Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches
hätte, der" -- "Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr
ihn so gut kennt," unterbrach mich hier der Geistliche,
und lachte dabei so herzlich, daß er ganz blau im Gesichte
wurde, und ihm die Thränen aus den Augen rollten. --
"Ich hab' doch aber gehört," ließ sich nun das Mäd¬
chen wieder vernehmen, "der Bräutigam wäre ein gro¬
ßer, überaus reicher Herr." -- "Ach Gott, ja doch,
ja! Confusion, nichts als Confusion!" rief der Geist¬
liche und konnte sich noch immer vor Lachen nicht zu
Gute geben, bis er sich endlich ganz verhustete. Als
er sich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬
cher in die Höh und rief: "das Brautpaar soll leben!"
-- Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geistlichen
und seinem Gerede denken sollte, ich schämte mich aber,
wegen der römischen Geschichten, ihm hier vor allen
Leuten zu sagen, daß ich selber der verlorene glücksee¬
lige Bräutigam sey.

Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der
geistliche Herr sprach dabei freundlich mit Allen, so daß
ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles
fröhlich durcheinander sprach. Auch die Studenten wur¬
den immer redseliger und erzählten von ihren Fahrten
im Gebirge, bis sie endlich gar ihre Instrumente hol¬
ten und lustig zu blasen anfingen. Die kühle Wasser¬
luft strich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬
sonne vergoldete schon die Wälder und Thäler, die
schnell an uns vorüberflogen, während die Ufer von
den Waldhornsklängen wiederhallten. -- Und als dann

wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches
haͤtte, der“ — „Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr
ihn ſo gut kennt,“ unterbrach mich hier der Geiſtliche,
und lachte dabei ſo herzlich, daß er ganz blau im Geſichte
wurde, und ihm die Thraͤnen aus den Augen rollten. —
„Ich hab' doch aber gehoͤrt,“ ließ ſich nun das Maͤd¬
chen wieder vernehmen, „der Braͤutigam waͤre ein gro¬
ßer, uͤberaus reicher Herr.“ — „Ach Gott, ja doch,
ja! Confuſion, nichts als Confuſion!“ rief der Geiſt¬
liche und konnte ſich noch immer vor Lachen nicht zu
Gute geben, bis er ſich endlich ganz verhuſtete. Als
er ſich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬
cher in die Hoͤh und rief: „das Brautpaar ſoll leben!“
— Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geiſtlichen
und ſeinem Gerede denken ſollte, ich ſchaͤmte mich aber,
wegen der roͤmiſchen Geſchichten, ihm hier vor allen
Leuten zu ſagen, daß ich ſelber der verlorene gluͤckſee¬
lige Braͤutigam ſey.

Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der
geiſtliche Herr ſprach dabei freundlich mit Allen, ſo daß
ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles
froͤhlich durcheinander ſprach. Auch die Studenten wur¬
den immer redſeliger und erzaͤhlten von ihren Fahrten
im Gebirge, bis ſie endlich gar ihre Inſtrumente hol¬
ten und luſtig zu blaſen anfingen. Die kuͤhle Waſſer¬
luft ſtrich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬
ſonne vergoldete ſchon die Waͤlder und Thaͤler, die
ſchnell an uns voruͤberflogen, waͤhrend die Ufer von
den Waldhornsklaͤngen wiederhallten. — Und als dann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0131" n="121"/>
wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches<lb/>
ha&#x0364;tte, der&#x201C; &#x2014; &#x201E;Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr<lb/>
ihn &#x017F;o gut kennt,&#x201C; unterbrach mich hier der Gei&#x017F;tliche,<lb/>
und lachte dabei &#x017F;o herzlich, daß er ganz blau im Ge&#x017F;ichte<lb/>
wurde, und ihm die Thra&#x0364;nen aus den Augen rollten. &#x2014;<lb/>
&#x201E;Ich hab' doch aber geho&#x0364;rt,&#x201C; ließ &#x017F;ich nun das Ma&#x0364;<lb/>
chen wieder vernehmen, &#x201E;der Bra&#x0364;utigam wa&#x0364;re ein gro¬<lb/>
ßer, u&#x0364;beraus reicher Herr.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ach Gott, ja doch,<lb/>
ja! Confu&#x017F;ion, nichts als Confu&#x017F;ion!&#x201C; rief der Gei&#x017F;<lb/>
liche und konnte &#x017F;ich noch immer vor Lachen nicht zu<lb/>
Gute geben, bis er &#x017F;ich endlich <choice><sic>gang</sic><corr>ganz</corr></choice> verhu&#x017F;tete. Als<lb/>
er &#x017F;ich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬<lb/>
cher in die Ho&#x0364;h und rief: &#x201E;das Brautpaar &#x017F;oll leben!&#x201C;<lb/>
&#x2014; Ich wußte gar nicht, was ich von dem Gei&#x017F;tlichen<lb/>
und &#x017F;einem Gerede denken &#x017F;ollte, ich &#x017F;cha&#x0364;mte mich aber,<lb/>
wegen der ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ge&#x017F;chichten, ihm hier vor allen<lb/>
Leuten zu &#x017F;agen, daß ich &#x017F;elber der verlorene glu&#x0364;ck&#x017F;ee¬<lb/>
lige Bra&#x0364;utigam &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der<lb/>
gei&#x017F;tliche Herr &#x017F;prach dabei freundlich mit Allen, &#x017F;o daß<lb/>
ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles<lb/>
fro&#x0364;hlich durcheinander &#x017F;prach. Auch die Studenten wur¬<lb/>
den immer red&#x017F;eliger und erza&#x0364;hlten von ihren Fahrten<lb/>
im Gebirge, bis &#x017F;ie endlich gar ihre In&#x017F;trumente hol¬<lb/>
ten und lu&#x017F;tig zu bla&#x017F;en anfingen. Die ku&#x0364;hle Wa&#x017F;&#x017F;er¬<lb/>
luft &#x017F;trich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬<lb/>
&#x017F;onne vergoldete &#x017F;chon die Wa&#x0364;lder und Tha&#x0364;ler, die<lb/>
&#x017F;chnell an uns voru&#x0364;berflogen, wa&#x0364;hrend die Ufer von<lb/>
den Waldhornskla&#x0364;ngen wiederhallten. &#x2014; Und als dann<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0131] wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches haͤtte, der“ — „Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr ihn ſo gut kennt,“ unterbrach mich hier der Geiſtliche, und lachte dabei ſo herzlich, daß er ganz blau im Geſichte wurde, und ihm die Thraͤnen aus den Augen rollten. — „Ich hab' doch aber gehoͤrt,“ ließ ſich nun das Maͤd¬ chen wieder vernehmen, „der Braͤutigam waͤre ein gro¬ ßer, uͤberaus reicher Herr.“ — „Ach Gott, ja doch, ja! Confuſion, nichts als Confuſion!“ rief der Geiſt¬ liche und konnte ſich noch immer vor Lachen nicht zu Gute geben, bis er ſich endlich ganz verhuſtete. Als er ſich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬ cher in die Hoͤh und rief: „das Brautpaar ſoll leben!“ — Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geiſtlichen und ſeinem Gerede denken ſollte, ich ſchaͤmte mich aber, wegen der roͤmiſchen Geſchichten, ihm hier vor allen Leuten zu ſagen, daß ich ſelber der verlorene gluͤckſee¬ lige Braͤutigam ſey. Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der geiſtliche Herr ſprach dabei freundlich mit Allen, ſo daß ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles froͤhlich durcheinander ſprach. Auch die Studenten wur¬ den immer redſeliger und erzaͤhlten von ihren Fahrten im Gebirge, bis ſie endlich gar ihre Inſtrumente hol¬ ten und luſtig zu blaſen anfingen. Die kuͤhle Waſſer¬ luft ſtrich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬ ſonne vergoldete ſchon die Waͤlder und Thaͤler, die ſchnell an uns voruͤberflogen, waͤhrend die Ufer von den Waldhornsklaͤngen wiederhallten. — Und als dann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/131
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/131>, abgerufen am 23.11.2024.