in den Palästen und grünen Gängen mitten unter euch und sähen und hörten jeden nach seiner Weise sich bewegen und spre¬ chen, diesen Lothario, Kordelchen, und dich selbst nicht ausgenommen. Da sitzen wir dann in Hohenstein, wenn im Feld und Haus alles besorgt ist, jeden Abend
Wagen und verſchwor ſich: der Kerl der Hofrath ſolle ſie nehmen, oder er jage ihm eine Kugel durch den Kopf!
Keinem war der Vorfall fataler als Lothario'n, denn der Doctor war ihm lange wie ein Blitzableiter, in den ſein Witz und Aerger luſtig einzuſchlagen pflegte. Er ging ſo eben, die ſeltſame Flucht beſprechend, mit Fortunaten durch den Garten, als ihnen ploͤtzlich Otto mit leuchtenden Augen entgegenkam. Gute Nachrichten aus Hohenſtein! rief er ſchon von weitem, einen Brief emporhaltend. Er hatte, uͤber alle Er¬ wartung, nicht nur die Zuſtimmung des Amtmanns in ſeine Plaͤne, ſondern auch eine bedeutende Summe erhalten, die mehr als zureichend ſchien, die Reiſe durch Italien behaglich zu vollenden. Auch ein Brief von Walter an Fortunat war beigeſchloſſen, den dieſer mit großer Freude ſogleich erbrach.
„Unſer Otto, ſchrieb der wackere Freund, hat uns von eurem ſeltſamen Zuſammentreffen und dem poeti¬ ſchen Leben an dem Hoflager des Fuͤrſten ausfuͤhrli¬ chen Bericht erſtattet. Er ſchreibt uͤberaus lebendig, und es iſt uns allen, als waͤren wir in den Palaͤſten und gruͤnen Gaͤngen mitten unter euch und ſaͤhen und hoͤrten jeden nach ſeiner Weiſe ſich bewegen und ſpre¬ chen, dieſen Lothario, Kordelchen, und dich ſelbſt nicht ausgenommen. Da ſitzen wir dann in Hohenſtein, wenn im Feld und Haus alles beſorgt iſt, jeden Abend
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Wagen und verſchwor ſich: der Kerl der Hofrath ſolle
ſie nehmen, oder er jage ihm eine Kugel durch den Kopf!
Keinem war der Vorfall fataler als Lothario'n,
denn der Doctor war ihm lange wie ein Blitzableiter,
in den ſein Witz und Aerger luſtig einzuſchlagen pflegte.
Er ging ſo eben, die ſeltſame Flucht beſprechend, mit
Fortunaten durch den Garten, als ihnen ploͤtzlich
Otto mit leuchtenden Augen entgegenkam. Gute
Nachrichten aus Hohenſtein! rief er ſchon von weitem,
einen Brief emporhaltend. Er hatte, uͤber alle Er¬
wartung, nicht nur die Zuſtimmung des Amtmanns
in ſeine Plaͤne, ſondern auch eine bedeutende Summe
erhalten, die mehr als zureichend ſchien, die Reiſe
durch Italien behaglich zu vollenden. Auch ein Brief
von Walter an Fortunat war beigeſchloſſen, den dieſer
mit großer Freude ſogleich erbrach.
„Unſer Otto, ſchrieb der wackere Freund, hat uns
von eurem ſeltſamen Zuſammentreffen und dem poeti¬
ſchen Leben an dem Hoflager des Fuͤrſten ausfuͤhrli¬
chen Bericht erſtattet. Er ſchreibt uͤberaus lebendig,
und es iſt uns allen, als waͤren wir in den Palaͤſten
und gruͤnen Gaͤngen mitten unter euch und ſaͤhen und
hoͤrten jeden nach ſeiner Weiſe ſich bewegen und ſpre¬
chen, dieſen Lothario, Kordelchen, und dich ſelbſt nicht
ausgenommen. Da ſitzen wir dann in Hohenſtein,
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/173>, abgerufen am 24.11.2024.
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