Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Fragen, daß die Pachterstöchter aus der Nachbarschaft
angekommen, und mit Florentinen im Garten den alten
gräflichen Hofstaat anprobirt hätten, und daß alle
diese Anstalten auf den feierlichen Empfang des heute
erwarteten Studenten Otto zielten, der nach den ein¬
gelaufenen Nachrichten früher hier eintreffen könnte, als
man Anfangs glaubte. Der Mann aber war der För¬
ster des Orts, der früher selbst das Gymnasium fre¬
quentirt, und seitdem eine wüthende Vorliebe für Stu¬
denten hatte. -- Fortunaten war diese unverhoffte
Wirthschaft ein willkommenes Fest. Er mischte sich
ohne Verzug in das bunte Getümmel, um den Lärm,
wo möglich, noch größer zu machen. Dem Förster
stellte er vor, wie unerläßlich es sey, den Gefeierten
durch ein Triumphthor einzuführen, worauf beide so¬
gleich voll Eifer forteilten, um die nöthigen Materia¬
lien zu dem neuen Werke herbeizuschaffen. Unterwegs
begegneten sie Walter'n, der so eben mit einem Buche
in den Garten ging. Ich muß mich ein wenig sam¬
meln, sagte er flüchtig zu Fortunat, ich freute mich
so auf den stillen Tag im Freien, und nun bricht aller
Plunder herein, es ist mir einmal nicht gegeben, mit
den Leuten über Nichts zu schwatzen, es ist unleidlich!

Inzwischen verzögerte sich Otto's Ankunft von
Stunde zu Stunde. Walter hatte nicht lange gelesen,
sondern revidirte in seiner praktischen Lust mit dem
Amtmann die Höfe, Scheunen und Ställe. Im Gar¬

Fragen, daß die Pachterstoͤchter aus der Nachbarſchaft
angekommen, und mit Florentinen im Garten den alten
graͤflichen Hofſtaat anprobirt haͤtten, und daß alle
dieſe Anſtalten auf den feierlichen Empfang des heute
erwarteten Studenten Otto zielten, der nach den ein¬
gelaufenen Nachrichten fruͤher hier eintreffen koͤnnte, als
man Anfangs glaubte. Der Mann aber war der Foͤr¬
ſter des Orts, der fruͤher ſelbſt das Gymnaſium fre¬
quentirt, und ſeitdem eine wuͤthende Vorliebe fuͤr Stu¬
denten hatte. — Fortunaten war dieſe unverhoffte
Wirthſchaft ein willkommenes Feſt. Er miſchte ſich
ohne Verzug in das bunte Getuͤmmel, um den Laͤrm,
wo moͤglich, noch groͤßer zu machen. Dem Foͤrſter
ſtellte er vor, wie unerlaͤßlich es ſey, den Gefeierten
durch ein Triumphthor einzufuͤhren, worauf beide ſo¬
gleich voll Eifer forteilten, um die noͤthigen Materia¬
lien zu dem neuen Werke herbeizuſchaffen. Unterwegs
begegneten ſie Walter'n, der ſo eben mit einem Buche
in den Garten ging. Ich muß mich ein wenig ſam¬
meln, ſagte er fluͤchtig zu Fortunat, ich freute mich
ſo auf den ſtillen Tag im Freien, und nun bricht aller
Plunder herein, es iſt mir einmal nicht gegeben, mit
den Leuten uͤber Nichts zu ſchwatzen, es iſt unleidlich!

