fragend in die Augen. Da hielt er sich nicht länger, er drückte sie mit glühenden Küssen an sich. Sie er¬ wiederte flüchtig den Kuß, und sprang dann rasch auf. Ei Ehemann! rief sie mit dem Finger drohend, schwang sich behend auf ihr Pferdchen, und war im Augenblick zwischen den Zelten und Büschen verschwunden.
Otto hatte nun den Wein zu bezahlen, die Neige kam ihm jetzt schaal vor, da Sie die brennendrothen Lippen nicht mehr drin kühlte. Draußen aber war unterdeß der Abend verklungen und verblüht, nur von den Bergen sah man noch einzelne Leuchtkugeln auf¬ steigen. Wie im Taumel wanderte er zwischen den Guitarrenklängen, dem Singen und Plaudern der Heimschwärmenden durch die laue Nacht, als mitten in dem Jubel eine dunkle Gestalt an ihm vorüber¬ streifte, dann aber plötzlich zurückgewandt, ihm fest in's Auge blickte. Mit Erstaunen sah er den Maler Albert vor sich stehen: ganz bleich, verwildert und abgerissen. -- Mein Gott! wie kommen Sie nach Rom, und in diesem Zustande? rief der Ueberraschte aus. -- Verloren, alles verloren! erwiederte Albert finster und mit solchem Ausdruck des tiefsten Grams, daß Otto'n schauderte. Aber hier belauscht uns der Mond noch, auch er ist falsch in diesem Lande, fuhr er fort, indem er Otto's Hand faßte und ihn tiefer in den Wald hineinzog. Rasch und unzusammenhängend erfuhr nun Otto, daß sein wunderlicher Landsmann,
fragend in die Augen. Da hielt er ſich nicht laͤnger, er druͤckte ſie mit gluͤhenden Kuͤſſen an ſich. Sie er¬ wiederte fluͤchtig den Kuß, und ſprang dann raſch auf. Ei Ehemann! rief ſie mit dem Finger drohend, ſchwang ſich behend auf ihr Pferdchen, und war im Augenblick zwiſchen den Zelten und Buͤſchen verſchwunden.
Otto hatte nun den Wein zu bezahlen, die Neige kam ihm jetzt ſchaal vor, da Sie die brennendrothen Lippen nicht mehr drin kuͤhlte. Draußen aber war unterdeß der Abend verklungen und verbluͤht, nur von den Bergen ſah man noch einzelne Leuchtkugeln auf¬ ſteigen. Wie im Taumel wanderte er zwiſchen den Guitarrenklaͤngen, dem Singen und Plaudern der Heimſchwaͤrmenden durch die laue Nacht, als mitten in dem Jubel eine dunkle Geſtalt an ihm voruͤber¬ ſtreifte, dann aber ploͤtzlich zuruͤckgewandt, ihm feſt in's Auge blickte. Mit Erſtaunen ſah er den Maler Albert vor ſich ſtehen: ganz bleich, verwildert und abgeriſſen. — Mein Gott! wie kommen Sie nach Rom, und in dieſem Zuſtande? rief der Ueberraſchte aus. — Verloren, alles verloren! erwiederte Albert finſter und mit ſolchem Ausdruck des tiefſten Grams, daß Otto'n ſchauderte. Aber hier belauſcht uns der Mond noch, auch er iſt falſch in dieſem Lande, fuhr er fort, indem er Otto's Hand faßte und ihn tiefer in den Wald hineinzog. Raſch und unzuſammenhaͤngend erfuhr nun Otto, daß ſein wunderlicher Landsmann,
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fragend in die Augen. Da hielt er ſich nicht laͤnger,
er druͤckte ſie mit gluͤhenden Kuͤſſen an ſich. Sie er¬
wiederte fluͤchtig den Kuß, und ſprang dann raſch auf.
Ei Ehemann! rief ſie mit dem Finger drohend, ſchwang
ſich behend auf ihr Pferdchen, und war im Augenblick
zwiſchen den Zelten und Buͤſchen verſchwunden.
Otto hatte nun den Wein zu bezahlen, die Neige
kam ihm jetzt ſchaal vor, da Sie die brennendrothen
Lippen nicht mehr drin kuͤhlte. Draußen aber war
unterdeß der Abend verklungen und verbluͤht, nur von
den Bergen ſah man noch einzelne Leuchtkugeln auf¬
ſteigen. Wie im Taumel wanderte er zwiſchen den
Guitarrenklaͤngen, dem Singen und Plaudern der
Heimſchwaͤrmenden durch die laue Nacht, als mitten
in dem Jubel eine dunkle Geſtalt an ihm voruͤber¬
ſtreifte, dann aber ploͤtzlich zuruͤckgewandt, ihm feſt
in's Auge blickte. Mit Erſtaunen ſah er den Maler
Albert vor ſich ſtehen: ganz bleich, verwildert und
abgeriſſen. — Mein Gott! wie kommen Sie nach
Rom, und in dieſem Zuſtande? rief der Ueberraſchte
aus. — Verloren, alles verloren! erwiederte Albert
finſter und mit ſolchem Ausdruck des tiefſten Grams,
daß Otto'n ſchauderte. Aber hier belauſcht uns der
Mond noch, auch er iſt falſch in dieſem Lande, fuhr
er fort, indem er Otto's Hand faßte und ihn tiefer in
den Wald hineinzog. Raſch und unzuſammenhaͤngend
erfuhr nun Otto, daß ſein wunderlicher Landsmann,
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/241>, abgerufen am 24.11.2024.
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