Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Lieder. I. Frisch eilt der helle Strom hinunter. Drauf zieh'n viel bunte Schifflein munter, Und Strom und Schiff und bunte Scheine, Sie fragen alle: was ich weine? Mir ist so wohl, mir ist so weh, Wie ich den Frühling fahren seh'. Viel Lenze sitz' ich schon da oben, Ein Regenbogen steht im Land erhoben Und durch die Thäler, Wiesen, Wogen Still, wie ein fernes Lied, gezogen, Schifft immerfort Dein himmlisch Bild -- Doch Strom und Schiff hielt niemals still. II. Denk' ich Dein, muß bald verwehen Alle Trübniß weit und breit, Und die frischen Blicke gehen Wie in einen Garten weit. Wunderbare Vögel wieder Weiden dort auf grüner Au', Einsam Engel, alte Lieder Ziehen durch den Himmel blau. Wolken, Ströme, Schiffe, alle Segeln in die Pracht hinein -- Keines kehrt zurück von allen Und ich stehe so allein. Lieder. I. Friſch eilt der helle Strom hinunter. Drauf zieh'n viel bunte Schifflein munter, Und Strom und Schiff und bunte Scheine, Sie fragen alle: was ich weine? Mir iſt ſo wohl, mir iſt ſo weh, Wie ich den Fruͤhling fahren ſeh'. Viel Lenze ſitz' ich ſchon da oben, Ein Regenbogen ſteht im Land erhoben Und durch die Thaͤler, Wieſen, Wogen Still, wie ein fernes Lied, gezogen, Schifft immerfort Dein himmliſch Bild — Doch Strom und Schiff hielt niemals ſtill. II. Denk' ich Dein, muß bald verwehen Alle Truͤbniß weit und breit, Und die friſchen Blicke gehen Wie in einen Garten weit. Wunderbare Voͤgel wieder Weiden dort auf gruͤner Au', Einſam Engel, alte Lieder Ziehen durch den Himmel blau. Wolken, Stroͤme, Schiffe, alle Segeln in die Pracht hinein — Keines kehrt zuruͤck von allen Und ich ſtehe ſo allein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0367" n="349"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Lieder</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg> <head> <hi rendition="#aq #b">I</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">F</hi>riſch eilt der helle Strom hinunter.</l><lb/> <l>Drauf zieh'n viel bunte Schifflein munter,</l><lb/> <l>Und Strom und Schiff und bunte Scheine,</l><lb/> <l>Sie fragen alle: was ich weine?</l><lb/> <l>Mir iſt ſo wohl, mir iſt ſo weh,</l><lb/> <l>Wie ich den Fruͤhling fahren ſeh'.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Viel Lenze ſitz' ich ſchon da oben,</l><lb/> <l>Ein Regenbogen ſteht im Land erhoben</l><lb/> <l>Und durch die Thaͤler, Wieſen, Wogen</l><lb/> <l>Still, wie ein fernes Lied, gezogen,</l><lb/> <l>Schifft immerfort Dein himmliſch Bild —</l><lb/> <l>Doch Strom und Schiff hielt niemals ſtill.</l><lb/> </lg> </lg> <lg> <head> <hi rendition="#aq #b">II</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Denk' ich Dein, muß bald verwehen</l><lb/> <l>Alle Truͤbniß weit und breit,</l><lb/> <l>Und die friſchen Blicke gehen</l><lb/> <l>Wie in einen Garten weit.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wunderbare Voͤgel wieder</l><lb/> <l>Weiden dort auf gruͤner Au',</l><lb/> <l>Einſam Engel, alte Lieder</l><lb/> <l>Ziehen durch den Himmel blau.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wolken, Stroͤme, Schiffe, alle</l><lb/> <l>Segeln in die Pracht hinein —</l><lb/> <l>Keines kehrt zuruͤck von allen</l><lb/> <l>Und ich ſtehe ſo allein.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [349/0367]
Lieder.
I.
Friſch eilt der helle Strom hinunter.
Drauf zieh'n viel bunte Schifflein munter,
Und Strom und Schiff und bunte Scheine,
Sie fragen alle: was ich weine?
Mir iſt ſo wohl, mir iſt ſo weh,
Wie ich den Fruͤhling fahren ſeh'.
Viel Lenze ſitz' ich ſchon da oben,
Ein Regenbogen ſteht im Land erhoben
Und durch die Thaͤler, Wieſen, Wogen
Still, wie ein fernes Lied, gezogen,
Schifft immerfort Dein himmliſch Bild —
Doch Strom und Schiff hielt niemals ſtill.
II.
Denk' ich Dein, muß bald verwehen
Alle Truͤbniß weit und breit,
Und die friſchen Blicke gehen
Wie in einen Garten weit.
Wunderbare Voͤgel wieder
Weiden dort auf gruͤner Au',
Einſam Engel, alte Lieder
Ziehen durch den Himmel blau.
Wolken, Stroͤme, Schiffe, alle
Segeln in die Pracht hinein —
Keines kehrt zuruͤck von allen
Und ich ſtehe ſo allein.
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