Inzwiſchen verzoͤgerte ſich Otto's Ankunft von
Stunde zu Stunde. Walter hatte nicht lange geleſen,
ſondern revidirte in ſeiner praktiſchen Luſt mit dem
Amtmann die Hoͤfe, Scheunen und Staͤlle. Im Gar¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0037" n="30"/>
Fragen, daß die Pachtersto&#x0364;chter aus der Nachbar&#x017F;chaft<lb/>
angekommen, und mit Florentinen im Garten den alten<lb/>
gra&#x0364;flichen Hof&#x017F;taat anprobirt ha&#x0364;tten, und daß alle<lb/>
die&#x017F;e An&#x017F;talten auf den feierlichen Empfang des heute<lb/>
erwarteten Studenten Otto zielten, der nach den ein¬<lb/>
gelaufenen Nachrichten fru&#x0364;her hier eintreffen ko&#x0364;nnte, als<lb/>
man Anfangs glaubte. Der Mann aber war der Fo&#x0364;<lb/>
&#x017F;ter des Orts, der fru&#x0364;her &#x017F;elb&#x017F;t das Gymna&#x017F;ium fre¬<lb/>
quentirt, und &#x017F;eitdem eine wu&#x0364;thende Vorliebe fu&#x0364;r Stu¬<lb/>
denten hatte. &#x2014; Fortunaten war die&#x017F;e unverhoffte<lb/>
Wirth&#x017F;chaft ein willkommenes Fe&#x017F;t. Er mi&#x017F;chte &#x017F;ich<lb/>
ohne Verzug in das bunte Getu&#x0364;mmel, um den La&#x0364;rm,<lb/>
wo mo&#x0364;glich, noch gro&#x0364;ßer zu machen. Dem Fo&#x0364;r&#x017F;ter<lb/>
&#x017F;tellte er vor, wie unerla&#x0364;ßlich es &#x017F;ey, den Gefeierten<lb/>
durch ein Triumphthor einzufu&#x0364;hren, worauf beide &#x017F;<lb/>
gleich voll Eifer forteilten, um die no&#x0364;thigen Materia¬<lb/>
lien zu dem neuen Werke herbeizu&#x017F;chaffen. Unterwegs<lb/>
begegneten &#x017F;ie Walter'n, der &#x017F;o eben mit einem Buche<lb/>
in den Garten ging. Ich muß mich ein wenig &#x017F;am¬<lb/>
meln, &#x017F;agte er flu&#x0364;chtig zu Fortunat, ich freute mich<lb/>
&#x017F;o auf den &#x017F;tillen Tag im Freien, und nun bricht aller<lb/>
Plunder herein, es i&#x017F;t mir einmal nicht gegeben, mit<lb/>
den Leuten u&#x0364;ber Nichts zu &#x017F;chwatzen, es i&#x017F;t unleidlich!</p><lb/>
          <p>Inzwi&#x017F;chen verzo&#x0364;gerte &#x017F;ich Otto's Ankunft von<lb/>
Stunde zu Stunde. Walter hatte nicht lange gele&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ondern revidirte in &#x017F;einer prakti&#x017F;chen Lu&#x017F;t mit dem<lb/>
Amtmann die Ho&#x0364;fe, Scheunen und Sta&#x0364;lle. Im Gar¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0037] Fragen, daß die Pachterstoͤchter aus der Nachbarſchaft angekommen, und mit Florentinen im Garten den alten graͤflichen Hofſtaat anprobirt haͤtten, und daß alle dieſe Anſtalten auf den feierlichen Empfang des heute erwarteten Studenten Otto zielten, der nach den ein¬ gelaufenen Nachrichten fruͤher hier eintreffen koͤnnte, als man Anfangs glaubte. Der Mann aber war der Foͤr¬ ſter des Orts, der fruͤher ſelbſt das Gymnaſium fre¬ quentirt, und ſeitdem eine wuͤthende Vorliebe fuͤr Stu¬ denten hatte. — Fortunaten war dieſe unverhoffte Wirthſchaft ein willkommenes Feſt. Er miſchte ſich ohne Verzug in das bunte Getuͤmmel, um den Laͤrm, wo moͤglich, noch groͤßer zu machen. Dem Foͤrſter ſtellte er vor, wie unerlaͤßlich es ſey, den Gefeierten durch ein Triumphthor einzufuͤhren, worauf beide ſo¬ gleich voll Eifer forteilten, um die noͤthigen Materia¬ lien zu dem neuen Werke herbeizuſchaffen. Unterwegs begegneten ſie Walter'n, der ſo eben mit einem Buche in den Garten ging. Ich muß mich ein wenig ſam¬ meln, ſagte er fluͤchtig zu Fortunat, ich freute mich ſo auf den ſtillen Tag im Freien, und nun bricht aller Plunder herein, es iſt mir einmal nicht gegeben, mit den Leuten uͤber Nichts zu ſchwatzen, es iſt unleidlich! Inzwiſchen verzoͤgerte ſich Otto's Ankunft von Stunde zu Stunde. Walter hatte nicht lange geleſen, ſondern revidirte in ſeiner praktiſchen Luſt mit dem Amtmann die Hoͤfe, Scheunen und Staͤlle. Im Gar¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/37
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/37>, abgerufen am 21.11.2024.